Iris Pufé

Nachhaltigkeit


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ethisch-sozialer Vorschriften sind Nationen, Organisationen, Firmen und Haushalte, die Nachhaltigkeitsprinzipien anwenden, im Vorteil. Auf Regierungen gemünzt, sorgen diese für eine dauerhafte gesicherte Ressourcenbasis in ökologischer wie menschlicher Hinsicht. Was Unternehmen angeht, so unterliegen diese einem sich globalisierenden wie verstärkenden Wettbewerbsdruck in Sachen Rohstoffe, Kosten, Mitarbeiter und Innovation. Um mittel- wie langfristig erfolgreich zu operieren, bedarf es der Erneuerung ihrer Geschäftsmodelle und -strategien unter dem Vorzeichen globaler Gerechtigkeit.

      Nachhaltigkeit sei aber auch alter Wein in neuen Schläuchen, meint Ulrich Merkes, Nachhaltigkeitsberater bei Vineta Group. „Vieles davon entspricht dem Common-Sense. In unserer hochkomplexen, dynamischen und globalisierenden Weltwirtschaft haben wir den leider verloren“.

       Unser ursprünglichstes Weltkulturerbe

      „Die Idee der Nachhaltigkeit ist weder eine Kopfgeburt moderner Technokraten noch ein Geistesblitz von Ökofreaks der Generation Woodstock. Sie ist unser ursprünglichstes Weltkulturerbe“, meint Grober zum Ursprung der ebenso traditionellen wie progressiven Leitidee Nachhaltigkeit (Grober (2010), S. 13).

      In unserer immer komplexeren Lebens- und Arbeitswelt ist die Auseinandersetzung mit dem Leitbild Nachhaltigkeit unerlässlich. Als Querschnittsthema durchdringt es sämtliche Bereiche, hat unendlich viele Anknüpfungspunkte. Der Facettenreichtum bringt mit sich, dass sich unterschiedlichste Branchen, funktionale Unternehmensbereiche sowie wissenschaftliche Disziplinen damit befassen.

      Die Crux: Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung trifft, ob seiner positiven Aufladung mit Werten wie Umweltschutz und Gesundheit, auf Akzeptanz. Doch sobald es daran geht, diese handlungsleitend zu konkretisieren und in Schlussfolgerungen für das (eigene) Verhalten zu überführen, kollidieren die Interessen. Jeder will sich seine Pfründe sichern.

      [22]Das hängt auch damit zusammen, dass es (noch) kein klar umrissenes und einheitliches Verständnis bezüglich Handlungserfordernissen und Maßnahmen gibt. Der Begriff eröffnet vielmehr eine kontroverse interdisziplinäre Debatte, bei der es Strategien und Maßnahmen erst festzulegen gilt.

       Nachhaltigkeit – global, langfristig, umstritten

      Nachhaltigkeit ist somit ein erst noch an Kontur gewinnendes, unterschiedlich interpretiertes Leitbild, das voneinander abweichende, wenn nicht gegensätzliche Natur-, Mensch- und Weltbilder ebenso wie Anliegen, Bedürfnisse und Modelle einer „guten Gesellschaft“ unter sich vereint. Viele sind sich im Klaren, dass neuartige, komplexe und globale Probleme vor uns liegen und diese nur langfristig und gemeinsam zu lösen sind. Doch darüber, welche Schrauben im Weltapparat wann und wie fest anzuziehen sind, wird gezankt.

       Nachhaltigkeit – Liebling und Stiefkind der Medien

      Die Medien greifen das Thema dankbar auf, liefert es doch einen neuen Blick auf alte Probleme. Schwerpunktsetzung und Zusammenhang variieren dabei. Die Auswahl an Schlagzeilen veranschaulicht die Vielseitigkeit des Themas:

Agrarförderung der EU soll ökologisch werden.
Deutsche Windindustrie legt im ersten Halbjahr 2011 um rund 20 % zu.
Erneuerbare-Energie-Aktien mit kräftigem Gewinn: +8,4 Punkte.
94 % der Bürger bereit, mehr für Ökostrom zu bezahlen.
Studie WWF: Wasserkrise in den Megastädten der Welt.
Europcar und Opel starten E-Mobilitäts-Kooperation.
Mehr Jobs, weniger Arbeitslose und viel Niedriglohn.

       Nichts ist so mächtig wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Victor Hugo

       Push-Faktoren: Weg von Nicht-Nachhaltigkeit

      Umweltprobleme sind aktuell die stärksten Push-Faktoren. Dies nicht zuletzt, weil sie sich immer verlässlicher sowie auf zunehmend längeren Zeitreihen bewerten lassen. Auf der Liste der Faktoren, die das planetare Ökosystem existenziell bedrohen, stehen Klimawandel, Desertifikation, Gletscherschmelze und Biodiversitätsverlust ganz oben. Die damit einhergehenden sozialen Probleme umfassen Ressourcenflucht, Wassermangel und umweltbedingten Welthunger. Für Unternehmen sind dabei Menschenrechtsverletzungen, Diskriminierung, Kinderarbeit, Bespitzelung oder Dumpinglöhne die entscheidenden Größen.

      Einen Überblick über die unterschiedlichen Problemfelder gibt folgende nach Kategorien gefasste Grafik. Anhand von sechs [24]Oberkategorien wird versucht, das Spektrum an Problemlagen aufzuzeigen.

      Abb. 3: Globale Herausforderungen

      Um die oben genannten globalen Probleme greifbarer zu machen, seien folgende Zahlen genannt:

Im Jahr 1980 wurden den globalen Ökosystemen 40 Milliarden Tonnen entnommen. Der weltweite Verbrauch stieg bis 2002 auf 53 Milliarden Tonnen.
Der vom Weltklimarat vorausgesagte Anstieg der Erdmitteltemperatur wird sich bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf zwischen 1,5° und 5,8° Celsius belaufen; der jährliche Meeresspiegelanstieg liegt bei 3 Millimeter.
[25]■Bereits 70 % aller Wälder weltweit sind heute gerodet; alle zwei Sekunden wird ein Waldgebiet von der Größe eines Fußballfeldes zerstört bzw. täglich die Fläche New Yorks.
Täglich sterben weltweit 10.000 Kinder an Unterernährung.
Pro Tag werden 130 Tier- und Pflanzenarten – teils pharmazeutisch hochrelevant – ausgerottet. Die jetzige Geschwindigkeit des Aussterbens verläuft tausendmal höher als in früheren geologischen Perioden.
Die Armen werden ärmer. Rund drei Milliarden Menschen leben von weniger als einem USD pro Tag. Zwischen 1981 und 2001 hat sich die Zahl der Menschen südlich der Sahara, die von weniger als einem USD pro Tag leben, von 164 auf 312 Millionen Menschen erhöht.
Der globale Besitz konzentriert sich in den Händen von weniger als einem Prozent der Bevölkerung; laut der Universität Zürich kontrollieren 147 Großkonzerne, die miteinander eng verbunden sind, 80 % des gesamten