es brennt im Walde, aber der Harras paßt gut auf!«
»Was du immer hast!«
Aber schon bemerkte Minna den Brandgeruch. Sie sah zwischen den Bäumen dicken Qualm hervorkommen und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
»Lieber Gott, der Wald brennt, und der Förster ist nicht da!«
Da war die Feuerwehr auch schon zur Stelle. Man brauchte nicht erst nach der Brandstelle zu suchen. Das Feuer hatte sich in den letzten Minuten beträchtlich ausgedehnt, und ein rasches und energisches Eingreifen war notwendig, um die drohende Gefahr zu beseitigen. Man hatte Mühe, das erregte kleine Mädchen zurückzuhalten. Hedi wollte durchaus helfen, damit sich die schönen Bäume nicht vom Feuer fressen ließen.
»Geh aus dem Wege«, sagte einer der Feuerwehrmänner, als Hedi immer wieder auftauchte, »es kann dir was passieren.«
Und wirklich, schon im nächsten Augenblick ging ein Sprühregen von Funken nieder und fiel auf das blonde Köpfchen des Kindes. Glücklicherweise war sofort einer der Männer neben ihr, er riss Pucki an sich, drückte den Kopf des Kindes fest an seine Brust und löschte somit die Funken.
Pucki war sehr erschrocken; sie wusste nicht, was mit ihr geschehen war.
»Marsch heim!« rief der Mann, »oder ich bespritze dich mit Wasser.«
Das ließ sich die Kleine nicht zweimal sagen. Mit schnellen Schritten eilte sie zurück zum Forsthaus. Dort stand Minna.
»Um des Himmels willen, Pucki, wie siehst du denn aus? Kind, Kind, was ist geschehen?«
Pucki wusste nicht, dass ihre goldenen Locken von den Feuerfunken abgesengt waren. Wenn der Feuerwehrmann das Unglück nicht sogleich bemerkt hätte, wäre das Kind nicht ohne beträchtlichen Schaden davongekommen.
»Was hast du denn gemacht? Sieh dich doch mal im Spiegel an.«
Als das geschah, wurde Puckis Herzchen recht schwer. Sie wollte doch ein recht artiges Mädchen sein – Wie sah sie nun aus?
»Minna – ist es schlimm?« fragte die Kleine ängstlich, nachdem sie sich lange im Spiegel angeschaut hatte.
Gar zu gern wäre das Kind trotzdem wieder in den Wald zur Brandstelle gelaufen, um zu sehen, was die Feuerwehrleute machten. Aber es war auch vom Forsthaus aus viel zu sehen. Dicker Rauch stieg kerzengerade zum Himmel empor.
Ganz plötzlich hörte Pucki die Stimme des Vaters. Er war im Laufschritt angekommen, denn auch er hatte die dicken Rauchwolken schon von weitem bemerkt. Mutter und Großmutter kehrten gleichfalls sehr bald aus Rahnsburg zurück, und mit ihnen kamen noch viele andere Männer, Frauen und Kinder, die der Waldbrand herbeigelockt hatte.
»Gelöscht«, sagte der Brandmeister endlich. »Die Gefahr ist beseitigt. Es hätte schlimm ausgehen können, wenn der Brand nicht rechtzeitig bemerkt worden wäre. Ich glaube, Herr Sandler, Ihr Haus wäre auch nicht verschont geblieben.«
Frau Sandler hielt geängstigt Pucki in den Armen.
»Wer hat den Brand zuerst entdeckt?«
»Uns hat Spediteur Runge herausgeschickt. Es wurde ihm gemeldet.«
Spediteur Runge war auch zur Brandstelle gekommen. Förster Sandler wandte sich fragend an ihn.
»Warum gerade mir der Brand von Ihrem Töchterchen gemeldet wurde, weiß ich nicht. Auf jeden Fall hat sich die Kleine sehr beherzt gezeigt.«
»Du, Pucki? Du hast Onkel Runge angerufen?«
»Es hat ein bisschen gebrannt, Vati, der Harras hat so sehr geheult. Ihm war so angst – und mir auch. Es war keiner da, da habe ich eben an deinem Apparat so'n bisschen gedreht, bis eine Stimme kam.«
»Das hast du sehr gut gemacht, Pucki. Du hast dich heute als ein guter Engel des Waldes gezeigt. Du bist keine schlimme Pucki, sondern eine sehr brave Pucki gewesen.«
»Guck mal, Vati, nu hab' ich keine Haare mehr!«
Förster Sandler drückte sein Kind, das der Gefahr glücklich entronnen war, voller Inbrunst ans Herz.
»Wir haben allen Grund, dem lieben Gott zu danken, Pucki, denn er hat dich und unseren lieben Wald vor einer großen Gefahr bewahrt. Bleibe immer ein so tapferes Mädchen, so brav und klug, wie du dich heute gezeigt hast.«
»Vati – vielleicht hat der schlimme Pucki im Walde gesessen und hat das Feuer angemacht. – Vati, wenn er nun verbrannt ist?«
»Dann ist eben nur meine gute Pucki geblieben.«
»Ja, unsere brave Pucki aus dem Forsthause«, fiel Spediteur Runge ein. »Dem Onkel Oberförster werde ich erzählen, was du für ein tüchtiges Försterkind bist. Er wird sich sehr über dich freuen.«
Bereits am nächsten Tage kam Onkel Oberförster zu Pucki. Er brachte dem Kind eine schöne Puppe mit und sagte ihm, dass er sich sehr über ihr tapferes Verhalten gefreut hätte.
Es kamen noch viele, die Hedi herzliche Worte der Anerkennung sagten. Auch Onkel Niepel und die Drillinge stellten sich ein. Sie hörten das Lob des kleinen Mädchens überall, und Paul meinte:
»Wenn's weiter nichts ist – das hätte ich auch getan.«
Mehr Freude als alle anerkennenden Worte wurde ihr zuteil, als die Großmutter am anderen Tage ihrem Enkelkind ein Paket in den Arm drückte.
»Das ist der Lohn für dein beherztes Tun, meine liebe kleine Pucki.«
Hedi hielt gerade die schöne Puppe des Oberförsters im Arm, als die Großmutter ihr das Paket gab. Sie wickelte es auf – ein Jubelschrei tönte durchs Wohnzimmer.
»Klotzpantinen!«
Es waren ganz einfache Holzpantoffeln, doch war es die Erfüllung eines Herzenswunsches. Achtlos wurde die Puppe zur Seite gelegt; Hedi vergaß auch, von dem schönen Konfekt zu essen, das ihr Spediteur Runge gebracht hatte. Sie lief glücklich durchs Haus, durch Hof und Garten, sie hielt Harras die Klotzpantinen vor die Nase und lachte.
»Guck, weil ich das Feuer nicht hab' weitergehen lassen, habe ich Klotzpantinen bekommen. – Was hast du denn bekommen, Harras?«
Der Hund rieb seinen Kopf an Hedis Röckchen.
»Hast du nichts bekommen? – Du hast doch zuerst gebellt!«
Klappernd stürmte Pucki ins Wohnzimmer. »Großmutter, was bekommt der Harras? Der Harras hat gebellt und gejault! Großmutter, der Harras muss auch was haben, sonst gefallen mir die Klotzpantinen nicht so sehr.«
»Hast recht, Pucki, der Harras bekommt natürlich auch eine Belohnung, ich werde es dem Vati sagen.«
»Vati«, bat Pucki am Abend, als der Förster heimkam, »ich habe so schöne Klotzpantinen bekommen, der Harras muss auch was bekommen. Dem Harras sagen die Leute gar nichts, und er hat das Feuer zuerst gerochen.«
»Hast recht, Hedi, es ist sehr lieb von dir, an den treuen Harras zu denken. – Natürlich, der Harras soll auch eine Belohnung haben.«
Aus dem Rauchfang wurde eine kleine Wurst geholt.
»Hier, Hedi, gib sie dem Harras, er hat sie verdient. Aber er darf nur die Hälfte fressen, sonst wird er krank.«
Pucki rief den Hund, legte sich lang auf die Erde, die Wurst in der Hand, griff mit der Linken in das Fell des Tieres und sagte weich und zärtlich:
»Nu riech' mal, Harras, das riecht doch viel besser als der stinkige Wald. – So, nu beiß mal ab!«
Der Hund schnappte nach der Wurst.
»Das ist deine Belohnung, du liebes Tierchen! – Harras, wir beide sind tüchtige Leute. Wir hätten kein Haus mehr, wenn du nicht gebellt hättest.«
Dann ließ Pucki den Hund erneut ein Stück von der Wurst abbeißen, den Rest brachte sie zur Mutter.