Magda Trott

Pucki


Скачать книгу

er denn noch nicht?« seufzte Pucki und sah sorgenvoll durchs Fenster.

      »Eines bitte ich mir aus«, mahnte der Vater ernsthaft, »du bist sehr artig und folgst Herrn Niepel und Fräulein Irma aufs Wort. Höre ich eine Klage, so tanzt die Rute auf unserem Pucki. Ich gebe dir zehn Pfennige, dafür darfst du dir etwas kaufen.«

      »Was ich will, Vati?«

      »Ja.«

      »Dann kaufe ich mir Klotzpantinen!«

      »Dummes Mädchen, Klotzpantinen brauchst du nicht. Ausserdem kosten sie viel mehr.«

      »Mutti, weil ich so furchtbar artig war in der letzten Zeit, schenkst du mir auch noch zehn Pfennige?«

      »Nein, Pucki, du hast genug.«

      Das kleine Mädchen half beim Abräumen des Tisches, was es sonst niemals tat. Minna lobte das Kind. Da sagte Hedi leise:

      »Weil ich doch so gerne zum Jahrmarkt will, schenke mir zehn Pfennige.«

      »Ich will erst den Vater fragen, ob ich das darf.«

      Pucki stieß einen Seufzer aus. »Frage mal nicht erst, er erlaubt es doch nicht. Wenn ich eine Mutti wäre, würde ich meinen Kindern noch zehn Pfennige schenken, weil es doch so ein schöner Jahrmarkt ist. Pucki möchte sehr gerne noch zehn Pfennige haben.«

      »Was willst du denn dafür kaufen?«

      »Klotzpantinen!«

      »Die wünsche dir lieber zum Geburtstag, Pucki. Aber ich glaube, jetzt höre ich den Wagen kommen.«

      »Onkel Niepel mit der Stute!«

      Pucki stürmte aus der Küche, hinaus in den Vorgarten. – Richtig, es war der Niepelsche Wagen mit den drei Knaben, dem Kinderfräulein, und Onkel Niepel kutschierte selbst.

      Hedi wollte ohne Hut und Mantel einsteigen, doch Förster Sandler rief das Kind zurück.

      »Nicht wegfahren, Onkel Niepel, ich bin gleich wieder da!«

      Auf die erneuten Ermahnungen der Eltern achtete Pucki nicht mehr. Sie war erst wieder ruhig, als sie neben den Knaben im Wagen saß.

      »Ich habe soviel Geld«, sagte sie wichtig und zeigte den Knaben ihre beiden Fünfpfennigstücke, die sie krampfhaft in der kleinen Hand hielt. »Ich kaufe mir Pfefferkuchen und 'ne Lutschstange und ein Ding zum Piepen und was zum Blasen.«

      »Und ich kaufe mir eine Radautrommel!«

      »Und ich so'n Brülldings!«

      Die Aufregung der Kinder wuchs von Minute zu Minute. Als die Stadt in Sicht kam, sagte Pucki aufgeregt: »Fahr doch 'n bisschen Galopp, Onkel Niepel, die Stute freut sich auch, wenn sie schnell zum Jahrmarkt kommt.«

      »Erst fahre ich mit meinen drei Jungens zum Friseur, damit euch die Haare abgeschnitten werden.«

      »Wir möchten doch auf den Jahrmarkt«, meinte Paul.

      »Dafür ist noch lange Zeit. Erst geht es zum Friseur. Fräulein Irma kann mit Pucki langsam vorangehen.«

      »Die hat's gut«, heulte Walter, »ich will auch mit Fräulein Irma gehen, ich will mir die Haare nicht schneiden lassen.«

      »Es tut nicht weh«, beruhigte Pucki, »ihr braucht euch nicht zu fürchten.«

      In der Stadt machte sich der Jahrmarktstrubel stark bemerkbar. Überall standen Buden, und Fräulein Irma hatte Mühe, die erregten Kleinen zu bändigen.

      »Ich muss ausspannen, dann gehen wir zum Friseur, und dann dürft ihr zwei Stunden lang auf dem Jahrmarkt umherlaufen.«

      Alles Jammern der Knaben half nichts, die drei kamen zum Friseur, während Fräulein Irma mit Pucki nach dem Jahrmarkt ging. Man hatte einen Treffpunkt verabredet. Neidvoll blickten die Buben den Davongehenden nach.

      Der Friseur hatte es nicht leicht. Paul war recht ungeduldig; er wollte selbst eine Schere haben und schneiden, damit es schneller ging. Der Gehilfe, der Walter vornahm, fragte freundlich:

      »Soll ich dir die Haare so schneiden, wie ich sie habe?«

      Walter schaute den gut frisierten rothaarigen Mann an, schüttelte dann den Kopf und sagte: »So glatt – ja – aber schneid eine andere Farbe.«

      Fritz zappelte am meisten. Der Vater musste sein Söhnchen erst tüchtig anfahren, ehe es ruhig saß. Endlich war es so weit. Man stürmte lärmend hinaus aus dem Geschäft, hin zu den Buden.

      Fräulein Irma und Pucki waren schnell gefunden. Pucki zerrte das Kinderfräulein unruhig weiter. Es gab ja so viel zu sehen. Vor einer Würfelbude wurde halt gemacht. Fritz wollte würfeln, weil es hier große Pfefferkuchen gab. – Auch Pucki überlegte. Aber zehn Pfennige kostete der Wurf, und wenn man nichts gewann, war das viele schöne Geld weg.

      Paul hingegen wagte es und gewann tatsächlich einen großen Pfefferkuchen. So beschloss auch Pucki ein Gleiches zu tun.

      »Wo hast du dein Geld, Kleine?«

      Entsetzt blickte das Kind in die beiden leeren Händchen. Dann begann es bitterlich zu weinen, so dass Herr Niepel rasch ein Zehnpfennigstück aus der Westentasche nahm, um das Leid der Kleinen zu stillen. Doch Pucki weinte weiter.

      »Du brauchst doch nicht mehr zu weinen, Kind, du hast doch neues Geld bekommen.«

      »Nun hätte ich zweimal Geld und könnte mir die schöne Puste kaufen und noch einen Pfefferkuchen.«

      Erst als Onkel Niepel versprach, die Puste zu kaufen, beruhigte sich Pucki, weinte jedoch erneut, als sie an der Würfelbude nichts gewann.

      Während man von Bude zu Bude ging, traf Gutsbesitzer Niepel seinen Viehhändler Dostal. Er begrüßte die Kinder herzlich und versprach, jedem etwas zu kaufen.

      Pucki, die den Viehhändler noch niemals gesehen hatte, betrachtete ihn mit prüfenden Blicken.

      »Na, Kleine, warum siehst du mich denn so an?«

      »Weil ich dich nicht kenne«, sagte das Kind.

      »Nun kommt, wir gehen zum Kasperletheater«, sagte Fräulein Irma.

      Auf dem Rummelplatz erregte zunächst das Karussell die Aufmerksamkeit der Kinder. Dostal ließ die Kleinen einige Male fahren. Pucki fühlte sich auf dem Rücken des Pferdes sehr stolz.

      »Ich bin auf der braunen Stute geritten – das war aber fein!«

      Weiter ging es zu einer anderen Bude, in der ein Mann einen Leierkasten drehte. Auf dem Leierkasten saß ein Affe, der seine behaarte Hand ausstreckte, um Münzen oder Leckerbissen einzusammeln.

      Vor der Kasperlebude war eine große Kinderschar versammelt. Noch war der Vorhang herabgelassen, doch ertönte soeben eine kleine Glocke, zum Zeichen, dass die Vorstellung nun bald begänne.

      In atemloser Spannung wartete alles. Puckis Hand umschloss fest die ihres kleinen Freundes Paul.

      »Tut er uns was, der Kasperle?«

      »Quatsch! Der macht nur Unsinn!«

      Endlich ging der Vorhang auf. Kasperle zeigte sich und begann mit krähender Stimme zu sprechen:

      »Bimmele, bammele, hopsaßa

       Kasperle ist wieder da!«

      Pucki hatte noch niemals eine Kasperlevorstellung gesehen. Ihr Herzchen klopfte rascher, als Kasperle so närrische Sprünge ausführte.

      »Er tut dir nichts«, beruhigte Fritz, »er ist fest im Kasten. Nachher kommt noch der Teufel und ein großes Tier, das will den Kasperle fressen. Du brauchst aber keine Angst zu haben. Ich passe gut auf dich auf.«

      Kasperle erzählte den lauschenden Kindern von tollen Streichen, die er ausgeführt hatte. Die kleine Schar lachte herzlich, und auch Pucki stimmte in die Fröhlichkeit mit ein. – Dann kam Kasperles Großmutter. Sie jammerte über den ungeratenen Enkel. Sie rief ihn, und schon schoß Kasperle