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Die Kraft des Miteinander


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      Folgende Punkte sind wichtig:

      •Reaktionen verzögern, deeskalieren und Hilfe suchen, organisieren und annehmen.

      •Gewaltlosen Widerstand leisten, klare Botschaften vermitteln und bei diesen bleiben.

      •Die Idee der Schadenswiedergutmachung ins Spiel bringen und gemeinsam Vorschläge und Ideen zur Wiedergutmachung sammeln.

      •Dem Kind/Jugendlichen Zeit lassen.

      •Gemeinsam mit dem Kind daran arbeiten, Unterstützer in den Prozess einzubeziehen.

      •Die Wiedergutmachung darf das Selbstbewusstsein des Kindes nicht untergraben. Es soll sein Gesicht wahren können.

      •Das Kind ermutigen und bei der unmittelbaren Durchführung unterstützen.

      Ein Wiedergutmachungsprozess kann eine langwierige Angelegenheit sein, die viel Geduld und Kraft braucht. Nur mit viel Gefühl erkennt und nutzt man den Moment, in dem plötzlich etwas möglich wird, das vorher sehr unwahrscheinlich war.

      Der 16-jährige Bastian beleidigt im Geografieunterricht seine Lehrerin: »Von dir, dummer Gans, will ich nicht mehr unterrichtet werden. Du machst den langweiligsten Unterricht überhaupt. Verzieh dich!« Bastian wird von der Schulleitung, seiner Beratungslehrerin und der Geografielehrerin in den Nachdenkraum gebracht. Während der Geografiestunden soll er ab jetzt dort bleiben und nach einer Lösung suchen, wie er sein Verhalten wiedergutmachen kann. Bastian kommt das ganz gelegen. Er erzählt seiner alleinerziehenden Mutter: »Jetzt brauche ich endlich nicht mehr bei dieser faden Tante im Unterricht zu sitzen. Im Nachdenkraum ist es viel besser. Dort machen mir die netten Lehrer konkrete Angebote. Ich bleibe da!«

      Die Zeit vergeht und Bastian versäumt mehrere Geografiestunden. Begleitet vom Direktor kommt die Geografielehrerin zu Bastian und kündigt an: »In der übernächsten Geografiestunde findet die Abschlussprüfung für dieses Schuljahr statt. Du wirst sie in der Klasse ablegen. Allerdings darfst du die Klasse nur betreten, wenn du den Vorfall vor ein paar Wochen in Ordnung gebracht hast.« Bastian lächelt und denkt sich nichts dabei.

      Plötzlich ist er wie vom Blitz getroffen. Letztens hatte er ein Vorstellungsgespräch für eine Lehre als Automechaniker. Dort hat er vorher sein Praktikum gemacht, was ihm riesigen Spaß bereitete. Um den Job zu bekommen, muss er allerdings ein ordentliches Schulabschlusszeugnis vorweisen, was ohne Geografienote nicht möglich ist. Bastian weiß nicht weiter und versucht es auf seine übliche Art und Weise: Er terrorisiert seine Mutter, ein gutes Wort für ihn einzulegen und ihm nicht seine Zukunft zu verbauen. Er wird sich sicher nicht bei der Lehrerin entschuldigen, das soll gefälligst sie machen.

      Die Mutter holt ihren Bruder zu Hilfe. Bastian hat ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel, und als sie über die Angelegenheit reden, kommen sie gemeinsam auf eine Idee: Bastian wird sich vor der ganzen Klasse entschuldigen und auch für alle Pizza mitbringen, um den Schaden wiedergutzumachen.

      Gemeinsam bereiten sie den Tag der Wiedergutmachung vor. Auch Bastians Mutter hilft und ermutigt ihn, einen Plan für den Tag zu entwerfen. Als der Tag gekommen ist, fährt Bastian zusammen mit seiner Mutter und seinem Onkel in die Schule. Seine Mutter redet Bastian gut zu, doch Bastian verliert den Mut und er will das Weite suchen. Sein Onkel bleibt beharrlich. Er versucht, Bastian zu überzeugen, dass seine Mitschüler ihn als Pizzabringer bejubeln werden. Außerdem ist schon alles vorbereitet. Nach und nach leuchten Bastian die Vorteile ein. Er geht erhobenen Hauptes in die Klasse, spricht seine Entschuldigung aus und verteilt die Pizza. Die Jugendlichen klatschen in die Hände. Bastian ist wieder Teil der Klassengemeinschaft.

      Damit wird mehr als deutlich: Wiedergutmachung bringt eine starke und positive Haltung in die Erziehung und schließt den Kreis der Grundelemente gelingender Beziehung.

       Wiedergutmachung stärkt die Selbststeuerung und die Beziehung

      Wiedergutmachung ist ohne einen sicheren Hafen oder unterstützende Eltern und Lehrer nicht denkbar. Im Weiteren bedeutet dies, dass Eltern beharrlich sein und ihren Kindern einen fixen Anker bieten sollten. Wiedergutmachung ist nicht ohne Deeskalation möglich und ermutigt zur Selbstaktivität. Sie fördert gute Beziehung und ist ein Grundelement zur Entwicklung eigener Selbststeuerung (Bauer 2015).

      Wie diese Elemente zusammenspielen, sehen Sie in folgendem Beispiel:

      Jonah stört den Englischunterricht wieder und wieder. Aufgrund seiner zahlreichen unverschämten Bemerkungen beschließt die Lehrerin, dass nur noch eins hilft: der Gang zum Direktor. Jonah weigert sich jedoch. Die Lehrerin ist ratlos. Spielt sie sich groß auf und schimpft mit Jonah, macht sie sich nur lächerlich. Sie beschließt, sich an die Unterstützergruppe ihres Kollegiums zu wenden. Dort wird entschieden, dass sie sich mit dem Sportlehrer zusammenschließen soll. Sport ist nämlich Jonahs Lieblingsfach. Gemeinsam laden sie Jonahs Eltern ein und erzählen von den Vorfällen im Englischunterricht. Weil Jonahs Mutter zunächst über die Anwesenheit des Sportlehrers verwirrt ist, erklärt die Englischlehrerin schnell: »Die Beleidigung eines Lehrers ist Sache des gesamten Lehrkörpers.« Das versteht Jonahs Mutter und schon ist ein Wir geschaffen. Sie ist sich jetzt auch sicher, dass sie gemeinsam die problematische Situation im Englischunterricht gut bewältigen können. Außerdem werden die Eltern dadurch in ihrer Ankerfunktion gestärkt. Sie geben zu, dass es auch zu Hause mit Jonah nicht immer leicht ist, was sich mit den Beobachtungen beider Lehrkräfte deckt.

      Am nächsten Tag findet das Treffen statt. Jonah ist überrascht, dass der Sportlehrer auch anwesend ist. Deshalb erklärt ihm der Sportlehrer: »Wir haben einen Grundsatz: Wenn ein Lehrer beleidigt wird, ist das die Sache aller. Wir lassen solche Angelegenheiten nicht auf sich beruhen, sondern versuchen gemeinsam, eine Lösung zu finden. Uns geht es auch nicht darum, dich in deiner Würde zu verletzen, jedoch ist das Beleidigen und Stören im Unterricht für uns nicht akzeptabel.« Die Englischlehrerin ergreift das Wort: »Ein guter Ansatz wäre vielleicht ein Entschuldigungsbrief. Wir schlagen vor, dass du einen solchen verfasst.« Jonah ist zunächst unsicher, da ihm das Schreiben nicht leichtfällt, doch als sich die Runde einigt, dass seine Eltern ihn dabei unterstützen, stimmt er zu. Weil durch Jonahs Stören Schaden angerichtet wurde, schlägt der Sportlehrer eine Wiedergutmachung vor: »Wie wäre es, wenn du mir eine Woche lang nach der Schule eine halbe Stunde hilfst, den Turnsaal aufzuräumen? Später kannst du gern auch anspruchsvollere Aufgaben übernehmen. Zum Beispiel könntest du mir die Woche darauf helfen, die Zeit der jüngeren Schüler zu stoppen. Wie klingt das?«

      Jonah willigt ein. Dieser Vorschlag verletzt ihn nicht in seiner Würde, und er kann sogar als rechte Hand des Sportlehrers fungieren. Nach Vollendung seiner Wiedergutmachung wird die Lehrerin in der Klasse verkünden, dass Jonah alles wieder in Ordnung gebracht hat.

       Tipps für Wiedergutmachungshandlungen

      -Das Kind hat die Nachbarin geärgert und bringt ihr als Entschädigung Blumen.

      -Das Kind hat in einem Wutanfall Schaden in der Wohnung angerichtet und wäscht nun für einen Monat einmal wöchentlich das Auto der Familie.

      -Das Kind hat seinen Bruder geschlagen und übergibt ihm deshalb ein selbstgebasteltes Geschenk.

      -Das Kind schreibt einen Entschuldigungsbrief oder hilft dabei, ein Essen für die ganze Familie zu kochen.

      -Das Kind unterstützt die Eltern bei der Garten- und Hausarbeit.

      -Das Kind spielt mit der kleinen Schwester oder hilft ihr beim Hausaufgabenmachen.

      -Das Kind schreibt eine Geschichte oder entwickelt eine künstlerische Darbietung für zu Hause, einen besonderen Anlass oder die Schule.

      -Das Kind fertigt eine Zeichnung für die Klasse an oder bringt Kuchen mit in die Schule.

      -Das Kind engagiert sich für ein soziales Projekt in der Schule oder in der Familie.

       Noch einmal zusammengefasst