Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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wohl zu der speziellen Note des Zoos gehört, und dank Gerts Mitarbeiterstatus dürfen wir hintenrum rein, und ich sehe die Gänse genauer, sie haben nämlich seltsame Köpfe, viereckig, rechteckig mit Loch drin, oder mit einem komischen Stab nach oben raus, sehr seltene Tiere, die langsam und ein wenig traurig, schwermütige Tiere, diese seltenen Gänse, auch die Farben dieser Köpfe sind selten, sehen aus, wie aus und auf Pappe, und Gert gibt mir sein Mofa, das ich mit in die Straßenbahn nehme, wo Heiner und Erika sagen, dass aber in der Garage kein Platz mehr dafür sei, aber dann mokiert sich der Schaffner über unseren Sony, mit dem Nata hantiert, und an dem immer wieder die Pausentaste kommt, die Nata immer wieder reinschiebt und dabei ein dünnes Kabel einklemmt, und der Schaffner sagt: »geht natürlich nicht, ist ja immer so«, worüber ich mich fürchterlich aufrege, betone, dass wir fünf Radiosendungen damit gemacht haben und versuchen, das Ding so in die Tasche zu tun, dass wenn ich mich draufsetze, ich nicht auf die Pausentaste komme –

      – ein rasender Keiler namens Kurve – die VHS veranstaltet mit Literaturbüro drei Gesprächsrunden zum »Endlichen Sieg«, in einem Lokal, eine mit mir, eine mit VHS-Leuten und noch eine, deren Leute ich nicht kenne, und in der Runde mit den Veranstaltern wird eine Frau fertiggemacht, die für das Stück ist, wogegen ich am Schluss der Debatte protestiere, und mir entgegnet wird, ich drängele mich vor, was zu einer lautstark geführten Diskussion führt {die Ruinenstadt, beziehungsweise Hinterhofgegend, durch die die beiden dicken Cadillacs fuhren}, die damit endet, dass Nata und ich dem Hauptkritiker zurufen: »du kannst die Wahrheit nicht ertragen«, wovor er in den Innenhof des Lokals flieht, mit Ahornbäumen weg, wir nach, in das Hauptlokal, ein sündhaft teures Ding, riesig, mit verschiedenen Raumteilen, Huren, edlen Gedecken, vielen Kellnern und Kellnerinnen, wir beschließen sofort, hier nicht zu essen, auch noch Geld rauszuschmeißen, und auf einem Tisch in der Mitte liegen zwei Berge von frischen, dampfenden Glockennudeln • ich bin bei Ebbys Gruppe und soll verhört werden, lasse die Bullen aber erstmal warten, was sie in ihrem VW auch tun, und sie sind trotzdem sehr höflich, als ich dann geruhe zu erscheinen und mit ihnen in die ehemalige Großküche gehe, die vor kurzem noch total abgefuckt war, worüber sich die Bullen mokieren, woran ich mich aber auch erinnern kann und wenn wir übereinstimmen wie darin, dass es jetzt, wo es mehr eine Werkstatt ist, geht, und abends sitzen wir alle an langen Tischen und Bänken, es ist proppenvoll, ca. hundert Leute, ich bei Ebby, da fängt einer ein paar Reihen weiter an zu singen und alle werden still, der Sänger steht auf und sagt, dass er jetzt zwei Lieder vortragen werde, mit Gitarrenbegleitung, Spottlieder, und ich wache morgens in diesem Raum alleine auf von Ebbys Gesang, es ist schon kurz vor acht, ich müsste bald in Stuttgart sein, muss sofort los, packe die übrigen Briefe noch in die Plastiktüte, mit den sowieso schon tausend Briefen, und will mich noch bei Ebby verabschieden, renne über einen der Höfe, aber Ebby ist nicht zu finden, überall morgendliches Gewusel, Kinder waschen sich an einer Pumpe vor dem Haus, an dessen Fassade ich hochklettere, bis ich an einem Fenster im dritten Stock, wohinter in einem länglichen Raum eine Art Schulunterricht stattzufinden seint, mit einer Frau ins Gespräch komme, die sagt, dass Ebby sich einen neuen Bus gekauft hat, den er gerade umbaut, was ich weiß, aber es ist wohl noch ein neuerer, denn er kann mit ihm nur von einem Hof zum anderen fahren; sie verspricht, Grüße auszurichten, ich erzähle, dass ich ein alter Freund von früher bin, als diese Lebensart anfing, allerdings noch anders gemeint, als es heute sich darstellt, und unten sehe ich bei der weiteren Suche noch alle möglichen anderen Stätten, bei denen morgendliches Tun sich tut, einen mit weißen Tüchern ausgehängten Tanzsaal in einer Scheune, vor dem Tänzer und Tänzerinnen sich warm machen, noch eine Schule, Werkstätten, Straßen, eine Frau in einem beigen Mantel diskutiert und sagt antisemitische Sachen, ich mische mich ein und kritisiere sie, woraufhin sie das als unmöglich zurückweist: »ich selbst bin beschnitten und daran sind auch die Wackernagels schuld«, was ich wiederum entschieden mit dem Argument zurückweise, dass ich von einer jüdischen Großmutter abstamme, und sie hilft mir, mein Auto zu suchen, auf dem grünen Platz steht ein weißer Passat, aber er hat eine Essener Nummer –

      – ich fahre im Zug nach London und sehe, wie einer, der aussteigt, seinen Geldbeutel hat liegenlassen, und reiche ihn ihm noch nach; dann habe ich selbst aber keine Fahrkarte, gleichzeitig Nasenbluten, aber der Schaffner will keine Karte, lässt mich umsonst fahren, und in London, mit vielen Leuten am Tisch sitzend, erzähle ich die Geschichte, aber dann gehen wir alle, und die Haustür geht durchs Klo –

      – wir machen einen Umzug in unglaublich viel Müll und Schrott und Ruinen, und ich trage Heidje in einer Teekanne runter, woraus sie sich unten gekonnt rollt, alle lachen • eine Verfolgungsjagd von Lastern, die auch fliegen können, an Berghängen, zum Teil fliegen sie aufeinander und fahren huckepack und in einer Kurve fällt fast jeder zweite den Berg runter und ich wundere mich, dass sie nicht explodieren, wenn sie unten aufschlagen, nachdem sie den Abhang meist runtergerollt sind und ich frage mich, wie und aus welcher Position das gedreht wurde • ein Schauspieler redet vor der Bühne stehend auf eine Maus auf der Bühne ein; wir gehen vorbei, und ich freue mich, das Theater so bei der Arbeit zeigen zu können –

      – ich fahre mit einer Frau einen Hügel in der Stadt hoch und sie stößt leicht an einen anderen Wagen, weswegen sie wütend zurücksetzt, rückwärts, rückwärts, bis in eine Wohnung hinein, deren Leute wir kennen, und in einem Nebenraum bekommt ein Mann unglaubliche Vorwürfe, weil die Fotos noch nicht fertig sind, was ihm egal ist, und ich verlasse das Zimmer, in dem einige Laborgeräte stehen, und sehe mich in der eh schon ziemlich verwahrlosten Wohnung um, und betrachte einige Zeit zwei kleine Hunde, die regungslos auf einem Stuhl liegen, aber wach sind, dünn und lang und unbeweglich, bis einer aufsteht und unter ihm mehrere noch viel kleinere, dünne, lange Hündchen hervorkrabbeln und rumwuseln, woraufhin ich noch genauer hinsehe und entdecke, dass Haufen von Läusen auf dem Boden liegt, Dreck, Kakerlaken und ich fliehe, aber auf der Wiese, auf der ich laufe, spricht einer im Kreis und ich gerate in den Kreis, laufe davon, aber er sprüht extra hinter mir her und ich werde weiter nass –

      – Magda liegt zwischen Nata und mir und wir küssen sie, aber im Nebenzimmer sind Leute, die zunächst nett waren, jetzt aber unser Wohnzimmer verwüsten, Zeugs aus den Regalen auf den Boden schmeißen, Pflanzen zerreißen, und ich gehe rüber, um sie rauszuschmeißen, aber als ich das Nata und Magda erzähle, sagt Magda plötzlich: »jetzt werde ich aber auch sauer« und müht sich vom Bett, und ich habe den Eindruck, dass sie in den Bann dieser Leute geraten ist, denn es überzogen zu finden, sie rauszuschmeißen, kann nur heißen, dass sie Magda umgedreht haben und sie unter fremdem Einfluss steht, und plötzlich ist auch klar, wer das ist: es sind der Tango-man und seine Leute! – der Spuk ist vorbei und jemand reicht mir ganz entspannt einen Teller, auf dem etwas unten aufgemalt ist; ich drehe den Teller um und sehe genauer hin: es sind schon wieder der Tango-man und seine Leute, und sie springen aus den Bildern in die Wirklichkeit, und der Horror geht weiter, und ich denke: »die ungebetenen Geister«, einer verhext unser Auto, nachts, an einer Effner-Platz-ähnlichen Stelle, wo sonst keiner ist, und alles ist blockiert, wir versuchen, es von der Straße runter zu schieben, aber nichts geht, und eine Frau, die am Straßenrand steht, will mich überreden, doch Autoverkäufer zu werden, wirbt mit 200,– Mark Prämie vorab –

      – ich fliege mit dem Ballon durch die Stadt, dicht unter Elektroleitungen durch, wundere mich, dass es geht und dann treffe ich in München zufällig Ruth und erzähle von dem Köln-Dreh –

      – ich werde, im Führerhaus eines VW sitzend, in eine Art Arbeitslager eingeliefert, in dem alle nichtstuend rumstehen, freundlich sind, und es ist unklar, was überhaupt los sein könnte, weiß es wohl selbst nicht genau, ein anderer zeigt mir die Zimmer, wo vier Mann in zwei Betten nächtigen müssen, wovor mir graust, aber ich soll in ein Dreier-Zimmer und hoffe, alleine ein Bett zu bekommen, da entdecke ich draußen im Gang, in einer Gruppe von Frauen stehend, Angela, stark geschminkt, und wir begrüßen uns etwas verklemmt, sie erzählt, dass sie jetzt in Gelsenkirchen am Musiktheater arbeitet, und als ich was essen will, sagt ein Typ, erst müsse mein Bierbauch weg, tröstet aber, dass es etwa um 22.22Uhr was geben wird –

      – ich bin in einer seltsamen WG und zwei unendlich fette Menschen werfen sich in einem Zimmer auf ein Bett, um zu vögeln, ich gehe angewidert ins Wohnzimmer und frage mich, wie und wo ich zum Pennen kommen soll, da klauen zwei Frauen aus einer größeren Dönerbude Fleischbällchen und Brot, aber die Angestellten geben ihnen noch mehr, auch noch angebackene