Ranchers erfahren. Diese Anahim-Leute waren noch echte Hinterwäldler, wilde Gesellen, die sich nicht so leicht aus ihrem Gleichmut bringen ließen. Sie schliefen einfach ohne Zelt irgendwo unter Bäumen, und wenn sie einmal ein paar Tage lang nichts zu essen fanden, dann hungerten sie eben.
Die Mannschaft in den Zelten wurde so verteilt, daß Bill und Peer zu Mac Lean hineinkrochen und Bärbi und Rossy mit Peter Sattler das Zelt teilten.
Lange lagen die Jungen noch wach und horchten auf die abklingenden Laute des Waldes. Das Pferd kaute hinter dem Zelt an den harten Blättern, und Dean Poker begann bald zu schnarchen, als schlafe er im teuersten Hotel von Williams Lake.
Als die Ranchers am nächsten Morgen aus ihren Zelten krochen, war Dean Poker bereits wieder fort. Er mußte sein Pferd ganz behutsam aus der Nähe der Schlafenden geführt haben, und kein Zeichen war von ihm zurückgeblieben als die Asche seiner Pfeife.
Die Jungen liefen an den See hinab und wuschen sich in dem kühlen Wasser die Augen blank. Eigentlich erschien ihnen die große Reise immer noch wie ein längerer Ausflug, wie sie ihn im Auto auch früher im Süden öfter unternommen hatten.
Als die Wagen endlich losratterten, entdeckte Mac Lean am Rande des Waldes auch wieder so etwas wie eine Straße. „Mein Wort von der Endstation war also leicht übertrieben! Wer gute Augen hat, findet immer noch eine Straße.“
Einen ganzen Tag lang mühten sich Mac Leans Ford und Peter Sattlers Austin noch wacker durch grundlos schlammige Strecken und rauschendes Gesträuch zu beiden Seiten. Die Fahrer rissen die Wagen über jähe Felshügel hinauf, und wenn das Wasser im Kühler zu kochen begann, dann wurde es aus einer Pfütze am Rand der Straße wieder nachgefüllt. Mehrere Male blieb auch ein Wagen stecken. Dann scherte der zweite Wagen aus, kroch über Büsche und Steine am ersten vorbei und zog ihn wieder aus dem Schlamm. Als Cowboys hatten die Männer auch mit der spanischen Winde umzugehen gelernt, die aus einem langen Tau bestand, das um einen Pfosten gewunden wurde und so wieder mit einer kräftigen Hebelwirkung den eingesunkenen Wagen aus dem Schlamm hob.
Allmählich stiegen im Norden und Westen die Berge immer höher über den Horizont herauf. Peter Sattler hatte Bill das Lenkrad seines Autos übergeben, und nun musterte er kritisch die Formen und Einschnitte der fernen, hoch hinauf mit Wald bewachsenen Berge. Irgendwo mußten sie über diese hinwegkommen, damit sie das Land ihrer Sehnsucht erreichten.
Bärbi Sattler hatte sich allmählich an das Schütteln und Rütteln gewöhnt, sie verstand auch, der vielen freien Zeit, die sie plötzlich besaß, seit sie sich auf die Reise begeben hatten, etwas abzugewinnen, und strickte an einem Wollsweater für Peer oder Bill. Rossy saß die meiste Zeit still neben ihr, und manchmal verspürte sie auch schon wieder eine leise Sehnsucht nach dem Schulleben in Nelson. Jetzt seufzte sie auf: Wenn nur einmal die Autofahrt zu Ende wäre!
Am späten Nachmittag gewannen die Reisenden plötzlich einen Blick in eine weite Talwanne hinab. Ein breites, in der Sonne flirrendes Gewässer spiegelte sich dort unten, aus einer endlosen Ferne im Süden reichte schwarzer Wald bis an den See heran. Im Norden lagen die Ufer frei, bevölkert von vielen Weiderindern und Herden galoppierender Pferde.
„Der Anahim-See!“ schrie Mac Lean durch das Rattern des Motors seinem Begleiter Peer Sattler zu. Peer hätte allzugern auch einmal am Steuer gesessen. Aber die Straße und die hohe Ladung des Autos erlaubten es nicht. Sobald jedoch das Auto einmal entladen sein würde, sollte er mit Mac Leans Auto einige Runden fahren dürfen.
Dort unten lag wunderbares Weideland, flach wie ein Flugplatz. Peer freute sich auf nichts mehr als auf die Fahrt mit dem Auto.
Langsam rollten die beiden Autos zwischen zehn, zwölf hingeduckten Rancherhütten aus. Da und dort traten Leute aus der Tür und blickten auf die Besucher herüber. Niemand aber stieß sich an dem seltsamen Aufzug der beiden Gefährte.
Mac Lean winkte einen der Viehhirten heran. „Der Anahim-See?“ fragte er. Als sein Gegenüber nickte, drückte er die Tür auf und stieg ächzend hinaus. Er fühlte an seinen Beinen entlang und versuchte, einige Schritte zu gehen.
„Wo finde ich so etwas wie ein Hotel?“ fragte er.
Der Viehhirt lächelte nachsichtig. „Sie meinen wohl Pans Ranch?“
„Pans Ranch, ganz richtig! Zum Teufel, wie konnte mir dieser Name entfallen!“ lachte Mac Lean und schlug seinem Gegenüber auf die Schulter. „Habe mächtig müde Knochen. Was wäre dagegen ein Tagesritt in den Bergen!“
Nun standen sie alle ein wenig ratlos auf dem weiten, von vielen Rinderhufen zertretenen Platz und wußten auch nicht, wo sie Pans Ranch finden konnten. Der Viehhirt erbarmte sich ihrer und führte sie bis an den Rand des Sees hinab. Die zwei alten Autos blieben indessen verlassen und verloren mitten auf dem Platz stehen.
„Willkommen, Friends! Was steht zu Diensten?“ Ein bärtiger Rancher trat ihnen auf der Schwelle von Pans Ranch entgegen.
Mac Lean wies auf die fünf Sattlers, die stumm hinter ihm standen. „Zunächst einmal weiche Federbetten für diese Nacht. Wir wissen nicht einmal, ob wir alle noch heile Knochen besitzen. Und dann“, er lachte schon wieder, „eine genaue Karte mit den Wegmarkierungen in das Gebirge dort oben!“ Dabei wies er mit der Hand nach Norden gegen die Algack-Berge.
Der Rancher Pan riß die Augen auf. „Ihr seid also Touristen und wollt in die Algacks wandern?“
Mac Lean machte eine wegwerfende Handbewegung. „Darüber hinweg! Wir wollen nicht mehr zurückkehren!“
Der Rancher Pan ging auf diesen Scherz ein. „Abgemacht! Wollt ihr nun die blaue oder die rote Markierung benützen?“
Indessen hatten sich mehrere Cowboys und Ranchers um die Gruppe versammelt. Sie hielten mit lachenden, anzüglichen Bemerkungen nicht zurück, und bald hatte sich eine rege Unterhaltung angebahnt.
Der Rancher Pan hatte seine Gäste auf die gedeckte Veranda hinter der Blockhütte eingeladen und schleppte eine Kiste Bier aus dem Keller herauf. Rascher, als es anfangs schien, wußten die Leute von Anahim-Ranch, um was es den Neuangekommenen ging. Sie fanden es viel verständlicher als die Leute von Williams Lake, daß es noch Menschen gab, die auch vor der fernsten Wildnis keine Angst besaßen.
Pan wiegte überlegend den Kopf. „Da habt ihr noch zwei Tagereisen nach Norden bis zu Seters Ranch vor euch. Dann beginnt der große Sumpf, und ihr müßt in die Algacks hinauf. Vielleicht weiß Pat Handle, was dann noch dahinter liegt. Ich bin nie weiter hinüber gekommen.“
Die Trecker fanden in Pans Ranch auch für die Nacht eine Unterkunft. Allerdings bestand sie nicht aus weichen Federbetten, sondern aus trockenem, würzigem Bergheu. Den Frauen Bärbi und Rossy bot der Rancher zuvorkommend seine eigenen Ehebetten an. Seine Frau Nelly hatte die Arme breit in die Hüften gestützt und nickte kräftig dazu. „Mir macht es gar nichts aus, wieder einmal im Heu zu schlafen!“
Natürlich mochte Bärbi dieses Angebot nicht annehmen, und sie stieg bald nach dem Abendessen zu ihrem Heulager hinauf. Die Männer aber saßen noch lange beisammen auf der Veranda, die Neuangekommenen wie selbstverständlich aufgenommene Freunde mitten unter den Anahim-Leuten, und bald begann ein lebhafter Handel um die Autos.
„Wißt ihr was, Mister“, schrie Pat Handle, „wir versteigern die beiden Autos. Dem Meistbietenden sollen sie dann ohne Widerrede zufallen.“
Mac Lean wiegte langsam den Kopf. „Dann muß ich wohl gleich den Rufpreis so ansetzen, daß ich dabei nicht allzuviel verlieren kann.“
Und schon begann die Versteigerung: „300 Dollar zum ersten – 350 zum zweiten – 400 zum ersten – 400 zum zweiten – 450 zum ersten – zum zweiten – und zum dritten!“
Mac Lean verzog schmunzelnd sein Gesicht. 450 Dollar hätte er mit bestem Willen nicht herauszuschlagen gehofft. Er konnte zufrieden sein. Wenn es auch mit Sattlers Auto in derselben Weise geschah, so konnten sie sich für diese Nacht beruhigt schlafenlegen.
Peter Sattlers Kombi-Wagen erreichte 570 Dollar. Er hatte ihn um 500 im Süden gekauft und konnte mit dem Wertzuwachs ganz zufrieden sein. Seit die Straße von Bella