Torsten F. Barthel

Grünflächenpflege


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gewährleistet werden kann, müssen neben der Anpassung der Pflegstandards die festgestellten Mängel in den Anlagen beseitigt werden. Am Beispiel von Testflächen können zunächst Erfahrungen gesammelt werden. Um die Pflege und Unterhaltung jedoch anhaltend effizienter zu gestalten, ist es sinnvoll, alle Anlagen des Grünbestandes zu begutachten und darauf abgestimmte Pflege- und Entwicklungspläne zu erarbeiten, die im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten kurz-, mittel- und langfristig realisiert werden können.

      Die Attraktivitätssteigerung bei gleichzeitiger Erleichterung und Reduzierung des Pflege- und Unterhaltungsaufwandes stehen dabei immer an erster Stelle. Um die gewünschten Ziele zu erreichen, ist es empfehlenswert, im Vorfeld Kostenszenarien hinsichtlich der Auswahl der Vegetation, der Materialen, der Ausstattungsgegenstände, sowie des anschließenden Unterhaltungsaufwandes zu machen. Wichtig ist hier die frühzeitige Zusammenarbeit der Planung mit den Verantwortlichen für den Unterhalt.

       Betriebswirtschaftliche Steuerung

      Im Modell-Projekt Grünpflege-Konzept (Abbildung 7) wurden in einem Rechenbeispiel der optimierte (werterhaltende) Pflegebedarf und der vorhandene Personalbestand gegenüber gestellt. Daraus ergibt sich eine Differenz von fünf Ganzjahresvollzeitkräften (GJV). Ein Exempel wie es mit anderen Zahlen in der Praxis auch auftreten kann.

      Zur Reduzierung der berechneten Differenz gibt es verschiedene Möglichkeiten bzw. Stellschrauben. Eine davon ist die gestalterische Überarbeitung des Bestandes: Im Modell-Projekt ist angestrebt, auf diese Art und Weise 1,5 GJV weniger zusätzlich aufwenden zu müssen. Die weitere Reduzierung von zusätzlich benötigten Arbeitskräften soll durch die Prüfung und Optimierung der Arbeitsorganisation sowie des Fuhrparkeinsatzes kompensiert werden.

       13 Pflegereduzierung durch gestalterische Anpassungen wie Rückbauten, Lückenschluss bei Pflanzflächen, Austausch von pflegeintensiven Bepflanzungen. Durch diese Maßnahmen können Umschichtungen in der prozentualen Verteilung der Pflegekategorien erfolgen und somit Zeit und Geld eingespart werden. © Monika Böhm

       Gestalterische Anpassung der Flächen zur Attraktivitätssteigerung und Pflegereduzierung

      Bevor für einzelne Anlagen Anpassungsplanungen erstellt werden, muss der gesamte Bestand im Hinblick auf überflüssige Angebote, Vegetation, Wegeverbindungen und Ausstattungen untersucht werden.

      Ein Verantwortlicher hat bspw. in Absprache mit dem Bürgermeister seiner Gemeinde sämtliche unbespielte Bolzplätze extensiviert. Neben der Reduzierung ungenutzter Flächen konnte damit ein entscheidender Beitrag zur Biodiversität geleistet werden.

      Im Rahmen eines Projekts zur Effizienzsteigerung wurden fragwürdige Bepflanzungen auf deren Funktionserfüllung und Pflegbarkeit überprüft. In diesem Beispiel war die den gesamten Sportplatz umgebende Hecke bis zu 3 m hoch. Für den einmal pro Jahr durchgeführten Rückschnitt wurden ca. 75 Stunden ohne Abtransport des Materials benötigt. Da der Heckenschnitt aus Kapazitätsgründen in der gesamten Ortschaft lediglich einmal pro Jahr vorgesehen war, ist die Hecke entsprechend hoch gewachsen. Somit wurde der Beweis angetreten, dass die Reduzierung von Pflegegängen eher zusätzlichen Aufwand erzeugen als einsparen kann. Konkret ging es um die Frage, ob die Hecke komplett entfernt oder zurückgeschnitten werden soll. Da der Sichtschutz aus Sicht der Betreiber des Sportplatzes notwendig war, wurde der Bestand auf eine Höhe von 1,70 m herabgesetzt und als Pflegeziel dieselbe Höhe und eine Breite von 0,80 m festgelegt. Als zukünftiges Pflegeziel wurde fixiert, dass die Arbeiten zukünftig ohne Leitern oder Gestelle durchgeführt werden sollen.

       14 Durchgewachsene Hecke mit hohem Pflegaufwand © Monika Böhm

       15 Frühjahrsaspekt alternativer Bepflanzungskonzepte im Straßenbegleitgrün © Monika Böhm

       16 Lückenhafte Rosenbepflanzungen im Straßenbegleitgrün bieten Anlass zu Veränderungen. © Monika Böhm

       17 Die Attraktivität ist nach der Sanierung gestiegen, der Aufwand deutlich gesunken. © Monika Böhm

      Die Pflege und Unterhaltung des Straßenbegleitgrüns stellt die Mitarbeiter vieler Städte und Kommunen immer wieder wegen der extremen Standorte und Belastungen vor Herausforderungen. In vielen Städten und Gemeinden werden deshalb seit einigen Jahren ganze Straßenzüge zur Attraktivitätssteigerung und besseren Pflegbarkeit abschnittsweise umgebaut. Mit Erfolg wurde bspw. in Konstanz seit 2009 der Versuch gestartet, eine pflegeleichte Bepflanzung anzusiedeln, die den extremen standörtlichen und klimatischen Bedingungen wie Wanneneffekt, Hitze, Streusalzbelastung und Trockenheit standhält. Vor allem bei Neubauvorhaben sollte neben den wirtschaftlichen Gründen forciert werden, dass die Mitteltrenn- und Seitentrennstreifen nicht der „Einfachheit“ wegen gepflastert, sondern weiterhin begrünt werden. Das Staudensortiment wird von Anfang an je nach Standort in unterschiedlichen Kombinationen in ein 40 cm bis 50 cm starkes Substrat aus ungewaschenem Kies der Körnung Ø 0 – 120 mm gepflanzt und bekommt eine organische Startdüngung. Sämtliche Sortimente wurden in den letzten Jahren auf Tauglichkeit überprüft und entsprechend angepasst. Der Pflegeaufwand ist anfangs etwas aufwendiger (Wässern, Wildkrautbekämpfung). Sobald die Flächen jedoch geschlossen sind, ist eine Reduktion von mindestens 20 % bis 30 % des Aufwandes zur Pflege von „klassischen“ Bepflanzungen festzustellen.

      Ähnliche Erfahrungen hat die Stadt Göttingen gemacht. Während in früheren Zeiten Einsparmaßnahmen durch Reduzierung von Pflegegängen mit entsprechenden negativen Folgeerscheinungen auf den Vegetationsflächen vorgenommen wurden, hat der Fachdienst Grünflächen nach alternativen Möglichkeiten von Kostensenkungen gesucht. Als Ziel wurde deklariert, von den Erfahrungen dieser Maßnahme gesamtstädtisch ein Modell für ein nachhaltiges Grünflächenmanagement zu entwickeln. Im Zuge dessen wurden exemplarische Flächen im Straßenbegleitgrün begutachtet und festgestellt, dass die oft pflegeaufwendigen Stauden-, Bodendecker-, Strauch- und Rosenflächen teils erheblich überaltert waren, und massive Lücken in den Bepflanzungen aufwiesen. Nach Analyse der Bestandsaufnahme wurden, als Orientierungshilfe für zukünftige Bepflanzungen sowie zur Gewährleistung einer möglichst hohen Artenvielfalt insgesamt, zehn unterschiedliche Vegetationstypen für das Straßenbegleitgrün festgelegt. Dieser Katalog dient auch externen Auftragnehmern als Leitfaden für zukünftige Planungen. Aufgrund der durchgeführten Sanierungen konnte der Aufwand im Untersuchungsgebiet um 30 % reduziert werden. Die Amortisationszeiten lagen im Mittel bei vier Jahren.

      Anlässlich der Teilnahme am nationalen und internationalen Wettbewerb „Entente Florale“ in den Jahren 2014 und 2015 begann die Stadt Rheinfelden u. a. Grünanlagen wie den Stadtpark, die Rudolf-Vogel-Anlage (siehe Abbildung 18 und 19), und den Hauptfriedhof zu überarbeiten. Die Bewertung der Jury war äußerst positiv. Auch dank dieser Maßnahmen wurde in beiden Wettbewerben Gold gewonnen.

       „Für die Rudolf-Vogel-Anlage [...] wurde ein Pflegekonzept entwickelt, in dem Ziele und Maßnahmen beschrieben und festgelegt sind. In gleichem Sinne wurde mit dem Stadtpark verfahren, welcher nach fachlich guter Überarbeitung und durch Ergänzung mit vielen standortgeeigneten Pflanzen zu einem neuen Schmuckstück wurde. Die Jury lobt die Vorgehensweise und Hinzuziehung von Fachleuten ausdrücklich. Wichtig ist es, den nun eingeschlagenen Weg konsequent fortzusetzen, alle notwendigen Pflege-, Änderungs- und Ergänzungsmaßnahmen durchzuführen und vor allem für den Erhalt und die dauerhafte Pflege zu sorgen.“ [1]

      Weniger ist oft mehr – Bei der Begutachtung des Grünanlagenbestandes müssen immer folgende Fragen beantwortet werden:

      image Welche Funktion