Barbara Schmelzer-Ziringer

Mode Design Theorie


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in Antwerpen und bei Raf Simons als Creative Director bei Jil Sander in Mailand, mit denen ich zusammengearbeitet habe, stand die Reflexion über die individuellen Motivationen, die künstlerisch-kreativen, ökonomischen Ziele, organisatorischen und monetären Einschränkungen, die angestrebten Absatzmärkte und Public Relations sowie das Monitoring der Mitbewerber/innen im Vordergrund. Die diskursive Auseinandersetzung mit der sozioökologischen Verantwortung von Gestalter/inne/n, welche die Tätigkeiten im Modedesign impliziert, war im Hinblick auf das Design im weitesten Sinne zumeist auf die kommunikativen Funktionen von Bekleidung beschränkt.

      Dass Designer/innen Labels gründen, stellt heute eine alltägliche Begebenheit dar. Dass es sich dabei um die Etikettierung von Waren handelt und diese damit gleichzeitig einen bestimmten Wert erhalten sollen, der zur sozialen Differenzierung dient, scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, wenn wir an das Phänomen der ‚Markenware‘ respektive an ‚Designer/innenmode‘ denken. Wie Entwurfs- und Produktionsprozesse von Bekleidung durch das Phänomen des image building, den Markenaufbau und dessen mediale Wirkungen beherrscht werden, findet sich im Abschnitt 2. Welche sozialen Implikationen dies mit sich bringt, welche kommunikativen Funktionen die differenzierte Hervorbringung von Marktsegmenten aufweist und welche Zeichen dafür benötigt werden, wird mittels semiotischer Ansätze aufbereitet. Sprache, Gegenstände, mediale Kommunikationen, soziale Konventionen und Bekleidungsgestaltung verursachen interdependente Wirkungen, die sich in (pop)kulturellen, vestimentären Manifestationen zeigen. Nach wie vor steht zur Debatte, ob und was Kleidermoden ‚kommunizieren‘, welche Codes dafür benötigt werden und in welchem Rahmen diese funktionieren. Der Hervorhebung der Kommunikations- und Schutzfunktionen bei der Entwicklung von Wearables gilt es an dieser Stelle nachzugehen, da diese das Spektrum, was menschliche Kleidung nicht nur haptisch leisten soll und muss, zugunsten des technologisch Machbaren einschränken. Unter anderem werden Diskurse zur ‚Immunikation‘ aufgezeigt, die, wenn sie gegengelesen werden, Zukunftskonzepte zur Bekleidungsentwicklung und Gestaltungskultur anbieten können.

      Der Abschnitt 3 greift soziologische Lehrmeinungen auf, deren historische Verortung im 19. Jahrhundert zu finden ist, denn die Mode als Synonym für den Wandel hat Generationen von Wissenschaftler/inne/n beschäftigt. Trotz unterschiedlicher Untersuchungsschwerpunkte standen meist die Geschlechts- und Klassenkategorien bezüglich ihres Einflusses auf die menschliche Bekleidung im Wandel der Zeit im Fokus der Wissensproduktion. Der Streit um die ‚richtige‘, angemessene Kleidung ist immer auch ein Streit um den Körper und seine soziale Bestimmung. Während früher hauptsächlich moralische Argumentationen ins Feld geführt wurden, sind nunmehr affirmative und pejorative Positionen meist antagonistisch zwischen marktorientierten Ökonom/inn/en und ökosozial engagierten Konsumkritiker/inne/n verteilt. Die einen plädieren dafür, in ökonomisierten Lebenswelten das Moderisiko und die Produktionspreise möglichst niedrig zu halten und die Gestaltung der Modekollektionen [<<16] massentauglich anschlussfähig zu gestalten, während die anderen die negativen Konsequenzen ungezügelten Konsums aufzeigen. Modedesigner/innen bleiben in diesem Umfeld sozioökonomischer Herausforderungen meist auf die Gestaltung von Bekleidung konzentriert.