Magda Trott

Pucki


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Röhre, doch das Schwein wurde nicht größer. Im Gegenteil, sobald das Kind die Lippen von der Röhre nahm, schrumpfte es wieder zusammen.

      »Onkel, es will nicht wachsen!«

      »Es ist dick genug, sonst platzt es.«

      »Macht man Wurst aus ihm?«

      »Nein, du Dummerchen, das Schwein ist innen leer.«

      »Kann man das nicht sehen?«

      Das Spielzeug bereitete dem Kinde viel Vergnügen. Fritz sollte es durchaus sehen. So schritten die beiden zurück zum Kasperletheater. Die Vorstellung war gerade beendet. Niepel fand seine drei Jungen, die sofort den Vater bestürmten, er solle ihnen auch so ein Schwein kaufen.

      Das geschah. Und nun bliesen die vier Kinder mit aller Lungenkraft darauf los. Pucki versuchte mit dem Fingerchen, ob das Schweinchen auch dick sei. – Da plötzlich gab es einen Knall, das Schweinchen zerplatzte.

      »Es schießt!«

      Pucki warf die Reste in weitem Bogen von sich und wollte wieder fortlaufen, wurde jedoch von Niepel festgehalten. Von nun an war die Freude am Jahrmarktsrummel stark beeinträchtigt. Das Kind wollte nicht einmal eine Mundharmonika haben, da es sich einbildete, dass auch sie schießen würde, wenn man sie an den Mund setze.

      Die Knaben dagegen hatten Dutzende von Wünschen. Jeder wollte etwas anderes haben. Der Vater aber lehnte ab.

      »Soviel Geld habe ich nicht. Ihr habt euer Vergnügen gehabt, seid nun zufrieden.«

      Da erscholl plötzlich lautes Geheul. Niepel blickte sich um. Das war doch sein Paul. Fräulein Irma eilte davon. Da stand der kleine Paul Niepel heulend neben seinem großen Pfefferkuchen, der auf der Strasse lag. Über den Pfefferkuchen hinweg war ein Karrenwagen gegangen, er hatte ihn breit gefahren.

      »Mein schöner Pfefferkuchen, nun ist er ganz dreckig! – Oh, mein schöner Pfefferkuchen!«

      »Weine nicht, Junge, hier hast du zehn Pfennige, geh und kaufe dir einen anderen.«

      »Den hab' ich doch gewonnen – ich will wieder so 'nen Pfefferkuchen. Oh, mein schöner Pfefferkuchen!«

      Ein Herr drückte dem weinenden Knaben ein Zehnpfennigstück in die Hand und sagte lachend:

      »Würfle noch einmal, vielleicht gewinnst du wieder.«

      »Ich möchte auch Geld«, sagte Pucki.

      Im Weitergehen zupfte sie Paul am Rock.

      »Guck mal, ich habe den Pfefferkuchen aufgehoben.«

      Der Pfefferkuchen schmeckte den beiden herrlich. Verstohlen wurde er gegessen.

      Die zwanzig Pfennige, die Paul bekommen hatte, brachten keinen Segen. Zweimal würfelte er an der Bude – doch gewann er nicht.

      »Ist alles Schwindel«, sagte Pucki, »die Frau behält sich den guten Pfefferkuchen. Sie will ihn allein essen.«

      Als man endlich den Markt verlassen wollte, sah man eine alte Frau, die an der Straßenecke saß und einen Leierkasten drehte. Sie sah recht dürftig gekleidet aus. Fräulein Irma reichte Fritz und Pucki je ein Fünfpfennigstück und sagte:

      »Die arme Frau soll auch eine Freude haben. Geht hin und gebt ihr jeder das Geldstück.«

      »Ja«, meinte Pucki, »dann kann sie auch zur Würfelbude gehen. Aber sie gewinnt doch nichts.«

      »Da kriegt sie ja zweimal Geld«, meinte Fritz, »das ist zu viel.«

      »Das muss sie haben. Wir wollen ihr das Geld gönnen.«

      Ein Weilchen standen die Kinder vor der Frau und lauschten der kleinen Drehorgel. – Dann gab Fritz sein Geldstück hin. Im selben Augenblick kam noch eine Frau, die der Alten ebenfalls ein Geldstück reichte. – Da schlossen sich Puckis Händchen fest um die Münze.

      »Jetzt hat sie aber genug, jetzt braucht sie nichts mehr.«

      Pucki behielt das Geldstück. Fräulein Irma fragte, ob sich die Frau gefreut hätte.

      »Sie hat genug«, meinte Pucki. »Der Fritz hat ihr was gegeben und eine andere Frau. Ich habe das Geld behalten.«

      »Aber Pucki, das ist eine ganz arme Frau.«

      »Sie hat doch Geld bekommen.«

      »Morgen ist kein Jahrmarkt, morgen geben ihr die Leute nichts. Nun hat sie morgen nichts zu essen. Du solltest ihr dein Geldstück auch noch hintragen.«

      »Dann gebe ich ihr lieber ein Stück Pfefferkuchen.«

      »Ich hatte gedacht, du bist ein artiges Mädchen. Dir würde es auch nicht gefallen, wenn du etwas nicht bekommst, was für dich bestimmt ist.«

      »Nein, das würde mir nicht gefallen.«

      »Nun komm, wir wollen uns die arme Frau nochmals ansehen.«

      Gemeinsam ging man zurück.

      »Sieh einmal«, mahnte Fräulein Irma, »die arme Frau ist so verrunzelt, das kommt davon, weil sie nicht immer genug zu essen hat. Sie kann auch nichts mehr verdienen, kann nur noch am Wege sitzen und orgeln. Ich würde ihr doch die fünf Pfennige geben.«

      Pucki betrachtete die Alte, dann ging sie zu ihr und reichte ihr das Geld.

      »Hier hast du, weil du schon so alt bist.«

      Schließlich mahnte Onkel Niepel, es sei Zeit zum Heimfahren. Die Kinder wollten zwar nochmals zum Esel und zum Kasperle, doch mussten sie sich dem Wunsche des Vaters fügen.

      »Ich finde«, sagte Pucki, als man vor dem Wagen stand, »dass wir heute sehr artige Kinder waren. Eigentlich müßtest du uns noch was kaufen, Onkel Niepel.«

      »Ihr habt genug, seid zufrieden.«

      Auf der Heimfahrt wurde viel Lärm gemacht. Pucki drehte ununterbrochen die Knarre, Paul blies die Mundharmonika, Walter und Fritz hatten kleine Trompeten. Fräulein Irma hielt sich mehrmals die Ohren zu, weil sie den Krach kaum ertragen konnte. Doch gerade das belustigte die Kinder. Alle vier fuchtelten vor ihrem Gesicht herum und lachten, wenn sie das Gesicht verzog.

      Beim Aussteigen aus dem Wagen blieb Pucki dabei: »Wir waren heute furchtbar artige Kinder. Vati und Mutti können sich freuen über so'n artiges Kindchen!«

      7. Kapitel: Hochzeitsfeier und Lehmgrube

      »Wenn du heute zu meiner Mutter kommst, musst du dich aber sehr fein machen, weil meine Mutter Geburtstag hat und weil wir auch fein angezogen werden, Pucki. Es kommen viele Leute, dann gibt es Torte mit Schlagsahne.«

      »Ich mache mich ganz fein.« Das Kind freute sich auf den Nachmittag, auf den Geburtstag der guten Tante Niepel, auf die Torte und das lustige Spielen in Hof und Garten.

      Frau Förster Sandler erlaubte es gern, dass Pucki am heutigen Nachmittag nach dem Gut fuhr, um mit den drei Niepelschen Kindern einen fröhlichen Nachmittag zu verbringen. Wenn auch Frau Niepel Gäste hatte, so würde Fräulein Irma, das Kinderfräulein, bei den Kleinen sein und sie beaufsichtigen.

      Pucki, die sonst wenig Wert auf ihre Kleidung legte, war heute damit einverstanden, dass man ihr das weiße Kleidchen mit der blauen Schärpe anzog.

      »Mutti, müssen mir nicht auch die Haare abgeschnitten werden, wie neulich den drei Jungen, ehe sie zum Jahrmarkt gingen? Onkel Niepel hat doch gesagt, die Jungen wären nicht hübsch, wenn sie solche Zottelhaare hätten.«

      »Lass nur, Pucki, deine Haare sind in Ordnung.«

      »Ich soll mich hübsch machen, hat der Fritz gesagt, weil es Torte und Schlagsahne gibt.«

      Frau Sandler eilte nach der Küche, denn es gab dort zu tun. Pucki trat vor den Spiegel und betrachtete sich aufmerksam. Bald würde der Wagen mit dem lieben weißen Pferdchen kommen. Ob sie wohl dem Fritz gefiel? Um das Gesicht hingen die blonden Löckchen, krochen über die Ohren und zottelten um das Gesicht.