Magda Trott

Pucki


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      »Wir haben es Pucki versprochen. – Pucki wartet auf uns!«

      »In einer halben Stunde fährt der Gemüsewagen zur Stadt; da könnt ihr mit.«

      Die drei schmollten ein Weilchen, mussten sich jedoch fügen.

      Dann jagten die Knaben in den Garten und rissen wahllos Blumen ab, stopften sie in einen Sack, um sie auf den Wagen zu legen.

      »Dass es nur der Gottlieb nicht sieht.«

      Doch der Kutscher fragte sofort, was in dem Sack wäre, den die Knaben auf den Wagen zu werfen suchten. Er tastete an dem Sack herum, doch Paul stieß ihn unsanft fort.

      »Mir soll es recht sein«, sagte der Alte, »was Vernünftiges wird es ganz gewiss nicht sein.« –

      Währenddessen stand Pucki im Garten und wählte sorgsam die schönsten Blumen aus, die erblüht waren. Behutsam pflückten die kleinen Hände die Blümchen ab und legten sie in das Körbchen, das ihr am Arm hing.

      »Ihr kommt nu zum Gärtner und dann zur Hochzeit«, sagte das Kind, »da ist es sehr schön für euch.«

      Der Gedanke, dass es durch den Verkauf der Blumen dem Vater Freude und Erleichterung schaffen könne, beglückte das kleine Mädchen derart, dass es am liebsten hell aufgejubelt hätte. Großmutter schlief am Nachmittag, sonst hätte ihr Pucki die große Überraschung doch erzählt. Mehrmals lief die Kleine zu Minna in die Küche und fragte, ob es bald drei Uhr sei. Und als es endlich so weit war, huschte Pucki, das Körbchen mit den Blumen vorsichtig tragend, hinaus zur Gartenpforte und stand wenige Augenblicke später wartend an der dicken Buche.

      Es dauerte geraume Zeit, ehe der Niepelsche Gemüsewagen kam.

      »Du hast ja so wenig«, tadelte Paul, »da wirst du nicht viel verdienen.«

      »Ich verkaufe sie sehr teuer. Die Gärtnersfrau hat gesagt, sie muss die Blumen teuer kaufen.«

      In Rahnsburg hatte der Kutscher mancherlei zu erledigen. Pucki führte die Knaben nach der Gärtnerei. Paul und Walter trugen den Sack mit den gequetschten Blumen. Sie gingen nicht gerade sanft damit um, so dass Hedi unmutig sagte:

      »Ihr werdet die Blümchen zerbrechen. Blümchen wollen nicht in den finsteren Sack.«

      In Rahnsburg war die Kleine nicht unbekannt. Ein Ehepaar, das des Weges kam, sprach Hedi an.

      »Was machst du denn hier, Hedi? Wie geht es der Mutti? – Was hast du da für schöne Blümchen?«

      »Die verkaufe ich.«

      »So? – An wen denn?«

      »An Sie«, rief Paul. »Wollen Sie welche haben!«

      »Du verkaufst die Blumen?«

      »Ja«, sagte Pucki ernsthaft, »der Vati hat doch kein Geld mehr, und meine Schuhe, die kaputt sind, müssen heil gemacht werden. Da will ich dafür Geld bekommen.«

      Die beiden lachten belustigt. »Was willst du denn für die Vergissmeinnicht haben?«

      Hedi zuckte die Schultern. »Ich muss soviel Geld haben, dass der Vati das kleine Schwesterchen bezahlen kann und dass er meine Schuhe machen lässt.«

      Lachend nahm die Spaziergängerin zwei Zehnpfennigstücke aus der Börse und reichte sie dem Kinde.

      »Du wirst dir sicherlich Bonbons dafür kaufen?«

      Hedi strahlte. »Nein, das Geld bekommt der Vati, weil er doch keins hat.«

      Inzwischen hatte Paul den Sack auf die Straße gelegt, griff mit beiden Händen hinein und hielt dem Ehepaar mehrere Blumen hin.

      »Mir können Sie auch welche abkaufen.«

      »Wie sehen denn die Blumen aus, mein Junge. – Sieh mal, diese hier haben ja kaum noch Blätter. Solche Blumen kaufe ich nicht.«

      Grimmig warf Paul die Blumen zurück in den Sack und hob ihn auf die Schulter. »Na, dann nicht!«

      Diese kleine Szene war von der Bäckersfrau beobachtet worden, deren Laden sich gerade an der Straßenecke befand.

      »Kleine Hedi, willst du mir auch Blümchen verkaufen? Ich schenke dir ein Stück Kuchen.«

      Sofort lief Pucki in den Laden und stellte das Körbchen auf den Tisch.

      »Such dir welche aus!«

      Die Bäckersfrau nahm Stiefmütterchen heraus und reichte der Kleinen ein Stück Kuchen.

      Das Kind wartete ein Weilchen, dann sagte es mit leiser Bitte in der Stimme: »Du musst mir aber noch ein bisschen Geld für den Vati geben.«

      Zu den zwanzig Pfennigen, die Pucki bereits hatte, wurde ein drittes Zehnpfennigstück gelegt. – Strahlend eilte das Kind zurück zu den Freunden und zeigte ihnen den verdienten Betrag.

      »Wird sich der Vati aber freuen – nu haben wir viel Geld!«

      Schließlich ging es zur Gärtnerei. Paul errechnete für seine Blumen eine stattliche Summe, er wollte mindestens sieben Mark einnehmen, denn sieben Mark kostete die Eisenbahn, die beim Kaufmann Römer im Fenster stand.

      »Und ich kaufe mir einen Roller«, sagte Walter.

      »Und ich das Ding vom Fleischer, das sich immerzu dreht und soviel Wind macht.«

      Die Kinder kamen in die Gärtnerei. Pucki stellte artig das Körbchen mit den restlichen Blumen vor die Gärtnersfrau.

      »Jetzt bringen wir dir viele Blumen, weil du doch für die Hochzeit welche brauchst. Die musst du uns abkaufen und uns viel Geld dafür geben, denn mein Vati hat kein Geld.«

      »Hier hast du einen ganzen Sack voll Blumen – ich will sieben Mark haben!«

      Mit diesen Worten schüttete Paul den Inhalt des Sackes vor die Gärtnersfrau hin. Wie sahen die armen Blümchen aus! Die meisten waren von den Stängeln abgebrochen, die anderen welk und zerzaust. Pucki blickte erschrocken darauf nieder.

      »Oh, ihr armen, lieben Blümchen!«

      »Was fällt euch denn ein, so mit den lieben Blumen umzugehen«, sagte die Gärtnersfrau erregt. »Wisst ihr nicht, dass alle Blumen der himmlische Vater zur Freude der Menschen wachsen lässt, dass man sie gut behandeln muss? Dieses zerdrückte Zeug kann ich nicht brauchen. – Haben eure Eltern gesehen, dass ihr die Blumen in den Sack stecktet?«

      Paul schob die Unterlippe vor, während Walter und Fritz beschämt daneben standen. Sie hatten nicht geahnt, dass die Blumen durch eine derartige Behandlung verdorben würden.

      »Da lobe ich mir dein Körbchen, Kleine. Deine Blumen will ich schon nehmen, obgleich ich sie auch nicht recht brauchen kann. Vergissmeinnicht und Stiefmütterchen habe ich selbst ausreichend.«

      »Du hast doch gesagt, dass du Blumen brauchst?«

      »Das verstehst du noch nicht, Pucki, dazu bist du noch viel zu klein, um zu wissen, welche Blumen ich brauchen kann und welche nicht. – Haben dir die Eltern gesagt, dass du mir die Blumen bringen sollst?«

      »Nein, ich wollte dem Vati Geld besorgen, weil er keins hat.«

      »Das ist sehr schön von dir, Pucki, doch in Zukunft wird es besser sein, wenn du daheim erst fragst. Nun hast du im Garten all die Vergissmeinnicht abgepflückt, die die gute Mutti so lieb hat. Es wird ihr gewiss nicht recht sein, dass du sie mir bringst.«

      »Aber der Großmutti wird es recht sein und dem Vati.«

      »Komm, Pucki, wir wollen fort!« rief Paul. Er stopfte die Blumen zurück in den Sack, zum größten Leidwesen Hedis, die noch manches Blümchen hervorzog und in ihr Körbchen legte.

      »Wenn wir sie in Wasser stellen, werden ihre Augen wieder ganz hell«, meinte sie.

      »Was soll ich dir nun für die Blumen geben, Pucki?«

      »Ganz toll viel Geld!«

      »Willst du es vernaschen?«