der Kleidung hatten die Mädchen und Jungen eine festgelegte Frisur zu tragen, und es war ihnen nicht erlaubt, Schmuck anzulegen. „Kein winziges Zeichen einer eigenständigen Ausdrucksform“263 war erlaubt. Auch hier wird wieder erkennbar, dass die Gemeinschaft im Vordergrund stand und sich keiner von ihr absetzen durfte.
Während im BDM die verschiedenen Dienstgrade anhand von Schulterriemen sichtbar gemacht wurden, zeigte sich dies in der HJ durch unterschiedliche Abzeichen.
Abb. 24: Hitlerjunge
Abb. 25: BDM-Mädchen
Die Fahnen
Die Fahnen der HJ und des BDM spielten eine wichtige symbolische Rolle. Zu fast jeder Gelegenheit kamen sie im HJ- und BDM-Dienst zum Einsatz, sei es beim morgendlichen Fahnenappell, bei Feiern und Festivitäten oder bei großen Aufmärschen. Stets wurden die Fahnen voran getragen, wie es im Refrain des Liedes 'Vorwärts, vorwärts'264 besungen wird: „Unsere Fahne flattert uns voran“. Beim Eintritt in die Organisation der Gesamt-Hitlerjugend mussten die jungen Mädchen und Jungen einen Eid auf die Fahne schwören. Dies lässt darauf schließen, dass der Fahnenkult im Nationalsozialismus durchaus eine religionsähnliche Funktion besaß, für den auch in den Tod gegangen werden sollte, so erneut erkennbar in der letzten Zeile des Refrains des bereits erwähnten Liedes, in der es heißt: „ja die Fahne ist mehr als der Tod“.
Die Flagge der HJ, ähnlich der der NSDAP, war rot-weiß-rot gestreift und zeigte im Zentrum ein schwarzes Hakenkreuz in einem weißen Kreis. Die Fahne des BDM zeigte einen roten sowie einen weißen Längsstreifen. Auch hier befand sich das schwarze Hakenkreuz mittig auf einem weißen Kreis.
Abb. 26: Fahnenappell
Abb. 27: Propagandafoto zum „Adolf-Hitler-Marsch“ mit Fahnen
Abb. 28: Lied: Feindwärts knattert die Fahne
Hitler selbst beschrieb in seinem Buch 'Mein Kampf' die Beziehung der Menschen zu ihrer Fahne folgendermaßen: „Im Rot sehen wir den sozialen Gedanken der Bewegung, im Weiß den nationalsozialistischen, im Hakenkreuz die Mission des Kampfes für den Sieg des arischen Menschen und zugleich mit ihm auch den Sieg des Gedankens der schaffenden Arbeit, die selbst ewig antisemitisch war und antisemitisch sein wird“265.
Das Fahnensymbol fand sich auch auf den Armbinden, den Wimpeln und auf den Instrumenten der Hitlerjungen und BDM-Mädchen wieder. Das allseits vorhandene Hakenkreuz symbolisierte die nationalsozialistische Weltanschauung. Nach Alfred Rosenberg (1893 - 1946) geht das Hakenkreuz auf das germanische Symbol des Kampfes zurück, Werte und Bräuche der eigenen Kultur reflektierend. Mit dem Hakenkreuz sollten die Menschen „Lebensraum, nationale Freiheit, soziale Gerechtigkeit, Rassereinheit und lebenserneuernde Fruchtbarkeit assoziieren“266.
Dass das Hakenkreuz, die Swastika, auf vorgermanische Quellen zurückzuführen ist, jüngste Ausgrabungen sogar auf den semitischen Raum hinweisen, wurde im Nationalsozialismus teils verschwiegen, um sich ein schlüssiges NS-Gedankengebilde errichten zu können bzw. war das den NS-Ideologen womöglich nicht bekannt.
Begrüßungsritual der Gesamt-HJ
Wie im gesamten 'Dritten Reich' üblich und verpflichtend, grüßten sich die Jugendlichen in der HJ und im BDM mit dem Hitlergruß. Dabei wurde der rechte Arm leicht nach oben ausgestreckt und nach vorn gerichtet, die Finger dabei nebeneinander geschlossen. Dazu wurden die Worte 'Heil Hitler' rezitiert. Die Bedeutung der Geste wurde wohl von Benito Mussolini (1883 - 1945) übernommen, der sich wiederum an dem römischen Gruß 'Ave Caesar' aus der Zeit des römischen Reiches orientierte.
Dem Wort 'Heil' können verschiedene Bedeutungen zugesprochen werden. So galt zum einen in Österreich, Hitlers Geburtsland, das Wort 'Heil' als Begrüßungsformel.
Zum anderen jedoch kann es auch auf religiösen biblischen Charakter zurückgeführt werden, bei dem Hitler mit dem Heiland Jesus Christus gleichgesetzt werden sollte. Das 'Heil' symbolisierte so den Wunsch, Hitler möge Kraft und Glück beschert werden und solches als Heilsbringer senden. Der eschatologische Charakter der NS-Symbolik ist bei näherer Untersuchung immens aufschlussreich.
Bei Verweigerung des Grußes konnte es zu schweren Sanktionen und Bestrafungen kommen.
Trotzdem kursierten Berichte, dass beim obligaten Hitlergruß die Finger der linken Hand hinter dem Rücken verknotet wurden, ein altbekannter Abwehrzauber, der den Eid ungültig werden ließ bzw. dass statt 'Heil Hitler' ähnlich klingender Nonsens wie 'Drei Liter' gebrummt wurde.267
5.12 Die Leitung der Jugendgruppen durch die HJ- und BDM-Führer/innen
Die Reichsjugendführung versuchte auf vielfältige Art und Weise, die Jugend für sich zu gewinnen, um mit ihr die angestrebte neue Gesellschaftsform und einen neuen Typus Mensch zu erschaffen. Ausschlaggebend war dabei der Gedanke, dass einerseits insbesondere die Jugend als Generation im Verlauf der Geschichte oft „Raum für eine Hoffnung auf gesellschaftliche Erneuerung“268 bot, andererseits sich gerade die Jugendphase durch einen kritischen Umgang mit der Gesellschaft auszeichnete. Infolge dessen werteten die Machthaber des NS die Generation der Jugend stark auf. Die Leitung der einzelnen HJ- und BDM-Jugendgruppen wurde durch das Prinzip „Jugend muss von Jugend geführt werden“269 gestaltet. die Führung sollte nicht Vertretern der älteren Generation überlassen werden, die noch in einer früheren Zeit mit einem anderen Gesellschaftssystem aufgewachsen waren und deren Denken und Verhalten anderweitige Prägung erfahren hatte. Auch gingen sie davon aus, dass sich die Jugendlichen eher der Kritik gleichaltriger Vorgesetzter als der Kritik Erwachsener beugen würden.270 Somit vermittelte die RJF den jugendlichen Führern Vertrauen in deren Vorstellungs- und Handlungskompetenzen. Dabei ging es jedoch nicht um die Erlangung einer unabhängigen Individualität der Jugendführer. Jene erhielten in ihrer Funktion nur Freiraum und Anerkennung, wenn sie ihr Tun gänzlich den Bedürfnissen und Anforderungen des nationalsozialistischen Staates unterordneten.271 Ihre Aufgabe lag wiederum darin, durch unbegrenztes Vertrauen und Suggestion272 in den ihnen anvertrauten Jungen und Mädchen Fähigkeiten wie Ehrgeiz, Verantwortungsbewusstsein und Selbstvertrauen hervorzurufen und zu fördern. Dabei stellte die „Bindung der Gefolgschaft an die Führerin“273 oder den Führer ein wesentliches Element dar, bei dem es nicht um ein inniges Freundschaftsverhältnis ging. Vielmehr sollten diese Bindungen gezielt dazu genutzt werden, ein bestimmtes Ziel zu erreichen bzw. „Kontrolle und Macht über die Jugend“274 zu erlangen.
Das Alter der Jugendführer spielte dabei eine nebensächliche Rolle, da Alter nach der geistigen Befähigung und nicht nach den Jahren bemessen wurde.275 Die Führer waren oft nicht wesentlich älter als ihre Kameraden. Gerade in den jüngeren Jahrgängen lagen nur zwei oder drei Jahre zwischen Führer und Gefolgschaft. In einer Gruppe von Jugendlichen offenbarte sich nach Schirachs Ansicht von allein, wer die Qualitäten zur Führung besitzt. Die anderen Mitglieder der Gruppe würden dem Auserwählten „von selbst die nötige Achtung zollen und seine Autorität anerkennen.“276 Diese jugendlichen Führer hatten sich bereits durch bestimmte Charaktereigenschaften gegenüber den Gleichaltrigen ausgezeichnet: „Autoritätsgläubigkeit nach oben, fähig, Autorität nach unten zu vermitteln, jung, durch moralisch und politisch vorbildhaftes Verhalten ihre Gruppe im NS-Sinne zu formen.“277 Darüber hinaus sollten sie eine „körperliche Gesundheit und Leistungsfähigkeit, charakterliche Veranlagung, geistige und seelische Frische und entwicklungsfähige