um sich besser den von der Aufklärung geprägten aktuellen weltanschaulichen Denkvoraussetzungen stellen zu können – auch im Blick auf die jüngsten Formen des Atheismus.
Im Gefolge der Aufklärung kam es neben den jeweiligen konfessionellen trinitätstheologischen Einseitigkeiten vielfach zur Vernachlässigung der Trinitätslehre, woraufhin aber im 19. und 20. Jahrhundert in allen großen konfessionellen Strömungen eine Besinnung auf die altkirchliche Trinitätslehre erfolgte, die anhand „protestantischer, römisch-katholischer und orthodoxer Konzeptionen“ aufgezeigt wird – bis hin zu den aktuellen theologischen Entwürfen (VII. Kap.) Auch dieses Kapitel soll dazu beitragen, einen inhaltlich konsistenten Überblick über die Theologiegeschichte zu gewährleisten und so eine eigenständige Auseinandersetzung und Einordnung zu ermöglichen.
Auf dieser Grundlage lässt sich eine nachvollziehbare materiale Darlegung des trinitarischen „Wesens Gottes“ und seiner „Eigenschaften“ ausführen, die darauf beruht, dass der dreieinige Gott in der Heilsgeschichte seinem innertrinitarischen Wesen gemäß „handelt“ bzw. „wirkt“26 und sich so in seinem Wesen erschließt. Es wird ersichtlich, wie der dreieinige Gott als die vollkommene Gemeinschaft der Liebe zu verstehen ist und welche Implikationen sich daraus für die Beziehung zwischen Gott, Welt und Mensch ergeben (VIII. Kap.).
Diese Einsichten lassen den dreieinigen Gott als Lebenshorizont des Menschen und der Welt transparent werden (IX. Kap.). Im Zusammenspiel von „verborgener und offenbarer Anwesenheit“ erweist sich der dreieinige Gott als offenbares Geheimnis, das die Antwort auf das Geheimnis von Mensch und Welt verkörpert und als das Heilsmysterium in Erscheinung tritt. Es kommt zum Vorschein, wie der „Mensch als Ebenbild des dreieinigen Gottes“ zu verstehen ist und was das für den „Sinn des Lebens und der Geschichte“ bedeutet.
Damit erschließt sich auch die Bedeutung der drei Artikel des Glaubensbekenntnisses, die das Zusammenwirken von Vater, Sohn und Heiligem Geist als Schöpfer, Erlöser und Vollender aufzeigen und damit den Inhalt christlicher Dogmatik und Theologie vorgeben (X. Kap.). So werden in diesem Kapitel automatisch die zentralen Traktate der Dogmatik im Kontext der Gotteslehre verhandelt und in ihrer aktuellen Bedeutung erörtert. Das betrifft im Blick auf „Gottes erschaffendes, erhaltendes und lenkendes Wirken“ zum Beispiel das „Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaft“, wobei die im Ersten Artikel gegebene Zuordnung des schöpferischen Wirkens zum Vater dessen Zusammenwirken mit Sohn und Geist impliziert. Hinsichtlich des Zweiten Artikels wird deutlich, auf welche Weise sich die Christologie erst im trinitarischen Zusammenhang erschließt. Es tritt hervor, wie in Jesus Christus „wahre Gottes- und Menschenerkenntnis sowie Heilserkenntnis“ gegeben sind und was die „Kreuzestheologie im Licht der Auferstehung“ in ihrer Tiefe bedeutet – auch für die immer wieder gestellte „Theodizee-Frage“ nach der Vereinbarkeit von Leid und Bösem mit der Liebe des allmächtigen Gottes. In Verbindung mit diesen Ausführungen lassen sich auch die „Rechtfertigung des Sünders“ und das Verhältnis von „Sünde und Freiheit“ sowie von „Glaube und Prädestination“ aufzeigen. Danach kommen vor dem Hintergrund des Verhältnisses von trinitarischem Gott und Mensch die Grundlagen der „Ethik bzw. der christlichen Weltverantwortung“ zur Sprache. Durch die Verankerung der Kirche im Dritten Artikel wird anschließend das unmittelbare Verhältnis von „Gottes- und Kirchenverständnis“ thematisiert. Denn im Dritten Artikel gehen die Erlösung durch Jesus Christus und ihre Vergegenwärtigung durch den Heiligen Geist im Kontext des Schöpfungswerkes des Vaters ineinander über und bilden so die Grundlage der Gemeinschaft der Glaubenden. Dabei geht es auch um die Vollendung des Heilswerkes und somit um den „eschatologischen Horizont von Mensch und Kosmos“, was unter anderem das Spannungsverhältnis von „Tod und ewigem Leben“ betrifft.
Im Anschluss an den Dritten Artikel wird die Bedeutung der Trinitätslehre für das Kirchenverständnis im Blick auf alle großen konfessionellen Strömungen erörtert, also in ökumenischer Perspektive (XI. Kap.).Anhand „zeitgenössischer theologischer Entwürfe aus den verschiedenen Konfessionen“ wird gezeigt, wie sich aus offenbarungs- und trinitätstheologischen Einseitigkeiten entsprechende Einseitigkeiten im Kirchenverständnis ergeben, weil die Struktur der Gemeinschaft der Glaubenden von der Art ihrer Bezugnahme auf die trinitarische Gemeinschaft Gottes abhängt. Es folgt die Darlegung eines Ansatzes zur Überwindung der trinitätstheologischen Einseitigkeiten und ihrer Folgen für das Kirchenverständnis, so dass die „Lösung der nach wie vor bestehenden ökumenischen Grunddifferenzen“ als möglich erscheint.
Schließlich kommt neben der ökumenischen Perspektive auch der interreligiöse Dialog zur Sprache, indem analysiert wird, welche Anknüpfungspunkte und Differenzen sich für die Trinitätslehre im Dialog mit anderen Religionen ergeben (XII. Kap.). Dabei erweisen sich die durch Vater, Sohn und Heiligen Geist verkörperten Dimensionen des Wesens Gottes als Grundlage für das Gespräch über die Dimensionen des Gottesverständnisses anderer Religionen. Ein besonderer Fall dieses Dialogs liegt durch die heilsgeschichtliche Verbundenheit im „christlichjüdischen Dialog“ vor.
Angesichts der Vielfalt der zu behandelnden Aspekte erschließt sich aus dem dargelegten Aufbau der Gotteslehre von selbst, dass eine Gotteslehre zugleich ein Kompendium der Dogmatik darstellt.
Literatur
Breuning, Wilhelm: Gotteslehre. Bearbeitet von Wolfgang Beinert, in: Beinert, Wolfgang (Hg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik, Bd. 1, Paderborn [u.a.] 1995, S. 199–362.
Härle, Wilfried: Dogmatik, Berlin/Boston 42012.
Haudel, Matthias: Die Selbsterschließung des dreieinigen Gottes. Grundlage eines ökumenischen Offenbarungs-, Gottes- und Kirchenverständnisses (= FSÖTh 110), doppelte Aufl., Göttingen 2006.
Joest, Wilfried/Lüpke, Johannes von: Dogmatik I: Die Wirklichkeit Gottes, Göttingen 52010.
Kasper, Walter: Der Gott Jesu Christi (= Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982.
Schwöbel, Christoph: Trinitätslehre als Rahmentheorie des christlichen Glaubens. Vier Thesen zur Bedeutung der Trinität in der christlichen Dogmatik, in: Härle, Wilfried/Preul, Reiner (Hg.): Marburger Jahrbuch Theologie, Bd. X: Trinität (= MThSt 49), Marburg 1998, S. 129–154.
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1H. Rommel: Mensch, S. 13f.
2W. Kasper: Gott, S. 16.
3Vgl. W. Härle: Dogmatik, S. 234f.
4W.-D. Hauschild: Dogma, S. 39.
5Ebd., S. 48.
6G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 86.
7R.W. Jenson: Grundlegung, S. 11. Diese Einsicht hat nach G.R. Schmidt: Bedeutung, S. 97, Konsequenzen für die Predigtlehre: „Wir haben nicht einzelne Texte zu predigen, sondern die Botschaft vom Wirken des Dreieinigen Gottes im Spiegel und aus dem besonderen Blickwinkel einzelner Texte.“ – Vgl. dazu auch M. Haudel: Gott/Lebenshorizont.
8W. Kasper: Gott, S. 13, wo er Bezug auf Thomas von Aquin nimmt (Summa theologiae), der auf bedeutende Kirchenväter wie Origenes, Gregor von Nyssa oder Augustin zurückgreift.
9Zum Beispiel hebt Philipp Stoellger den Aspekt der Passivität für das Verständnis des religiösen Aktes bzw. des Glaubensaktes hervor (vgl. P. Stoellger: Passivität). – Matthias Petzoldt betont bezüglich der Bedeutung des Subjekts für die Gotteserkenntnis im Rückgriff auf Ingolf U. Dalferth, dass es sich beim Subjekt bzw. Selbstbewusstsein – auch im Blick auf subjektive konstruktivistische Prozesse – nicht um eine fundamentaltheologische Letztbegründungskategorie handelt, sondern um eine Aneignungskategorie hermeneutischer Art (vgl. M. Petzoldt: Sinn, S. 136f.). Vgl. dazu auch U.H.J. Körtner: Gott, S. 144, und ders.: Einleitung.
10J.M. Lochman: Lebensbezug,