Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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den Rauen spielend, aber im Herzen weich und so weiter« und dann ist es auch eher Johnson als Ebby –

      – RAF-Treffen von Ehemaligen auf einer Wiese, auf der sie in einem Bastzelt sitzen beziehungsweise auf einem Fleck der abschüssigen Wiese, der von einem Bastzaun umgeben ist, ich höre von Weitem, wie Dellwo das große Wort führt, bin aber ausgeschlossen, treibe mich in der Nähe rum und weiß nicht, ob ich reingehen soll oder nicht, würde aber schon gerne mitreden und dabeisein, ärgere mich, dass die da sind und ich nicht mitreden kann, gehe dann aber wie zufälligerweise vorbei und dann sagen sie, ich solle kommen, bieten sofort einen Joint an, alle sind total bekifft und ich setz mich dann auf den Boden und eine Frau redet mich an, sie wissen alle, wer ich bin, aber man redet nicht darüber, dass was zwischen uns ist, sondern das wird mit dem Kiffen weggemacht und dann kommt Astrid Proll, begrüßt alle ganz freundlich, entdeckt dann mich und sagt ganz erfreut: »ah, der Christof, den hab ich kennen gelernt und dann haben wir gleich angefangen zu reden, aber so richtig unterhalten haben wir uns bis heute noch nicht«; Fips ist auch dabei und hat einen Joint gedreht, zieht einmal dran und gibt ihn dann mir weiter, ich zieh einmal dran und gebe ihn dann an den neben mir Sitzenden und der sagt: »ja Mensch, den kann man ja total reinziehn, der wird ja dann weggeraucht«, für jeden einen Zug und alle behalten es ganz lange in der Lunge und lassen es dann in einem großen Schwall raus, drei gleichzeitig, und dann sagen die: »jaaa, das war natürlich zu wenig, das hast du dann auch ausgenützt«, so als ob ich ihnen was weggeraucht hätte, aber es bleibt trotzdem, was es ausgelassen hat • heftige Überschwemmung im Dorf und ich denke, dass mein Hotelzimmer doch irgendwie unten liegt, Souterrain-artig und dann meine Sachen unter Wasser sind, überschwemmt werden, aber ich kann da nicht hingehen, weil alles so stark überschwemmt ist, dass man nicht durchgehen kann, da kommt einer in einem schmalen kleinen Boot, in dem er steht, kommt wahnsinnig schnell angerast, so dass er beinahe eine Frau umwirft, die da steht, dann nimmt er sie aber hinter sich im Boot mit und rast so schnell über den Platz und dann am Ende vor den Häusern so schnell um die Kurve, dass es ihre Beine, während sie sich an seinen Oberkörper klammert, hoch schleudert und sie einem Barkeeper, der vor seiner Espressobar in der erhöht gebauten, geöffneten Tür steht, voll in den Bauch knallen, woraufhin sie vor der Espressobar stehen bleiben und der Barkeeper mit erhobenem Zeigefinger sagt: »nicht nochmal so!« –

      – Karins Haus liegt direkt am Fluss, der schmale Garten geht bis ins Wasser rein, schnell Grund da gemietet, und ich arbeite mit Batoma im Verlag an dem neuen Buch und wir machen aus, dass ich alle paar Wochen die neugeschriebenen Sachen schicke, und harre dann darüber aus, das zu sagen • will eine gebrauchte Verstärkeranlage in beziehungsweise von einem Theater kaufen, wahnsinnig hochprofessionelles Zeug, weswegen sie doch sehr teuer ist, der Typ will dreitausendfünfhundert Euro für einen solchen Verstärker; wir stehen davor, er ist immerhin fast mannsgroß und der Typ zeigt, wie solide die Anschlüsse sind, wie fest die Kabelanschlüsse verschweißt sind – er reißt richtig dran und biegt und versucht abzuknicken und es geht nicht, weil sie millimeterdicke Metallfüllungen haben –, während im Eingangsbereich des Theaters eine Gruppe schon ihre Anlage aufbaut, der Gitarrist seine Gitarre stimmt – wobei er ein Messgerät hat, das selbst wie eine kleine E-Gitarre aussieht, bloß ohne Saiten, wie ein etwa zwanzig Zentimeter hoher roter Plastiktropfen –, denn wir wollen auf jeden Fall noch vor dem Mittagessen ein bisschen spielen, aber auf dem Verstärker, den ich kaufen will, ist ein mit einem Text beschrifteter Aufkleber drauf, der sagt, dass irgendwas mit dem Verstärker nicht stimmt, und ich hole den Typen, der ihn verkaufen will, nochmal und wir reden ziemlich lange hin und her, bis der Verkäufer sagt, dass der Verstärker mit dem Aufkleber auf jeden Fall ein bisschen billiger sein muss und billiger verkauft wird, aber der geht noch und ist noch so gut wie neu • mehrere Leute von dem Ebby-Trauer-Treffen sagen, dass unsere Zeit damals die beste war, und sie wiederholen das den Leuten • im Theater Urlaubsvorbereitung, ich treffe eine Sanne-artige Frau und sage: »ihr fahrt doch auf die Malediven!«, aber sie sagt: »nein, wir wissen noch nicht, wohin wir fahren«, woraufhin ich sage: »ach, das tut mir leid, ich dachte, ich hätte es vergessen und das war mir sehr peinlich«, dabei weiß sie es selber ja noch nicht und sie sagt: »in den nächsten Tagen entscheidet es sich« und wenn nicht, bleibe sie da und werde sich melden, und ich sage: »ja, ich bleibe auf jeden Fall da«, womit unausgesprochen im Raum steht, dass wir uns in dem Fall vielleicht auch mal treffen könnten • ich spiele eine kleine Rolle in einem Theaterstück, das wir geprobt haben – ich stehe am Anfang vorne an einem Pult, sozusagen vor der Bühne und vor der ersten Reihe, zwischen Bühne und Publikum, wo ich etwas sage –, und jetzt geht die Vorstellung los, aber ich liege mit einem ziemlich großen dicken wuscheligen Hund neben und vor dem Pult am Boden und schmuse heftig mit dem Hund, der mich liebt, sich an mich drängt und ablecken will, was ich gerne mache, obwohl ja eigentlich die Vorstellung schon beginnt und ich jetzt dran wäre, weswegen ich dann auch denke, dass ich jetzt doch so langsam mal an meinen Platz gehen sollte und meinen Text sagen, da geht die Tür auf und Barbara Fantasia kommt rein und sagt meinen Text, aber die beiden Verstärker, mit denen wir Musik machen wollten, nur ein paar Takte, sind gar nicht rechts vorne am Publikum, sondern links vorne auf der Bühne, und es ist alles völlig anders als geplant, weshalb ich hochgehe und besprechen will, was jetzt los ist, aber dabei sehe ich, dass überhaupt kein einziger Zuschauer da ist, oben angekommen suche ich den Regisseur, der wie Johannes Rau aussieht, aber nicht mehr da ist, weggegangen ist, und ich gehe durch die sehr großen Hinterräume und Seitenräume, hallenartig und leer, fast kein Mensch, nur manchmal wenige Leute, und der Hund verfolgt mich, liebt mich, will mich ablecken, es ist auch noch ein zweiter Hund da, ein genauso großer schwarzer Schmusehund, und ich frage mich, ob ich meinen Einsatz jetzt versaut habe, weil ich mich mit dem Hund da hingelegt habe, aber es ist ja irgendwie eh nichts los –

      – Claudia Tarabay ruft an und will Genaueres wissen wegen Ebby, sie redet ganz normal, als sei nichts Problematisches zwischen uns, im Hintergrund viele Kinderstimmen, so dass ich mich stark konzentrieren muss, um sie verstehen zu können, sie ist dann auch davon abgelenkt, redet mit den Kindern oder Leuten im Hintergrund und es dauert lang, bis sie wieder mit mir sprechen kann, und Ebbys Tod kommt wieder voll hoch bei mir, kann kaum reden, kämpfe gegen Tränenausbruch, aber sie will mit mir drüber reden, bis ich sie am Telefon sehe, schräg unter mir, wir sehen uns an, sprechen aber weiter in den Hörer, unsere Köpfe sind ganz nah beieinander, ihre Lippen ganz nah, bis wir uns küssen, erst vorsichtig, aber dann spüre ich auch ihre reindrängende Zunge, es wird ein richtiger Zungenkuss und wir reden weiter, es scheint, als ob sie auch andere Freundinnen da hat, weiter hinten, und es ist, als ob Ebbys Tod jetzt das Eis gebrochen hat bei ihr • es regnet und das heißt, die Messungen sind nicht mehr korrekt, das Geld ist zwar eingewickelt, in große grünbraune Blätter, so dass es kleine Ballen gibt, die oben offen sind, damit man es herausnehmen kann, und diese Ballen sind irgendwie in einer Tasche am inneren Rand der Haut, also wie eine natürliche Tasche, verstaut, aber es wird nass und deswegen muss es umgepackt werden in Döschen oder in Plastikdosen wie die runden von »Miniprix«, wodurch es sich aber anscheinend verwandelt, denn es sind erst nur zweitausend Francs CFA, aber am Schluss sind es fünftausend • wir arbeiten alle draußen in der Dämmerung an irgendeinem Haus, das aus mehreren Teilen besteht, die von einer Straße getrennt werden, hinter der der andere Teil an einem steilen Hang liegt, und das aus Punkten und Kugeln zusammengesetzt oder renoviert wird – aus silbernen oder silbern glänzenden Aluminiumkugeln – und da kommt ein großes, großes Flugzeug ziemlich dicht über uns angeflogen, vielleicht sogar eine Frachtmaschine, es setzt zum Landeanflug an, hat auch schon seine blinkenden Lampen an, rote und weiße; ich guck dem nach und geh über die Straße, wo auch alle anderen von der Arbeit abgelassen haben – teilweise Brückenkonstruktionen, Bögen, Verbindungen zwischen den Hausteilen – und dem Flugzeug nachgucken, das ja vielleicht sogar abstürzen wird, aber wie ich drüben ankomme, fliegt es schon so tief, dass ich es nicht mehr sehen kann, ihm nicht mehr nachgucken kann, zumal ich noch unten an dem Haus neben einer Wand, die den Hang abstützt, stehe, weswegen ich mich auf einen Barhocker setze, der da steht, gegenüber ist eine Frau, die raucht, aber ich nehme ihr die Zigarette ab und drücke die Glut raus, was erst nicht richtig geht, weswegen ich ziemlich lange dran fummeln muss, bis die Glut endlich ganz aus ist – wodurch meine Finger dann ganz stinkig werden werden, was ich aber in Kauf nehme –, frage noch sicherheitshalber: »das darf man doch, oder?« und die andere Frau sagt: »ja, das darf man!« und ich mach diese blöde Zigarette aus und die eine von den beiden