Anne Neunzig

Staatsjugendorganisationen – Ein Traum der Herrschenden


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Gespräche.“218

      Generell wurde zwischen dem Sport der Jungen und Mädchen unterschieden. Die körperliche Ertüchtigung der Jungen umfasste „Übungen ohne und mit Gerät, wie Leichtathletik […], Spiele, Kampfspiele, Bodenturnen, Freiübungen, Boxen, Schwimmen, Ski- und Eislauf; bei den Mädeln: Gymnastik, Mädeltänze, Spiele […], Kampfspiele, Hindernisturnen, Bodenturnen, Leichtathletik, Schwimmen, Ski- und Eislauf.“219

       Abb. 20: Leichtathletik der HJ

      Während die Zielsetzung der männlichen Jugend in der „Gesundheit, Kraft und körperlichen Leistungsfähigkeit“220 lag, auch um die Voraussetzungen für eine zukünftige Wehrtüchtigkeit zu schaffen, so war es bei den Mädchen die „Gesundheit, Anmut und Schönheit“221 sowie die Förderung der Persönlichkeit und der Charakterstärke. Gerade bei den Mädchen stellte der Sport eine Attraktivität des BDM dar, durften sie doch erstmals an Sport in der Natur teilnehmen und erhielten dazu die Möglichkeit, exklusivere Sportarten auszuprobieren.222

      Die Jungen sollten sich im Sport mit ihren Kameraden messen und dadurch „stärker und vollkommener“223 werden. Der „kämpferische Gedanke“224 war stets vorhanden und zeigte sich auch in der Menge der vielfältigen Wettkämpfe, wie beispielsweise „Bann- und Gebietssportwettkämpfe, Winterkampfspiele, Frühjahrsgeländelauf, Führerzehnkampf“225. Auch paramilitärische Elemente fanden Eingang in den Sportbereich der Jungen.

      Belohnt wurde der sportliche Erfolg mit Leistungsabzeichen, die einen großen Anreiz darstellten, aber auch Leistungsdruck aufbauten. Ab 1934 mussten alle Mitglieder eines Sportvereines in die HJ oder den BDM eintreten. Als am 1. Dezember 1936 das 'Gesetz über die Hitlerjugend' verabschiedet wurde und die RJF die Verantwortung für alle Bereiche des Jugendlebens erhielt, fielen auch die Sportvereine in den Wirkungsbereich der Gesamt-HJ. Außerhalb der Jugendorganisation gab es von nun an keine eigenständigen Sportorganisationen mehr.226

      Innerhalb des 'Dritten Reiches' beauftragte die Reichsjugendführung zwei unterschiedliche Ämter mit der Verantwortung für den Sportbereich. So war das Amt für Leibesübungen für die „gesamten freiwilligen und pflichtmäßigen Leibesübungen außerhalb der Schule“227 zuständig, das Amt für körperliche Ertüchtigung übernahm den Bereich der Wehrerziehung und alle Aufgaben, die auf den „späteren Dienst in der Wehrmacht“228 vorbereiteten. Darunter fiel die Grundschulung, sowie Leibesübungen und die „gesamte sportliche Mobilmachung der Jugend“229 mit ihrer geistigen, körperlichen und charakterlichen Vorbereitung.

       Abb. 21: Lauf der HJ

       Abb. 22: Boxen

      Die Propagandaarbeit innerhalb der Gesamt-HJ war ein unentbehrliches Mittel zur Aufklärung. Das Presse- und Propagandaamt, welches für diese Zwecke eingerichtet wurde, hatte neben besagter Aufklärung das Ziel, die weltanschauliche Schulung zu unterstützen sowie die „Werbung der Hitler-Jugend auf allen Gebieten durchzuführen.“230

       Zeitschriften und Veröffentlichungen

      

      Ab 1933 entwickelte die Gesamt-HJ eine Monopolstellung für Zeitschriften und Bücher aus dem Kinder- und Jugendbereich, da außerhalb dieser Verlage keine Publikationen mehr veröffentlich werden durften. Es entstand ein umfangreiches Zeitungs- und Zeitschriftenwesen, das monatlich Zeitschriften für die einzelnen Sektionen herausgab. Die Jungen erhielten die Zeitschrift 'Hitlerjugend', später umbenannt in 'Junge Welt', die Zeitschrift 'Das Deutsche Mädel' richtete sich an die Mädchen aus dem BDM. Darüber hinaus gab es Monatsschriften für das Jungvolk ('Der Pimpf') und die Jungmädel ('Jungmädel').231 Bei der Zeitschrift 'Wille und Macht' handelte es sich um das „Monatsheft für die Führerschaft, zugleich das geistig anspruchsvollste Organ der HJ.“232 Hinzu kamen weitere sachgebundene Magazine, u. a. für die Landjugend und die Sozialarbeit der Gesamt-HJ.

      Das Presse- und Propagandaamt veröffentlichte dazu periodisch „Kalender[…], Schulungsmaterialien, erzählende[s] Schrifttum, Ausbildungsschriften u. ä.; die Schülerzeitschriften und die Jugendbeilagen und Jugendbeiträge der Tageszeitungen“233.

       Film

      Wie die Zeitschriften und Bücher unterstand die Filmarbeit dem Presse- und Propagandaamt, wenn es sich dabei um Werbefilme, oder auch „Dokumentationen über den HJ-Dienst“ handelte. Der Film, vorwiegend in Kinos gezeigt, spielte aus propagandistischer Sicht eine große Rolle, „denn er kann den jungen Menschen packen und begeistern, er ist ein hervorragendes Aufklärungs- und Schulungsmittel, er kann Vorbild und erhebende Schau bedeuten.“234

      Bekannte Propagandafilme dieser Zeit waren der BDM-Film 'Glaube und Schönheit' sowie die Reportage 'Der Marsch zum Führer'. Darüber hinaus gab es weitere Filme, die den Dienstbetrieb, oder auch die Sondereinheiten der HJ dokumentierten. Gelegentlich inszenierte die Gesamt-HJ auch politisch motivierte Spielfilme, welche „zeitnah Themen darstellen“235 sollten, ohne sich auf Motive aus der Vergangenheit zu konzentrieren. Zu den stark ideologisierten Filmen gehörte beispielsweise der Film 'Hitlerjunge Quex', welcher die Kampfzeit der HJ verherrlichte.236 Die Staatsjugendorganisation selbst entwickelte ein eigenes Prädikat, um die Filme zu beurteilen. Das Prädikat 'Jugendwert' stand für einen ideologisch wertvollen Film.

      Doch wurde die Produktion von speziellen Jugendfilmen aus vermutlichen machtpolitischen Kontroversen zwischen Joseph Goebbels (1897 - 1945) und Baldur von Schirach recht niedrig gehalten. In einer Sonderausgabe von 'Junges Deutschland', 1944, von der NSDAP unter 'Jugend und Film' veröffentlicht, steht: „In 15 Jahren kamen in Deutschland nur 12 Spielfilme für die Jugend heraus!“237:

      'Reifende Jugend', 1933,

      'Hitlerjunge Quex', 1933,

      'General Stift und seine Bande', zweiteilig, 1937,

      'Drops wird Flieger', 1938,

      'Kopf hoch, Johannes', 1941,

      'Jakko“, 1941,

      „Kadetten', 1939, (aufgeführt 1941),

      'Himmelhunde', 1942,

      'Hände hoch', 1942,

      'Junge Adler', 1944.238

      Gegebenenfalls kann der immer noch im TV zu sehende gekonnt aufbereitete Film mit Heinz Rühmann 'Quax, der Bruchpilot', 1941 als Film für die Jugend gewertet werden.

      Darüber hinaus wurden in den meisten Einheiten der HJ und des BDM Bildgeräte eingeführt, um mit Hilfe von Bildern, Vorträge zu veranschaulichen.239

       Abb. 23: Filmplakat Hitlerjunge Quex

       Rundfunk

      Der Rundfunk stellte ebenfalls ein wirkungsvolles Medium zur Massenbeeinflussung dar. Bisher war ein Radio nahezu unerschwinglich. Im August 1933 wurde auf der 10. Funkausstellung in Berlin der Volksempfänger VE 301 vorgestellt, wobei die Typennummer auf den 30. Januar, dem Tag der Machtergreifung hinwies. Statt bisher 300 und mehr Reichsmark, kostete dieses Radio nur 76 Reichsmark, die auch in Monatsraten abbezahlt werden konnten.240 Besondere Bedeutung fand das Radio für die „einheitliche[…] Ausrichtung der Jugenderziehung und Jugendarbeit“241. Es gab eine Reihe an HJ- und BDM-Sendungen die wöchentlich ausgestrahlt und darüber hinaus von Mitgliedern der Staatsjugendorganisation mit gestaltet wurden. Dazu zählte beispielsweise die 'Stunde der jungen Nation' oder auch 'Rundfunk-Morgenfeiern der HJ'.