Lili B. Wilms

Luft an Land


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Tonic.«

      Izaak sah ihm nach, als er sich ganz nach vorne an die langgezogene Bar schob und ihre Bestellung aufgab.

      Neben ihm seufzte Tobi. »Na los, Nadine, wir gehen ein bisschen das Tanzbein schütteln. Ich kann mir dieses Gebalze nicht mitansehen.«

      »Was redest du?«, fragte ihn Izaak überrascht. »Wir haben bisher nur geredet.«

      »Schätzchen, wenn du denkst, es fällt niemanden auf, wie du ihn mit den Augen ausziehst – und er dich – dann täuschst du dich gewaltig.« Er deutete an, sich Luft mit der Handfläche zuzuwedeln. »Die sexuelle Spannung zwischen euch ist so gewaltig, dass ich Angst habe, in Flammen aufzugehen, wenn ich dazwischenkomme.«

      Nadine gab einen grunzartigen Laut von sich, den man von einem derart zierlichen, kleinen Persönchen nicht erwarten würde, und schüttelte den Kopf. »Zum Glück bist du nicht dramatisch.«

      Mit einer Hand winkend zog Tobi Nadine auf die Tanzfläche. Izaak setzte sich auf den von Nadine verlassenen Barhocker und sah zu Fabian, der nur wenige Meter von ihm entfernt stand. Mittlerweile hatte er zwei Gläser in der Hand. Das mit dem durchsichtigen Inhalt war für Izaak, das mit Cola offenbar für Fabian selbst.

      »Wo sind die anderen zwei hin?«

      Izaak deutete auf die Tanzfläche, auf der Tobi und Nadine alle Blicke auf sich zogen. Fabian lächelte und schob Izaaks Gin Tonic zu ihm die Bar entlang. Izaak musterte ihn dabei, wie er mit der konzentrierten Miene, die er seit Wochen beobachtete, auch diese kleine Tätigkeit vornahm. Wo war der lachende, strahlende Mann von gerade eben hin?

      »Bist du mit jemandem hier?«

      Irritiert sah Fabian auf. Er zog die Augenbrauen zusammen und sein Mund öffnete sich leicht, wobei sich gleichzeitig seine Lippen kräuselten. »Was?«

      Izaak biss sich auf die Unterlippe und verfluchte sich innerlich. Um seine Reaktion zu überspielen, nahm er einen Schluck aus seinem Glas. Wieso hatte er überhaupt gefragt? »Du, ähm, hast mit deinem Freund vorhin geredet.« Und gelacht, dachte Izaak. Du hast gelacht und dein Gesicht hatte Lachfältchen um die Lippen und die Augen. Warum bist du jetzt so angespannt? Das alles verkniff er sich aber. Stattdessen sah er zu, wie sich Fabians Gesichtsmuskeln entspannten.

      »Das ist ein Kollege. Er … braucht mich nicht. Der kommt schon allein zurecht.«

      »Was …«

      Doch Izaak hatte keine Gelegenheit, eine Frage zu stellen. Fabian deutete mit seinem Kinn zur Tanzfläche. »Magst du?«

      Dankbar nickte Izaak. Während Fabian sein Getränk in einem großen Schluck leerte, nippte Izaak noch mal an seinem. Er wollte den ganzen Alkohol nicht auf die Schnelle in sich kippen und schob schließlich die Gläser an den Thekenrand, damit die Barkeeper sie leicht abräumen konnten.

      Er ergriff die ausgestreckte Hand und gemeinsam gingen sie auf die Tanzfläche. Die Musik war treibend und der Bass durchdringend. Sofort begannen sie, sich im Rhythmus zu bewegen. Als sie auseinanderdrifteten, war Izaak versucht, sofort wieder nach Fabians Fingern zu greifen. Um nicht anhänglich zu wirken, zwang er sich, seine Arme bei sich zu halten. In kleinen Schritten tanzten sie aufeinander zu und wieder voneinander weg. Mit jeder Bewegung im Takt der Musik streiften sich ihre Arme leicht und trennten sich wieder, um sich im nächsten Moment erneut näher zu kommen.

      Izaak beobachtete den Oberkörper seines Tanzpartners, wie dieser sich auf ihn zubewegte. Langsam sah er auf in Fabians Augen, die ihn zu fixieren schienen. Während der nächsten Bewegung zueinander, hob Izaak seine Hände und fuhr über die ihm sich nähernden Oberarme. Seine Finger verfingen sich an den umgenähten Ärmeln, die sich über den Bizeps spannten. Die definierten Muskeln unter seinen Fingern bewegten und spannten sich mit jedem Schritt.

      Er war so konzentriert auf die Hautberührung, dass er leicht zusammenzuckte, als er Fabians Hände an seinen Hüften fühlte. Dessen Augen blitzten auf und er bewegte sich noch näher auf Izaak zu.

      Izaak spürte warmen Atem an seiner Wange. »Ich will dir nicht zu nahe treten. Du bist interessiert?«

      Ein Nicken war alles, was Izaak zu Stande brachte. Fabian konnte ihm durchaus noch näher sein. Jedoch machte dieser genau das Gegenteil. Er trat einen Schritt zurück und musterte prüfend Izaaks Gesicht. Dieser versuchte, durch seinen Ausdruck klarzumachen, dass er völlig mit allem hier einverstanden war. Als sein Gegenüber anscheinend zufrieden war mit dem, was er sah, nickte er und sprach wieder in Izaaks Ohr: »Ich wollte nichts in das, was heute im Studio war, hineininterpretieren.«

      Izaak ließ mit einem Ächzen seinen Kopf kurz auf Fabians Brust sinken. Dieser schlang sofort einen Arm um seinen Rücken und zog ihn näher zu sich.

      »Das war nun wirklich kein Glanzmoment meinerseits – oder der meiner Freunde.« Über die laute Musik konnte Izaak die Antwort kaum hören. In jedem Fall vernahm er ein tiefes Lachen. Ahhh. Er hatte ihn zum Lachen gebracht. Wie gern hätte er sein Gesicht dabei gesehen. Doch seinen eigenen Kopf gegen Fabians Brustkorb zu lehnen, hatte auch einen ganz eigenen Reiz, den er ebenso wenig missen wollte.

      Mittlerweile waren sie komplett aus dem Takt der schnellen Beats und bewegten sich in ihrem eigenen Tempo, das ganz anderen Regeln als der Metrik der Musik folgte. Wichtiger war es für Izaak, die Nähe zwischen ihnen aufrecht zu erhalten und zu fühlen. Er schickte seine Hände über den Mann in seinen Armen und strich sanft über die Muskelstränge, die die Wirbelsäule wie einen Fluss einbetteten. Hinauf zu den Schultern, um sie schließlich der V-Form die Seiten entlang zu streifen. Am unteren Rücken ließ er sie zur Ruhe kommen.

      Fabians raue Fingerspitzen in Izaaks eigenem Nacken fühlten sich himmlisch an – wie sie über den Haaransatz in seine Strähnen fuhren. Izaak reckte seinen Kopf ganz leicht nach hinten in die Berührung. Der stärkere Druck über seine Kopfhaut fühlte sich wie eine tiefe liebkosende Verbindung an.

      Izaaks Stöhnen wurde in den Kokon der Musik um sie herum aufgenommen, doch er nahm seine eigenen Vibrationen aus seiner Kehle wahr. Wie Wellen schienen die Schwingungen aus seinem Hals zwischen ihren Körpern hin und her zu wandern. Gleich dem gegenseitigen Ertasten und Erkunden des anderen. Dass er mittlerweile hart war, konnte Fabian, der seinen Oberschenkel zwischen Izaaks Beinen platziert hatte, nicht entgangen sein.

      Die streichelnde Hand an seinem Hinterkopf griff Izaak und zog ihn vorsichtig aus der Umarmung. Jeglicher Protest, der sich in ihm aufbäumte, verstummte unter Fabians weichen Lippen. Fast zaghaft erwiderte Izaak diese Zärtlichkeit mit sanftem Druck. Sein wild flatterndes Herz brachte für einen Moment seinen Atem zum Stocken. Mit jedem Nippen bemerkte er, wie sich seine Finger weiter in Fabians Shirt vergruben, und er zog ihn damit noch enger an sich. Offensichtlich unbeirrt davon, blieb Fabian dabei, kurze, trockene Küsschen auf Izaaks Lippen zu setzen.

      Küsschen, die ein Verlangen in Izaak hervorriefen, das sich wie elektrische Spannung von seinem Kopf bis zu seinen Füßen ausbreitete. Gierig und sorgsam zugleich ließ er seine Zunge zwischen den Lippen hervorblitzen, sodass er Fabians Oberlippe antippte. Dieser hielt einen Augenblick inne, bevor er seinen Mund öffnete.

      Diesmal zögerte Izaak nicht, als er seine Zunge zwischen Fabians Lippen gleiten ließ. Dort wurde er bereits erwartet. Im selben Moment fühlte er wieder diese zärtliche Hand an seinem Hinterkopf. Diesmal so, als wollte deren Besitzer sicherstellen, dass ihre Münder genau in der Position verblieben, in der sie waren. Aufeinander. Ineinander. Miteinander.

      Plötzlich unterbrach Fabian den Kuss und sah ihn intensiv an. Sein Mund bewegte sich, doch Izaak verstand zunächst gar nicht, was er sagte. Als er sich ihm entgegenbeugte, wiederholte Fabian es in sein Ohr. »Wollen wir das woandershin verlegen?«

      »Ja«, hauchte Izaak atemlos und nickte. Gleichzeitig rasten seine Gedanken. Er war immer noch nicht der Typ für Gelegenheitssex. Es fiel ihm schwer, sich fallen zu lassen und dummerweise kamen ihm oft seine Gefühle in den Weg. Aber das war es doch hier nicht. Er kannte Fabian kaum und lief nicht Gefahr, zu viel in die Situation hineinzuinterpretieren.

      Sein Puls pochte wie verrückt an seinem Hals, seine Erektion drückte nahezu schmerzhaft gegen den Reißverschluss seiner Hose. Er