Behörden sie mit welchen Aufgaben betrauen, wie diese strukturiert sind und welches Personal vorgehalten wird.
Beispiel
Im Bereich der Sozialverwaltung werden vielfach die Versorgungsämter und die Integrationsämter als Landesbehörden tätig. Diese sind bspw. für das Elterngeld, die Opferentschädigung sowie für Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung zuständig. Einige Bundesländer haben diese Aufgaben inzwischen durch Landesgesetz auf kommunale Träger übertragen. Mit Blick auf die Verwaltungshoheit der Länder ist dies zulässig.
Eigene Behörden des Bundes darf es nur dann geben, wenn das Grundgesetz in Art 83 ff. GG dem Bund die ausdrückliche Befugnis zur Einrichtung der jeweiligen Stellen gibt. Sie sind im sozialen Bereich eher selten zu finden. Allerdings darf der Bund selbstständige Bundesoberbehörden für alle Angelegenheiten einrichten, in denen er gemäß Art. 71 ff. GG die Gesetzgebungshoheit hat (Art. 87 Abs. 3 GG).
Beispiel
Beispielsweise obliegt dem Bundesversicherungsamt (BVA) u. a. die Aufsicht über die überregionalen Sozialversicherungsträger. Die Einrichtung des BVA ist deshalb zulässig, weil dem Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG im Bereich der Sozialversicherung die Gesetzgebungsbefugnis zusteht.
2.1.1 Unmittelbare Staatsverwaltung
Traditionell war auf Bundes- wie auch auf Landesebene früher eine dreistufige Verwaltungsstruktur anzutreffen. Das bedeutet, dass es eine obere, eine mittlere und eine untere Behördenebene gibt. Umfängliche Verwaltungsreformen und „Verschlankungsbestrebungen“ der jüngeren Vergangenheit haben dazu geführt, dass in vielen Fachbereichen und in der überwiegenden Zahl der Bundesländer inzwischen die mittlere Verwaltungsebene weggefallen ist und der dreistufige Verwaltungsaufbau in eine zweistufige Verwaltung umstrukturiert wurde. Lediglich in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen wurde der dreistufige Verwaltungsaufbau in der allgemeinen Verwaltung beibehalten.
In jedem Fall ist die mehrstufige Staatsverwaltung streng hierarchisch strukturiert. Die unteren staatlichen Behörden haben die rechtlichen, fachlichen und organisatorischen Vorgaben der ihnen vorgesetzten höheren Behörden zu beachten und umzusetzen. Den oberen Behörden stehen Weisungsrechte sowie die Dienst-, Rechts- und Fachaufsicht über den nachgeordneten Bereich zu (Kap. 2.3).
Oberste Behörden
In der Behördenhierarchie sind die Ministerien die obersten Bundesbzw. Landesbehörden. In den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg nehmen die Senatsbehörden die Funktion des Ministeriums wahr. Der Auftrag der obersten Behörden kann allgemein mit Planungs-, Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben umschrieben und zusammengefasst werden.
Beispiel
Die Obersten Landesjugendbehörden (d. h. die Landesjugendministerien) haben den Auftrag zur fachlichen Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe. Hier werden Gesetzesvorhaben entwickelt und abgestimmt, fachliche Konzeptionen zur qualitativen Weiterentwicklung entworfen (z. B. Bildungspläne, Aktionspläne zur Umsetzung der UN-Kinderrechtekonvention etc.) oder Maßnahmen zur flächendeckenden Koordinierung von Angeboten erarbeitet (z. B. Förderung von Beratungsstellen, Familienfreizeiten, offener Behindertenarbeit oder spezifischen Angeboten für Menschen mit Migrationshintergrund).
Untere Behörden
Anlaufstellen für die Bearbeitung von Einzelanliegen der Bürger sind regelmäßig die unteren Verwaltungsbehörden. In den Flächenstaaten sind dies die Landratsämter und die Verwaltungen der kreisfreien Städte (Baden-Württemberg: Landratsamt oder Stadtkreis); in den Stadtstaaten nehmen die Bezirksverwaltungen (Berlin, Hamburg) bzw. die Ortsteile (Bremen) die Aufgaben der unteren Staatsbehörde wahr.
Die unteren Staatsbehörden sind mit der Abwicklung der Einzelfälle betraut, was schon aufgrund der räumlichen Nähe zum Bürger sachgerecht ist.
Beispiele
• Die Baubehörden entscheiden über die Erteilung von Baugenehmigungen; die Ausländerbehörden bearbeiten Anträge auf Erteilung einer Aufenthalts- oder einer Niederlassungserlaubnis.
• Im Bereich des SGB reichen oftmals die Versorgungs- und Integrationsämter als untere Landesbehörden familienpolitische Leistungen (z. B. Kindergeld, Elterngeld) oder Leistungen für Menschen mit Behinderung (z. B. Zuschüsse zur Umgestaltung von Arbeitsplätzen) aus.
Mittelbehörden
Zwischen den beiden genannten Ebenen sind in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen zusätzlich Mittelbehörden vorgesehen. In Baden-Württemberg und Hessen sind dies die Regierungspräsidien, in Bayern die Regierungen und in Nordrhein-Westfalen die Bezirksregierungen. Den Mittelbehörden kommt einerseits eine Aufsichtsfunktion über die unteren Verwaltungsbehörden zu; andererseits haben sie häufig eine koordinierende Funktion auf der regionalen Ebene. In einigen Fällen nehmen sie auch Einzelfallaufgaben wahr, für welche im örtlichen Bereich nur ein geringer Bedarf besteht, sodass staatliche Anlaufstellen auf regionaler Ebene als ausreichend angesehen werden.
Beispiel
Die Regierungen in Bayern sind Aufsichtsbehörden über die unteren Staatsbehörden sowie die Kommunalverwaltung. Gleichzeitig haben sie im Bereich der Zuwanderungspolitik den Auftrag zur regionalen Koordinierung der Förderung von Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund.
Die Landesdirektion Sachsen sowie die Landesverwaltungsämter in Sachsen-Anhalt und Thüringen werden teilweise in erster Instanz und teilweise als Fachaufsichts- und Widerspruchsbehörde tätig. Da diese Ämter aber nicht regional, sondern landesweit zuständig sind, werden sie als „obere“ oder „höhere“ Landesbehörden bezeichnet.
Sonderbehörden
Unabhängig von dem üblichen zwei- oder dreistufigen Verwaltungsaufbau ist auf Bundes- wie auch auf Landesebene zusätzlich die Einrichtung von Sonderbehörden möglich, die keine nachgeordneten Stellen haben.
Beispiel
Beispiele sind das Bundesamt für Justiz (das unter anderem für grenzüberschreitende Angelegenheiten im Bereich von Jugendhilfe, Sorge- und Unterhaltsrecht zuständig ist), sowie die Landesjugend- oder die Landeskriminalämter.
2.1.2 Mittelbare Staatsverwaltung
Im Bereich der Sozialverwaltung haben sowohl der Bund als auch die Länder viele Aufgaben auf die sogenannte mittelbare Staatsverwaltung verlagert. Hintergrund ist, dass hinter vielen Sozialleistungen nicht der Staat als Leistungsträger steht, sondern die Solidargemeinschaft der Beitragszahler: Der gesamte Bereich der Sozialversicherungsleistungen wird nicht vom Staat aus Steuermitteln erbracht, sondern ganz überwiegend durch Beiträge finanziert, welche die Versicherten solidarisch einbezahlen.
Gerade im Bereich der Sozialversicherung stellt sich daher die Frage, ob es zu einem solchen, solidarisch ausgestalteten System „passen“ würde, wenn der Staat die von der Solidargemeinschaft finanzierten Leistungen mithilfe seines eigenen, hierarchischen Verwaltungssystems erbringt. Den Beitragszahlern sollten nämlich, wenn sie eine soziale Leistung schon aus eigenen Mitteln bewerkstelligen, auch Mitspracherechte hinsichtlich der Kriterien für die Leistungsvergabe, der Prioritätensetzung etc. zustehen. Derartige Partizipationsmöglichkeiten sind der streng hierarchischen staatlichen Verwaltung aber völlig fremd.
Daher wurde in Art. 87 Abs. 2 und 3 GG der Weg eröffnet, dass die auf dem Solidargedanken beruhenden Sozialversicherungsleistungen nicht durch die unmittelbare Staatsverwaltung (d. h. nicht durch den Staat als solchen) ausgereicht werden. Stattdessen hat der Staat rechtlich selbstständige und unabhängige Einrichtungen geschaffen, welche die Verwaltung der betreffenden Bereiche übernommen haben (vgl. § 29 Abs. 3 SGB IV). Nachdem die Sozialversicherung aber letztlich Leistungen der öffentlichen Vorsorge erbringt, für die an sich der Staat verantwortlich ist, spricht man insoweit von einer „mittelbaren Staatsverwaltung“: Der Staat nimmt seine Verantwortung für die Leistungserbringung zwar wahr, aber er verwaltet die Leistungen nicht selbst, sondern indirekt über rechtlich von ihm unabhängige Institutionen.
Zur