Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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verstecken sich etwa zweitausend Genossen, und wenn die Bullen kommen und Esther und mich verprügeln, stürmen sie aus den Verstecken und verprügeln die Bullen; wir gehen über die Straße und ich erzähle es Klaus, der sich krumm und schief lacht, dann gehen wir mit Grischa an meiner Hand in einen Supermarkt –

      – im Schwimmbad ein tiefer Blick mit einer Frau, die irgendwo in der Menge sitzt, offen, ob sich was daraus entwickeln könnte und wie es gemeint ist, könnte aber durchaus vielversprechend gemeint sein – wird dann aber doch nichts und es folgt ein endloses Duschen und Umziehen in weiträumig sich verlierenden Duschräumen, die am Schluss dann auch noch völlig überfüllt sind –

      – ich habe im Umschluss eine leblose Hülle meiner Schwester Sabine mit, nicht direkt ihre Leiche, weil sie selbst in einer anderen Hülle noch lebt, und als wir wieder nach unten gehen, packe ich sie in eine Decke, weil es sonst so blöd aussieht, und werfe sie über meine Schulter – wundere mich, dass sie so leicht ist –, aber habe dann die Hände nicht mehr frei für meine anderen Sachen; ein Wächter sagt, ihr falle ein Captagon aus dem Mund, und ich schaue nach hinten und sehe, wie ihr die offene Zunge aus dem Mund hängt, weswegen ich sie wieder umdrehe – jetzt aber erst recht keinen Platz mehr frei für meine anderen Sachen habe; nach längerem Hin und Her kommt Gert darauf, dass er vielleicht meine Sachen nehmen könnte und jetzt hat alles so lange gedauert, dass die Wächter schon wieder weg sind und die Tür zu ist; wir bollern dagegen – es ist sowieso ein anderer Raum jetzt – in dem auch noch eine Menge Stühle, ähnlich wie in einer Schulklasse stehen und an dessen Tür ein Schild steht, dass hier Fotos gemacht werden, weswegen ich überlege, wie ich es machen kann, dass auch von mir welche gemacht werden – es ist eine große grüne Tür, die schon ganz lädiert ist von den vielen Schlägen vorher, bis jemand kommt, der aufschließen will, aber merkt, dass wir es sind, und es deswegen nicht macht –

      – wir stehen in einem luxuriösen Garten und es klingelt – Friedrich M. Johnson kommt mit drei Schnapsflaschen, und wir gehen in einen leeren, großen Swimmingpool, um dort zu saufen; ich habe überhaupt keine Lust und will eine Currywurst, aber Johnson lacht nur, als ich ihn danach frage: warum und wie – nach Köln seien es doch, sagt er, eineinhalb Meilen, aber dann kommt Anne und wir wollen reden, in der Küche in der Lützenkirchenstraße versteckt sie etwas Shit im Kühlschrank, und ich spüle ab; Gäste sind im Haus – als wir zu reden beginnen wollen, kommt Claudija und steht blöd und neugierig herum; sie fragt, ob sie gehen soll, und wir finden es besser so; kaum ist sie draußen, kommt Lucius rein, und tut verschlafen herum wie ein kleines Kind, fragt, wer schon da sei und ob er etwas zu essen bekomme, wir werden ärgerlich und gehen in mein Zimmer, da wird Lucius plötzlich normal und fragt noch etwas – im Zimmer entsteht eine Spannung zwischen Anne und mir, die auch ausdrückt, dass wir was voneinander wollen; wir lachen und flirten, aber es ist trotzdem klar, dass es eine Konfrontation gibt; ich bitte sie, doch den Shit aus dem Kühlschrank zu holen – »ganz cool« {wie Leute mal seltsam schauten} – und nachdem sie ihn geholt hat und ich einen Joint drehe, geht es los; ich fange von Briefen an, was sie sofort unterbricht und moniert, dass es bei mir immer nur um Briefe ging – ich: »das ist ein Missverständnis, mir geht es um die Briefe mit der Kritik an der ›Initiative‹« – sie schaut verwundert − »Ich will Kritik bestimmen« sagt sie, und ich frage mich, ob nicht doch was dran ist, aber will dann inhaltlich was hören, was sie überhaupt nicht begreift –

      – wir kommen in einem unterwasserliegenden oder in einen See gebauten Dorf an, über der Mitte des Dorfplatzes hängt eine große Lampe und ich sage: »auch nicht weniger langweilig als bei uns« − ich wohne in einem fast genau gleichen Dorf, aber ohne Wasser −; nur: neben der Kirche, wo ein Kino ist, sind Leute, ich sage, dass das keine Konkurrenz für die Kirche sei, und ein Mann sagt, er wolle Zarathustra sehen; hinter ihm hängen Filmplakate von den Nibelungen im kitschigsten Fünfzigerjahre-Stil, falsche überbunte Farben, colorierte Fotos buntgemalt, ein übergroßer Siegfried in einem bunten Ketten- und Plättchenpanzer, an dessen Arm immer kleiner werdende, ähnlich gekleidete Menschen hängen, darunter eine grellblonde Kriemhild mit weit aufgerissenen, staunend-furchtsamen Augen; das Kino ist zu und außer demjenigen, der Zarathustra sehen will, kein potentieller Zuschauer da –

      – Heinrich Heine, »Buch der Lieder« in einer riesigen überformatigen Ausgabe, Eintragung: wenn Sie den Überrabatt herunterhandeln sollen, versuchen Sie es mit achtundneunzig minus fünfundsechzig – ich überlege ziemlich lange –

      – »ich bin nicht schwach«, sagt eine Frau und zeigt die Muskeln; sie hat ein dünnes, flattriges Sommerkleid mit grellem Blumenaufdruck an –

      – jette für einen Tag nach Israel, weil ich das Land kennenlernen will, und gehe ins Kino; ich setze mich ziemlich weit vorne hin, obwohl man überall sitzen kann und wenig Leute drin sind, und entdecke, dass Scharon neben mir sitzt; wir kommen sofort ins Gespräch, und er erzählt einen Witz, dessen Pointe von mir kommt, als er fragt – im Witz –: »und wissen sie, wer das war?«, worauf ich antworte: »Ich« – er kann sich kaum kriegen vor Lachen; der Film scheint über den Libanon-Feldzug zu gehen und ich kann es nicht genau erkennen und die Situation ist mir unangenehm, weil Scharon natürlich nicht weiß, wer ich bin, und fragt, woher ich komme, und ich sage, dass ich nur einen Nachmittag lang da bin; ich frage mich, was wohl wäre, wenn er mein Gedicht plötzlich lesen würde, aber er merkt nichts; einige Stellen im Film sind zensiert, schwarze Streifen laufen über das Bild und man kann nicht genau erkennen, was darauf ist; Scharon steht auf und redet zum Publikum, aber es ist egal, es dreht sich um militärische Anlagen und Aktionen; dann gehen wir raus, aber direkt neben dem Kino ist ein Knast, hohe neue Betonmauern, und ich sage Scharon, dass ich gleich wieder rein will, weil ich sowas nicht sehen kann – – wieder mal in eine große Zelle verlegt; sogar ein breites Bett drin, komischerweise sind die Türen offen und Bücher stehen auch schon drin von mir, und ich überlege, ob ich einfach so umziehen kann oder ob es dann wohl Ärger gibt; ich entdecke ein Din-A4-querformatiges Leerbuch, das ich in der Mitte mit dickem Wollfaden gebunden habe und in dem Fragmente drinstehen, darunter auch ein Teil eines Briefes an Christian Geissler, in dem ich schon vor drei Jahren über das geschrieben habe, was wir jetzt diskutieren: »das vom Menschen verschieden Gesetzte«; ich versuche einen Anschluss zu finden und daran weiterzuschreiben, aber es geht beim besten Willen nicht –

      – will zu einer Friedensdemo, aber alle werden total kontrolliert, lange Schlangen stehen davor, der Platz ist umzäunt, teils sogar vergittert und von runden Wällen umgeben; auf einem dieser Wälle steige ich hoch und kann so die Szene wenigstens sehen, aber ein Gitter hindert mich –

      – in einer Wohnung mit Julia, die sich merkwürdig distanziert zu mir verhält; ich will immer an sie ran, aber sie wehrt freundlich ab, ihre ganzen früheren Beziehungen seien falsch gewesen, es sei jetzt anders; ihr Freund kommt mit noch einer anderen Frau und Julia freut sich furchtbar; die Frau fragt mich, ob ich »Grüß dich« heiße, weil alle »grüß dich« zu mir sagen – es ist sonst aber niemand da; dann plötzlich müssen Julias Freund und die Frau weg, er sagt: »das lässt sich nur noch mit einer Neun-Millimeter erledigen«; ich will ihnen helfen, aber er wehrt ab; ich muss dann zum Bahnhof, suche in Schubladen mit Julias Unterstützung Strümpfe, sie trägt ein besonders schönes Höschen, und als ich gehe, sehe ich ihren Freund, aber er reagiert nicht mehr auf mich, steht allein in einem großen leeren Raum –

      – will mit Ebby das Wohnzimmer aufräumen, einen länglichen Raum mit rechtwinkligen Ecken, in dem gegenüber dem offenen Kamin ein Sofa steht; er macht gerade einen Tee, und ich reiche ihm noch eine Dose zum Mischen, von der er einen Löffel reintut – das Ergebnis dann aber nicht gutfindet und schaut, was es ist: Walfischtee, der wirklich nicht passt, in einer Dose der Teefirma »Twinnings« mit aufgedrucktem Bild von Walfischen in einem großen gekachelten Becken; ich sage, der müsse in der Garage stehen und dort getrunken werden; da gehöre er hin, und Ebby stimmt mir zu –

      – ein Wächter gibt mir eine angebrochene Schachtel Zigaretten und ich wundere mich furchtbar –

      – fliege mit einem Space-Shuttle weit über der Erde, steige aus, und sehe das Shuttle unter mir; plötzlich kommt ein zweites, graugrünes mit rotem Stern und SS-20-Aufschrift – aber die gleiche Shuttleform – und verfolgt meines bedrohlich: –

      – wir gehen vom Hof hoch und ich habe soviel