Magda Trott

Pucki


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den Garten. Sie hielt eine große, bunte Tüte in den Händen und gab sie Pucki mit herzlichen Worten. Die drei Knaben blickten erwartungsvoll auf die kleine Freundin, und Fritz rief mit seinem hellen Stimmchen:

      »Damals, als wir zum ersten Male zur Schule gingen, war es sehr schön. Ich habe aus meiner Tüte einem kleinen Jungen ein Stück Schokolade geschenkt. – Wirst auch du aus deiner Tüte einem Jungen was schenken?«

      »Ja!«

      Fritz hielt sogleich die Hand auf, und nun erst begriff Pucki, was er meinte. Sie suchte ein Weilchen in der Tüte herum, reichte dann dem Spielgefährten ein großes Stück Konfekt. Walter, der sich gleichfalls herandrängte, bekam ein kleineres Stück und Paul nur ein Schokoladenplätzchen.

      »Alte Geizliese!« sagte er.

      »Na, hier hast du noch ein Stückchen. Aber das andere muss ich für mich behalten, weil ich doch morgen in die Schule muss.«

      Nun kam auch Frau Sandler herbei, die die Gutsbesitzerin herzlich begrüßte und ihr Dankesworte wegen des Geschenkes sagte. Dann hieß es aufbrechen. Pucki winkte dem davonrollenden Wagen nach. Dann kehrte sie auf die Veranda zurück, um ihrem geliebten Harras zu erzählen, dass es vielleicht in der Schule doch nicht so schlimm sei, wie der Paul meinte.

      Schließlich kam Waltraut herbei, das zweijährige Schwesterlein, und nun ging es an ein fröhliches Spielen. Der morgige Tag war für Stunden vergessen. –

      Der zehnte April, Puckis erster Schultag, zeigte ein freundliches Gesicht. Pucki dagegen blickte recht sorgenvoll darein. Und als die Mutter mahnte, es sei nun Zeit, als sie dem Töchterchen den Ranzen auf den Rücken hob, kam ein lang gezogener Seufzer über die Kinderlippen.

      »Lauf schnell zum Vati hinein, verabschiede dich, denn dann müssen wir gehen.«

      Auch der Vater gab seinem Töchterchen gute Ermahnungen mit auf den Weg, dann wanderte das Kind an der Hand der Mutter Rahnsburg zu. Es war ein netter Weg, anfangs am Waldrande entlang, dann kam eine Wiese und bald die ersten Häuser der Stadt. Am Markt stand die Schule.

      Von allen Seiten strömten Mütter herbei, Abc-Schützen an der Hand, um sie zum ersten Male in die Schule zu geleiten. Pucki hielt die Hand der Mutter noch lange fest.

      »Komm bald wieder!«

      »Ja, mein Kind, in einer Stunde bin ich wieder hier und hole dich ab. Ich bleibe in der Stadt und bringe dich dann wieder heim – du wirst mir bestimmt fröhlich entgegenspringen, weil es dir in der Schule gut gefallen hat.«

      »Bringst du mir auch 'ne große Tüte?«

      »Wenn du artig warst – ja.«

      Von einer Lehrerin wurden die Kinder in Empfang genommen und in das Schulzimmer geleitet. Zum ersten Male erblickte Pucki einen derartigen Raum, der mit Bänken vollgestellt war. Manches Kind war sehr laut, einige Knaben kletterten sogleich auf die Bänke und liefen auf ihnen entlang. Pucki staunte über die vielen Kinder, die alle hier zusammengekommen waren. Alle in ihrem Alter. – Ob es sich mit ihnen wohl gut spielen ließ?

      Dann kam ein anderes Fräulein, das vor die Bänke hintrat, die Kinder anrief und ihnen sagte, dass sie die Lehrerin sei und dass sie die Kleinen lieb haben wolle. Nun aber sollten sie sich recht brav niedersetzen. Pucki tat alles, ohne ein Wort zu sagen.

      »Ich bin Fräulein Caspari, eure Lehrerin. Nun will ich aber mal eure Namen hören. Aber immer hübsch der Reihe nach.«

      »Fräulein Kasperle«, kicherte einer der Buben, der unweit von Pucki saß.

      Da erinnerte Pucki sich an das lustige Kasperle auf dem Jahrmarkt und begann zu kichern. Dann wiederholte sie ein wenig verschämt: »Fräulein Kasperle!«

      Dieser Name pflanzte sich rasch weiter fort; die ganze Klasse von vierundvierzig kleinen Kindern begann zu lachen,doch plötzlich klopfte Fräulein Caspari auf den Tisch und sagte noch einmal deutlich:

      »Ihr nennt mich Fräulein Caspari, und jetzt sagt mir eure Namen.«

      Erst schrien alle durcheinander, je lauter desto bester. Einige drängten sogar nach vorn.

      »Ich bin der Fritz Lange –«

      »Ich der Georg Rabe!«

      »Fräulein, so hör'n Sie doch, ich bin der Kuno Meister!«

      Es dauerte ein ganzes Weilchen, ehe die Lehrerin wieder Ruhe gestiftet hatte.

      Pucki verhielt sich abwartend. Direkt neben ihr saß ein kleines Mädchen mit blassem Gesicht, dem es um die Lippen zuckte, als wollte es weinen. Pucki betrachtete das Kind ein Weilchen, dann fragte es besorgt:

      »Hast du Angst?«

      Da begann das Kind zu weinen. »Ich will zur Mutter!«

      »Die kommt nachher und bringt dir eine große Tüte. Jetzt müssen wir still sitzen, sonst stellt die Lehrerin uns in die Ecke.«

      »Ich will zur Mutter«, weinte die Kleine lauter.

      Die Lehrerin kam. »Warum weinst du denn? – Nun sage mir mal deinen Namen, du kleiner Blondschopf. – Wie heißt du?«

      »Thusnelda –«, kam es stockend heraus.

      Da lachte Pucki laut auf. »Du – Fräulein, wie heißt sie?«

      Die Kleine weinte noch mehr. Das tat Pucki wieder leid. »Sei mal ruhig«, sagte sie und nahm die Hand des Kindes, »ich tu dir nichts, und sie tut dir auch nichts.«

      »Wie werde ich dir denn etwas tun, kleine Thusnelda. Gib mal acht, wir nehmen jetzt die Tafeln heraus, und dann malt ihr auf die Tafeln schöne, runde Ostereier, wie sie euch der Osterhase kürzlich brachte. Nun fix alle Tafeln heraus. Wir zeichnen Ostereier.«

      »Ich kann keine Ostereier zeichnen«, klang es von einer der vordersten Bänke, »ich habe keine Ostereier bekommen.«

      Die Lehrerin ging zu dem Knaben, der diese Worte gesprochen hatte. Währenddessen tätschelte Pucki die Hand ihrer Nachbarin.

      »Weine mal nicht, Thusnelda, ich bin bei dir, ich male dir auch die Ostereier auf. Ich hab' bei Onkel Niepel eine ganze Schürze voll Ostereier gefunden, und mein Vati hat mir auch Ostereier versteckt, sogar im richtigen Walde. Da sind wir ganz tief in den Wald gegangen. Auf einem Baum hat ein Eichkätzchen gesessen, das hat Hihihi gemacht – –«

      »Wer plappert denn immerfort?« fragte die Lehrerin.

      »Und dann ist die Eichkatze – husch! – an dem Stamme hochgelaufen; ich werde dir mal eine Eichkatze aufzeichnen.«

      »Hedi Sandler, willst du nicht deinen kleinen Mund halten?«

      »Oh, Fräulein, ich hab' noch so viel zu erzählen.«

      »Erst erzähle ich euch etwas.«

      »Nee, die Hedi Sandler soll erzählen«, rief eines der Kinder.

      Aber Pucki hatte bereits die Lippen geschlossen und schaute Fräulein Caspari vorwurfsvoll an.

      Sehr still wurde es nicht in der Klasse, obwohl man eifrig beim Ostereierzeichnen war.

      Dann schrieb man ein »i«. Die kleine Ida freute sich, dass sie nun schon beinahe ihren Namen schreiben konnte, und Pucki machte einige Striche auf die Tafel und hing zum Schluss den Buchstaben hinten an.

      »Du – Fräulein Caspari, das heißt hier Pucki!«

      »Du musst nicht ›du‹, du musst ›Sie‹ sagen, Hedi.«

      »Na, dann musst du auch Pucki sagen und nicht Hedi.«

      »Sie heißt Pucki«, riefen mehrere Kinder, »Pucki Sandler!«

      Schließlich holte man die Stäbchen hervor, um damit kleine Figuren zu legen, ein Kreuz, ein Dreieck, ein Dach. Das gefiel den Kindern besser.

      Die Stunde näherte sich ihrem Ende. Da sagte Fräulein Caspari freundlich: »Nun dürft