begründet: Umweltverträglichkeit sei nur durch Umsatzeinbußen zu erreichen.
Eine besondere Herausforderung bildet der Umgang mit den Widerständen der Betroffenen. Veränderungen werden persönlich und beruflich oft als bedrohlich empfunden: Lediglich 5 %, die sogenannten Promotoren, unterstützen Veränderungsprozesse, die Hauptgruppen bilden die Skeptiker und Bremser mit jeweils 40 %. 15 % sind klare Gegner von Wandel (Mohr 1998).
Abb. 5: Einstellungen zum Wandel (Mohr (1998))
Obige Zahlen lassen sich auch auf den Umgang mit Nachhaltigkeit übertragen. Nachhaltigkeit ist zwar seit mehr als 40 Jahren ein Thema, konnte sich aber bislang nicht flächendeckend durchsetzen. Nachfolgend einige Gründe hierfür:
■ | Befürchtung der Unvereinbarkeit wirtschaftlicher und ökologischer Ziele und Interessen |
■ | Angst, deshalb Trade-Offs in Kauf nehmen zu müssen, die zulasten des Profits gehen |
■ | mangelnde Operationalisierbarkeit aufgrund der Komplexität (Wechselwirkungen, Integrativität etc.) |
■ | mangelndes Wissen und Personal |
■ | Mangel an Rückhalt in Politik und Gesellschaft |
■ | [31]Verklärung, Gutmenschen-, Heile-Welt- und Pseudo-Weltuntergangs-Thema |
■ | Trittbrettfahrermentalität; keiner will den ersten Schritt tun |
■ | altes Denken, Sicherheitsdenken, Routine, Gewohnheit, Angst vor Neuem, Wandel und Unwägbarkeiten. |
Für die Zukunft muss das Leitbild der Nachhaltigkeit in klaren Farben gemalt werden, damit es als gesamtgesellschaftliche Vision die Anziehungskraft bekommt, die für seine Umsetzung im globalen Maßstab notwendig ist.
1 von Hauff/Kleine (2009), S. 41
2 www.vbw-bayern.de/agv/vbwDie_bayerische_Wirtschaft-bayme_vbm_starten_NachhaltigkeitsOffensiveBrossardt_Nachhaltige_Unternehmen_sind_erfolgreicher--16734, ArticleID__21104.htm bzw.www.vbw-bayern.de
3 Haben wir alle Ressourcen bereits verbraucht, allen bewohnbaren Raum auf der Erde bereits ausgefüllt? In seinem spannenden TED-Talk-Vortrag nimmt Paul Gilding eine ebenso kritische wie hoffnungsvolle Haltung zum Zustand der Erde und den Chancen von Nachhaltigkeit ein. Siehe www.ted.com/talks/lang/en/paul_gilding_the_earth_is_full.html
4 Der ökologische Fußabdruck eines Berliners liegt bei 4,4 Hektar pro Jahr. Das bedeutet, dass zur Bereitstellung aller natürlichen Ressourcen zur Befriedigung der Konsumbedürfnisse einer in Berlin lebenden Person im Durchschnitt eine Fläche von 4,4 Hektar pro Jahr erforderlich ist, also mehr als sechs Fußballfelder. Für alle Einwohner Berlins zusammengenommen würde die Fläche damit mehr als 15 Millionen Hektar ausmachen. Würde man um Berlin einen Kreis mit dieser Größe legen, so würden Städte wie Rostock, Dresden und Braunschweig innerhalb des Kreises liegen und dieser sogar fast an Hamburg heranreichen.
[32]
[33]2 Geschichte der Nachhaltigkeit und soziopolitischer Hintergrund
Problem | Alle reden aktuell von Nachhaltigkeit, aber wo kommen der Begriff, das Konzept, das Leitbild her? Wo hat das Konzept seinen Ursprung? Was sind Meilensteine und Rahmenbedingungen, die zur Herausbildung des Nachhaltigkeitsbegriffes geführt haben? |
Maßnahmen | Schrittweise Annäherung über den historischen Verlauf. Herleitung des Konzeptes anhand zentraler Studien, Berichte, Konferenzen. |
Ergebnisse | Studierende kennen die wichtigsten Stationen der Geschichte der Nachhaltigkeit. |
Hilfsmittel | Konferenzen, Dokumente, Gesetze. |
Man kann nicht den Wald abholzen und das Echo stehen lassen.
Richard Schröder
Woher kommen das Konzept, das Leitbild, das Handlungsprinzip überhaupt? Wie ist das Konzept entstanden, wie hat es sich entwickelt – und warum? Die folgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Geschichte der Nachhaltigkeit, politische Hintergründe, wichtige Konferenzen, Dokumente. Kurz, das, was Nachhaltigkeit zu dem gemacht hat, was es heute ist. Es geht darum, [34]den Wald hinter den Bäumen zu sehen. Denn nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Zukunft einschätzen.
Die historischen Vorläufer des Nachhaltigkeitsleitbildes, die erklärt werden, sind:
■ | Carlowitz’ Waldbewirtschaftungsprinzip |
■ | Grenzen des Wachstums |
■ | Brundtland-Bericht |
■ | Rio-Gipfel |
■ | Agenda 21 |
■ | Millenniumsziele der UN |
■ | Klimakonferenz Durban |
2.1 Carlowitz’ Waldbewirtschaftungsprinzip
Der Begriff der Nachhaltigkeit beschreibt in seinem ursprünglichen Sinn die Nutzung eines regenerierbaren natürlichen Systems in einer Weise, dass dieses System in seinen wesentlichen Eigenschaften erhalten bleibt und sein Bestand auf natürliche Weise nachwachsen kann.
Seinen Ursprung hat der Begriff in der Forstwirtschaft. Bereits 1713 forderte Carl von Carlowitz, Oberberghauptmann und Leiter des frühindustriell überaus bedeutsamen sächsischen Oberbergamts in Freiberg, „eine beständige und nachhaltende Nutzung des Waldes.“5 Die „kluge Art der Waldbewirtschaftung“, wie Carlowitz es bezeichnete, wird als die anschaulichste Metapher zur Erklärung des Nachhaltigkeitsleitbildes herangezogen: Bäume, die abgeholzt werden, müssen nachgepflanzt werden, um die Ressourcenbasis – und damit die wirtschaftliche Basis – nicht zu erschöpfen. Wer allen [35]Wald abholzt, hat kurzfristig viel Holz, aber über die nächsten Jahrzehnte nur wenig.
In Ulrich Grobers höchst empfehlenswertem Buch zur Kulturgeschichte des Begriffes Nachhaltigkeit zitiert er Carlowitz6: „Die gehöltze pfleglich brauchen“ bedeutete so viel wie sie „also zu handhaben, daß solch eine beständige revenüe auf lange jahre geben … über den ertrag der höltzer nicht gegriffen, sondern eine immerwährende beständige holtz=nutzung dem Herrn und eine beharrliche feuerung, auch andere holtz-nothdurfft, dem lande, von jahren zu jahren, bey ihrer zeit, und künfftig den nachkommen bleiben.“
Konkret ist der Anspruch an Nachhaltigkeit Anna Amalia, der Mutter von Herzog Carl August, zu verdanken. Sie veranlasste die erste Forstreform der Welt mit dem Ziel, Holz, dauerhaft und mit stetem Ertrag bereitzustellen. Denn Europas damalige Gier nach der „Materia Prima“, sei es beim Schiffs- oder Hausbau, beim Kochen oder Heizen, drohte die Ressource so kahlzuschlagen, dass zwar das kurz-, nicht aber das langfristige Überleben gesichert wurde.
Nachhaltigkeit wird gegenwärtig schnell und möglichst greifbar gefasst. Dass dem Begriff in Kultur und Bewusstsein, in Philosophie