Iris Pufé

Nachhaltigkeit


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von wachstumskritischen Schriften, die das Thema Nachhaltigkeit befördert haben. Dazu zählt auch E.F. Schumachers „Small is Beautiful: Economics as if People Mattered“ aus dem Jahre 1973.

      Als Ausgangspunkt der weltweiten Umweltbewegung kann das 1962 erschienene Buch ‚Der Stumme Frühling‘ (Silent Spring) der [40]Biologin und Wissenschaftsjournalistin Rachel Carson gelten. Ziel war, die Auswirkungen eines rigorosen Pestizid-Einsatzes auf Ökosysteme aufzuzeigen. Das Buch löste in den USA eine heftige politische Debatte aus und führte letztlich zum späteren DDT-Verbot. In einer raffiniert aufgebauten Anklage gegen den übermäßigen Einsatz von Pestiziden und anderen Chemikalien zeichnet Carson die Idylle einer fiktiven amerikanischen Kleinstadt, in der die Stimmen des Frühlings, die Vögel, aber auch die Insekten und andere Lebewesen verstummen. Sie nennt statistische Angaben, Fallbeispiele und Aussagen von Experten und erzeugt so mit ihrer eindringlichen Erzählung Betroffenheit.

      Neuen Auftrieb bekam der Schutz der Erde auch durch die Weltraumperspektive (→QR). 400.000 Kilometer von der Erde entfernt meinte der Astronaut Eugene Cernan 1972: „Wir brachen auf, um den Mond zu erkunden, aber tatsächlich entdeckten wir die Erde.“ Er und seine Kollegen sprachen von der blauen Weltkugel (das meistpublizierte Foto aller Zeiten) als fragil, zerbrechlich, zart, verletzlich. Vom Universum aus war die Schönheit der Erde von grenzenloser Majestät, sie war ein funkelndes blauweißes Juwel, unergründlich und geheimnisvoll, ein einsames, marmoriertes, winziges Etwas, ein Saphir auf schwarzem Samt. Das jedenfalls waren die Bezeichnungen von Astronauten beim Anblick unseres Planeten vom Weltall aus.

      

      Um materiell und energetisch nachhaltig zu sein, wie Meadows et al. es fordern, müssten für alle Durchsätze der Wirtschaft Bedingungen erfüllt sein, die sich an den drei Prinzipien orientieren, die Herman Daly u.a. in seinem vielbeachteten Werk „Towards a Steady-State Economy“ formuliert:

Erstens dürfen die Verbrauchsraten erneuerbarer Ressourcen nicht deren Erneuerungsraten übersteigen.
Zweitens dürfen die Verbrauchsraten nicht-erneuerbarer Ressourcen nicht die Rate überschreiten, mit der nachhaltig erneuerbare Ressourcen als Ersatz dafür erschlossen werden.

      2.3 Der Brundtland-Bericht

       To keep options open for future generations, the present generation must begin now, and begin together, nationally and internationally.

       Our Common Future Report

      Seit Meadows et al. prosperierten viele Länder und Ökonomien, gleichzeitig aber häuften sich wirtschaftliche, ökologische und soziale Probleme als unliebsame Begleiterscheinungen. 1983 gründeten die Vereinten Nationen deshalb eine unabhängige Sachverständigenkommission, die sogenannte Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (World Commission on Environment and Development, WCED) mit ihrem Sekretariat in Genf. Sie wurde damit betraut, einen Perspektivbericht zu langfristig tragfähiger, umweltschonender Entwicklung im Weltmaßstab bis zum Jahr 2000 und darüber hinaus zu erarbeiten. Der offizielle Titel dieses Berichtes war „Our Common Future“, geläufiger aber ist die Benennung nach der Vorsitzenden, Gro Harlem Brundtland. Ob als Brundtland- oder Our-Common-Future-Bericht bezeichnet, zwischen den Buchdeckeln findet sich, was bis heute als „klassische“ und am weitesten anerkannte Definition und Leitbildbeschreibung von nachhaltiger Entwicklung gilt:

      [42]„Nachhaltige Entwicklung ist eine Entwicklung, die gewährleistet, dass künftige Generationen nicht schlechter gestellt sind, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, als gegenwärtig lebende.“

      Wer sich diese Definition verinnerlicht, sie auswendig lernt und damit immer parat hat, tut sich einen Gefallen, weil letztlich und im Zweifelsfall immer auf sie rekurriert wird.

      Mit dem Bericht beabsichtigten die UNO und die Weltkommission, Handlungsempfehlungen für eine dauerhafte Entwicklung zu geben. Und damit war hier konkret gemeint: eine dauerhafte Erfüllung der Grundbedürfnisse aller Menschen weltweit unter Berücksichtigung der Tragekapazität14 der natürlichen Umwelt sowie der Konfliktlinien zwischen Umwelt- und Naturschutz, Armutsbekämpfung und Wirtschaftswachstum.

      [43]Nachhaltigkeit = Umwelt + Entwicklung.

      Mit dieser Formel schließt sich der Kreis. Sie zeigt, dass die heute geläufige Bezeichnung „nachhaltige Entwicklung“ die Übersetzung der Ausgangsdefinition von „sustainable development“ war. Erstmals war in der Politik die Rede von der Notwendigkeit eines „dauerhaften Gleichgewichtszustandes“.

      Beachte: Der Unterschied zwischen den Begriffen Nachhaltigkeit und nachhaltiger Entwicklung ist: Nachhaltigkeit verweist auf einen Zustand, Statik und Beständigkeit; nachhaltige Entwicklung impliziert Bewegung, Dynamik, das Prozesshafte sowie das Werdende und Entstehende.

      Konferenzen und Abkommen von globaler, historischer Bedeutung sind die Meilensteine bei der Herausbildung des Nachhaltigkeitsleitbildes. Im Hintergrund des politischen Ringens verschärften sich dabei einige Entwicklungen, die Treiber hin zu mehr Nachhaltigkeit werden können. Auch wenn sicher mehr Rahmenumstände als jene zu nennen sind, wie sie auch im ersten und dritten Kapitel etwa unter Push- und Pull-Faktoren und (Mega-)Trends genannt werden, seien an dieser Stelle der Treibhauseffekt, die Bevölkerungsexplosion sowie die globale Ressourcenerschöpfung genannt. Ihnen ist ihr Zerstörungspotenzial wie ihre wissenschaftliche Mess- und Überprüfbarkeit gemein.

       Das Treibhaus heizt sich auf

      Was war der Anlass für die Weltgemeinschaft, sich im Brundtland-Bericht von 1987 auf eine gemeinsame globale Strategie zu verständigen? Es war die sich erhärtende wissenschaftliche Erkenntnis, dass sich die Umweltqualität weltweit aufgrund wirtschaftlicher Aktivitäten des Menschen rasant verschlechterte. Besonders deutlich abzulesen war dies an der Veränderung der Emissionswerte und der damit einhergehenden Klimaveränderung.

Die Konzentration an Kohlendioxid hat sich seit Beginn der Industrialisierung um 40 Prozent erhöht.
Die Konzentration des Treibhausgases Methan stieg um 150 Prozent.
Wenn sich der CO2-Gehalt der Atmosphäre verdoppelt, wird die Lufttemperatur um 1,5 bis 4,5 Grad Celsius steigen. (Im Report 2007 war das IPCC noch von 2 bis 4,5 Grad ausgegangen.)
Die Ozeane haben etwa 30 Prozent des menschengemachten Kohlendioxids aufgenommen und sind dadurch saurer geworden.
Der Meeresspiegel ist von 1901 bis 2010 um 19 Zentimeter gestiegen. Bis zum Ende des Jahrhunderts wird er um 26 bis 82 Zentimeter steigen.