in die Schürzentasche steckte. Es glaubte sich nun sehr reich und konnte kaum die Freude des Vaters erwarten, die er haben würde, wenn sie ihm das viele Geld brachte.
Vor der Gärtnerei stellte Paul den Sack mit den Blumen in die Ecke, um ihn dort stehen zu lassen. Er hatte gar keine Lust, die Last zurück zum Wagen zu tragen und daheim noch Schelte zu bekommen, weil er so viele Blumen nutzlos abgerissen hatte.
Schließlich ging es heim. Die drei Buben waren sehr missmutig, weil sie von dem Verkauf gar nichts ernteten. Paul jammerte um seine Eisenbahn und wollte von Hedi einen Teil ihres Geldes haben. Doch die Kleine hielt ihre Geldstücke fest.
»Das ist doch für den Vati. Wenn er mal wieder viel Geld hat, sage ich ihm, dass er dir die Eisenbahn kaufen soll.«
Inzwischen hatte man im Forsthause das Verschwinden des Kindes bemerkt. Allzu unruhig war man darüber nicht, da die Sonne noch hoch am Himmel stand.
»Vielleicht ist sie im Wald beim Vater«, sagte die Mutter. »Hedi war in der letzten Zeit sehr brav, sie weiß, dass sie nicht fortlaufen darf.«
Eine halbe Stunde später kam das Kind. Die Augen strahlten, die Bäckchen glühten vor Freude.
»Wo warst du denn?«
»Ach, Mutti – wenn der Vati doch erst wieder hier wäre! Ich habe ihm so 'ne Freude gemacht wie noch nie. – Mutti, bist du traurig, dass ich die Vergissmeinnicht aus dem Garten verkauft habe?«
»Was hast du gemacht?«
»Lieber Gott, der Vati ist so ein armer Mann, weil ich meine Schuhe kaputt gemacht habe, und nun habe ich Geld verdient. – Großmutter, du hast doch gesagt, der Vati hat kein Geld. – Sieh mal her!«
Voller Stolz legte die Kleine die acht Geldstücke auf den Tisch. Ihr Stimmchen schnappte vor Jubel fast über, als sie rief:
»Das habe ich dem Vati eingesammelt – wie wird er sich freuen!«
Anfangs wollte die Mutter tadelnde Worte sagen, sie sah jedoch, wie glücklich ihr Kind in dem Gedanken war, dem Vater helfen zu können.
»Nicht wahr, Mutti, nu hat er wieder viel Geld, nu braucht er nicht traurig zu sein. Alle Leute haben mir Geld für die Blümchen gegeben. Weißt du, wenn der Vati wieder mal für ein Kindchen was bezahlen muss, gehe ich wieder nach Rahnsburg – dann gehe ich in jedes Haus und bringe Blumen.«
Frau Sandler nahm die Kleine und drückte sie zärtlich an sich. Was Hedi heute getan hatte, war aus gutem Herzen gekommen, und dafür durfte sie das Kind nicht schelten. Später musste sie Hedi freilich sagen, dass sie auf diese Weise kein Geld verdienen durfte.
Abends kam der Vater heim. Ehe er die Seinen begrüßen konnte, hing Pucki an seinem Halse.
»Vati, ich bin kein Pucki mehr, es geht auch nicht schlimm aus! Ich habe dir Geld gebracht, viel Geld. – Vati, jetzt bist du nicht mehr arm.«
Auch der Förster brachte es nicht fertig, seiner Tochter einen Vorwurf zu machen. Nur tadelte er, dass Hedi vorher nichts davon gesagt hatte.
»Du sollst nicht nach der Stadt gehen, ohne dass wir es wissen. Doch dieses Mal will ich nicht schelten, da ich weiß, dass du mir eine Freude bereiten wolltest.«
»Von jetzt an mache ich dir jeden Tag 'ne Freude, Vati.«
Während Hedi sehr glücklich war in dem Gedanken, dem Vater geholfen zu haben, gab es bei Niepels wieder einmal strenge Strafe. Mit Tränen in den Augen sahen die drei Knaben, wie die schöne Johannisbeerspeise von anderen gegessen wurde. Ihre Teller blieben leer.
10. Kapitel: Pucki und Harras verhüten ein Unglück
So glücklich und zufrieden wie heute war Hedi lange nicht mehr gewesen. Die Mutti durfte endlich das Bett verlassen und schien gesund zu sein. Die Kleine war jedoch ein wenig enttäuscht, als ihr der Vater sagte, dass die Mutti noch lange nicht mit in den Wald gehen könnte, weil sie noch viel zu schwach wäre.
So kam es, dass das kleine Mädchen mit forschenden Blicken die Mutter betrachtete, die allmählich wieder ihrer gewohnten Arbeit nachging.
»Koch mal lieber nicht«, meinte das Kind, »du bist zu schwach, wir können ja Johannisbeeren essen.«
»Mutti ist froh, wenn sie wieder arbeiten kann.«
Als Frau Sandler eines Tages einen Stuhl anhob, um ihn an einen anderen Platz zu stellen, eilte Pucki herbei und stellte sich der Mutter in den Weg.
»Vati sagt, du bist eine schwache Frau. Ich bin viel stärker als du. – Gib her, ich kann den Stuhl allein schleppen.«
Die Großmutter, die das beobachtete, rief Pucki zu sich und küsste sie zärtlich auf die Stirn.
»So war es brav, Pucki! Immer der Mutti helfen, denn die Mutti ist wirklich noch sehr schwach. Du musst gut auf sie aufpassen, sie darf noch nicht viel Arbeit und Mühe haben, damit sie nicht wieder krank wird.«
»Aber viel Freude darf sie haben, Großmutter!«
»Freude kann sie immer brauchen.«
An einem Nachmittag ging die Großmutter mit Förster Sandler nach Rahnsburg, um Einkäufe zu machen. Beim Abschiednehmen hielt sie Puckis Händchen lange fest. »Wirst du auch nicht zu laut sein, mein Kleines, und die Mutti nicht ärgern? Ich will hoffen, dass du auch heute wieder ein liebes Mädchen bist.«
»Bin ich, Großmutter!«
»Gib auch gut auf die Mutti acht, damit sie sich nicht anstrengt. Lass dir von ihr eine Geschichte erzählen, sie soll im großen Lehnstuhl sitzenbleiben und nicht so viel umherlaufen. Es ist draußen unfreundliches Wetter, so dass ihr nicht in den Garten könnt.«
»Geh mal ruhig in die Stadt, Großmutter, ich passe schon auf die Mutti auf und auf das kleine Schwesterchen.«
»So ist es brav, Pucki.«
Der Förster war mit seiner Schwiegermutter davongegangen. Pucki stand in der Küche an der Seite der Mutter und trat voller Ungeduld von einem Fuss auf den anderen. Frau Sandler schloss die Reste des Mittagessens fort und gab Minna Anweisungen fürs Abendessen. Als Minna noch eine Frage stellte, zog Hedi die Stirn kraus und sagte, indem es den Tonfall des Vaters nachahmte:
»Lass das viele Fragen sein – Kinder brauchen nicht alles zu wissen. Wir sollen die Mutti schonen – die Mutti muss nun in dem großen Lehnstuhl sitzen.«
»Ich komme gleich, Pucki.«
»Na, komm lieber gleich mit«, sagte die Kleine und zerrte die Mutter am Rock. »Wenn du so viel stehst, dann fängt die Lunge wieder an zu husten, und du musst wieder ins Bett.«
Lächelnd fügte sich die Försterin. Sie ließ sich in dem großen Lehnstuhl am Fenster nieder. Pucki eilte herbei und schob ihr einen Schemel unter die Füße.
»Sitzt du nu weich? – Brauchst du nicht zu husten?«
»Nein, mein Kleinchen, es ist alles sehr schön. – Und nun reiche mir noch den Stopfbeutel her.«
»Nein, Mutti!«
»Warum nicht? – Mutti möchte Strümpfe stopfen.«
»Nein, Mutti, Großmutter hat gesagt, es macht dir keine Freude, wenn ich die Strümpfe zerreiße, die du dann stopfen musst. Heute soll ich dir aber nur Freude machen und gut auf dich aufpassen.«
»Aber Pucki, Mutti muss doch etwas tun; sie kann unmöglich im Stuhl sitzen und faulenzen.«
Die Augen des Kindes ruhten auf der Mutter. Pucki wusste, dass sich der Mutter Hände immer fleißig regten, denn niemals saß sie untätig da. – Womit konnte sie ihr wohl eine Freude bereiten?
»Nun, Pucki, willst du mir endlich den Stopfbeutel holen?«
»Mutti, erzähl mir lieber eine schöne Geschichte.«
Pucki