während der wöchentlichen Heimabende werden. Das Konzept der Massenbeeinflussung ging jedoch nicht wie geplant auf, da nicht jedes HJ- und BDM-Heim über ein Radiogerät verfügte, darüber hinaus der Empfang besonders in ländlichen Gegenden schlecht war.
Neben diesen Programmen wurden auch Hörspiele, Instrumentalmusik und dichterische Lesungen gesendet sowie Vorträge und Reportagen im Dienste der HJ-Propaganda.242
Für die Mädchen gab es spezielle 'Mädelstunden'. Diese umfassten beispielsweise „Bücher- und Werkstunden, die Sport- und Landmädelsendungen, […] [und] die monatliche Singstunde“243.
Hinter der Ausstrahlung dieses breit gefächerten Repertoires stand letztendlich auch der Versuch, Jugendliche zu erreichen, die noch nicht in die HJ oder den BDM eingetreten waren. Letzteres zählte auch zu den Zielsetzungen jener Sendungen, die über die Grenzen des 'Dritten Reiches' ausgestrahlt wurden, wie beispielsweise die Weltringsendung 'Jugend singt über die Grenzen'.244 Die Radiosendungen wurden zugleich genutzt, um bei Massenveranstaltungen möglichst viele Jungen und Mädchen gleichzeitig mit einem Thema vertraut werden zu lassen.
Neben den oben genannten Programmen unterstand auch der Schulfunk der Reichsjugendführung.245
Der Redner im Dienste der Aufklärung
Damit die Ideen und Vorstellungen der NSDAP enthusiastisch an das Volk vermittelt werden konnten, wurden rhetorisch versierte Redner gebraucht. Zu diesem Zweck wählte man die talentiertesten Nachwuchsredner aus den Reihen der HJ aus und gewährte ihnen eine umfassende Ausbildung. Jene verlangte „ein gründliches politisches Allgemeinwissen, eine umfassende Kenntnis des nationalen Schrifttums, eine stetige Unterrichtung durch Presse und Rundfunk und die strengste Arbeit an sich selbst.“246 Die Jugendlichen sollten in die Lage versetzt werden, eine Rede nach rhetorischen Grundsätzen zu halten, wozu gestische und mimische Fertigkeiten eintrainiert wurden. Ihre Stimmen sollten, orientiert an Hitler und Goebbels, einen suggestiven Charakter annehmen, um die Zuhörer damit emotional zu ergreifen. Speziell das 'rollende R' aus dem Sprachduktus ihrer Vorbilder wurde geübt und prägnanter Bestandteil einer jeden Rede. Der überhöhte Ton jener Stimmen wirkte bis in den Rundfunk und den Alltag nach dem 'Dritten Reich' hinein. Die derart geschulten Jugendlichen fanden ihre Aufgabenbereiche als „Bannredner, Gebietsredner und Reichsfachredner“247.
„Zu jedem wichtigen politischen Ereignis gab das Propagandaministerium 'Sprachregelungen' für die Berichterstattung heraus.“248
5.10 Sonder- und kriegsunterstützende Dienste in der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädchen
Zumeist volkswirtschaftlich und politisch begründet, nahmen die Mitglieder von HJ und BDM regelmäßig an Sonderdiensten teil. So sammelten sie Spenden für das Winterhilfswerk (WHW) und die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV), jeweils orientiert an dem momentanen Bedarf, d. h. den aktuellen, politischen und wirtschaftlichen Bedürfnissen des Reiches. Hierbei handelte es sich vorwiegend um Materialien wie Flaschen, Altpapier, Altmetallen, Knochen, aber auch um Geld. Die gesammelten Materialien, sogenannte Sekundärrohstoffe, sollten den Mangel an fehlenden Primärrohstoffen ausgleichen.
Darüber hinaus wurde nach 1939 versucht, die durch den Krieg bedingten Ernährungsengpässe auszugleichen.249 Um die Nahrungsknappheit zu kompensieren, sammelten die Mädchen und Jungen Beeren, Pilze, Obst, Bucheckern, Eicheln, Lindenblüten und Kräuter.
Selbst die finanzielle Situation der Staatsjugendorganisation wurde durch derartige Sammelaktionen verbessert und in einigen Teilen des 'Dritten Reiches' konnte der regelmäßige Organisationsbetrieb nur so aufrechterhalten werden.
Halb spöttisch-ironisch, doch auch zur Selbstaufmunterung, sangen damals die Jugendlichen folgendes Lied: 'Lumpen, Flaschen, Eisen und Papier – ausgehaune Zähne sammeln wir', welches forsch und im Stakkato vorgetragen wurde.250
Die Arbeits- und Ernteeinsätze, anfangs oft auf freiwilliger Basis der HJ- und BDM-Mitglieder durchgeführt, wurden während der Kriegsjahre zur Pflichtveranstaltung, auch bedingt durch den Verlust an männlichen Arbeitskräften.
Diese Entwicklung kennzeichnete die gesamte Jugendarbeit der Gesamt-HJ, deren geregelter Dienst nun nicht mehr aus Heimabend und Sportveranstaltungen, sondern oft nur noch aus kriegsbedingten Hilfsaktionen bestand. Die zuvor propagierte geschlechtsspezifische Erziehung in der Staatsjugendorganisation, mit getrennten Erziehungszielen und –methoden wurde während des Krieges aufgehoben. Gebraucht wurde jede Arbeitskraft, unabhängig vom Geschlecht.
Der BDM beteiligte sich während der Kriegsjahre verstärkt in der „Soldatenbetreuung (z. B. Lazarettbesuche, Feldpostbriefe schreiben, Strümpfe stopfen) und [in der] […] BDM-Nachbarschaftshilfe […] für Kinderreiche, Alte und Soldatenfrauen.“251 Hier sammelten die Mädchen Kleider für bedürftige Personen, bastelten Spielzeug für Kinder mittelloser Familien, halfen bei der Betreuung von Kleinkindern oder der Versorgung verletzter Personen.
In späteren Jahren, als der Verlust vieler Männer bereits deutlich spürbar wurde, nahmen die Mädchen auch gezielt und aktiv am Kriegsgeschehen teil. Sie wurden an Flakgeschützen eingesetzt und zu „Luftwaffenhelferinnen im Nachrichtendienst, Flugmeldedienst, im Luftwarndienst, im Wetter-, Büro- und Sanitätsdienst“252 ausgebildet.
Die sogenannten BDM-Gesundheitsmädel, welche im Krieg durch das 'Deutsche Rote Kreuz' ausgebildet wurden, erhielten Aufgaben in Krankenhäusern, Flüchtlingslagern und Lazaretten, darunter auch solche in Frontnähe. Insgesamt wurden während des Krieges ca. 35.000 BDM-Mädchen in diesen Bereichen ausgebildet und eingesetzt.253
Zudem wurden die BDM-Mädchen auch am 'Osteinsatz' beteiligt und übernahmen im Rahmen dieses Einsatzes sogar Posten und Hilfsaufgaben bei der Polizei oder der Post.254
Ein weiteres Aufgabengebiet von HJ und BDM in Kriegszeiten lag in der Kinderlandverschickung (KLV). Im Rahmen dieser Aktion wurden Kinder aus besonders kriegsbedrohten und -zerstörten Gebieten im gesamten Klassenverband in weniger gefährdete Regionen umgesiedelt. Da die gesamte Organisation und Durchführung bei der Staatsjugendorganisation lag, besaß sie zudem die vollständige Entscheidungsgewalt und Kontrolle hinsichtlich politisch-ideologischer Ausrichtung der Lager.
Die Jungen der HJ fanden ihren Einsatz in Bereichen der „Polizei, Feuerwehr- und Streudienste“255, so unter anderen als „Melder nach Bombenangriffen“256.
Darüber hinaus übernahmen sie „Urlaubsvertretungen bei den Kommunen, Post- und Bahndienst sowie Verpflegungsausgabe und Austragen von Gestellungsbefehlen für die Wehrmacht“257.
Die Sonderdienste der HJ weiteten sich vorwiegend in den letzten Kriegsjahren bis hin zum Frontdienst aus. Ca. 16.000 Hitlerjungen wurden im Jahr 1943 davon überzeugt oder überredet, sich der '12. Panzerdivision Hitler-Jugend' zur Verfügung zu stellen, welche 1944 größtenteils an der Küste der Normandie gegen die eintreffenden Alliierten kämpfte. Viele bezahlten diesen erfolglosen, erbarmungslosen Kampf mit dem Leben.258
5.11 Bundestracht/Uniformierung und Symbolik
Die Bundestracht, als äußerliches Erkennungszeichen der Zugehörigkeit zur Staatsjugendorganisation, war für Jungen und Mädchen Pflicht. Die Uniform der Mädchen bestand aus einer „kurzärmeligen weißen Bluse, blauem Rock, Halstuch und Lederknoten, im Winter ergänzt durch die braune BDM-Weste“259. Die Jungen trugen eine Hemdbluse, Halstuch mit Lederring, Kniestrümpfe und eine Cordhose. Im Sommer wurde darüber hinaus eine Sommermütze getragen.260 Die Uniform spiegelte die Gleichschaltung der Jugend wider und nahm ihnen weitgehend ihre äußerliche Individualität. „Durch eine gleiche und einheitliche Kleidung entwickelt sich eben ein Gruppenbild, und aus diesem äußeren Gruppenbild könnten wir dann schon schließen auf den Gehalt und das Wesen dieser Gruppe.“261 Die Uniform hob zugleich sichtbare Klassenunterschiede auf und förderte dadurch das Selbstwertgefühl und die Disziplin. Die sozialen Unterschiede wurden durch eine innerorganisatorische Hierarchisierung ausgetauscht, welche durch Fleiß und vorbildliches Benehmen im Sinne des Nationalsozialismus von jedem Mitglied erreicht werden konnte. So formulierte Schirach folgendermaßen: