Selbstverwaltungsaufgabe (z. B. Errichtung von Schwimmbädern, Museen, Wirtschafts- und Wohnungsbauförderung). Ist die Gemeinde zur Erfüllung kraft Gesetzes verpflichtet (ob) und kann sie daher nur über das Wann und Wie entscheiden, spricht man von einer pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe (z. B. Katastrophenschutz, Errichtung von Kindergärten).
übernommene Aufgaben
Ob eine Auftragsangelegenheit oder eine Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung vorliegt, richtet sich nach der Organisationsstruktur der Aufgabenzuordnung in dem jeweiligen Bundesland. In einigen Bundesländern sind diese Aufgaben nach dem Landesrecht dem Staat zugeordnet, der sich zu ihrer Erfüllung lediglich der Kommune bedient. Man spricht von einer Auftragsangelegenheit (Kommune im Auftrag des Staates). In anderen Bundesländern ist die Aufgabe nach dem Landesrecht der Kommune als eigene zugewiesen. Sie heißt dann Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung (Erfüllung einer eigenen Aufgabe der Kommune). Die Kommunen unterliegen jeweils den Weisungen (wann und wie) des Staates (z. B. Flüchtlingsgesetz).
2.1.4 Verhältnis Bund/Länder
Bundesrepublik
Die Selbstverwaltung der Kommunen ist Ergebnis und konsequente Umsetzung der von der Verfassung vorgegebenen Struktur des Staates. Deutschland ist eine Bundesrepublik (Badura 2015; Wabnitz 2014), d. h., der Bund darf nur staatliche Befugnisse übernehmen, Aufgaben erfüllen oder Gesetze erlassen, wenn dies das Grundgesetz ausdrücklich zulässt (Badura 2015). Ansonsten liegt die Zuständigkeit bei den Ländern und deren Kommunen.
2.2 Demokratie (Art. 20 Abs. 1 und 2, 28 GG)
Das Demokratieprinzip (Katz 2010) ist als tragende Säule des gesellschaftlichen Zusammenlebens im Grundgesetz selbst definiert (siehe zum Begriff auch Schmidt, 2015a; Wabnitz 2014):
Art. 20 Abs. 2 GG
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“
Volk und Staatsgewalt
Das Volk ist der Träger der Staatsgewalt. Es übt die Staatsgewalt mittels von ihm gewählter Repräsentanten aus (Bethge/von Coelln 2011; Badura 2015). Dabei gilt das Mehrheitsprinzip.
Alles staatliche Handeln muss durch das Volk legitimiert sein, insbesondere muss es sich auf Gesetze zurückführen lassen. Ein wesentliches Mitwirkungsrecht ist daher die regelmäßige Wahl der Gesetzgebungsorgane auf Bundes- und Landes- sowie auch auf kommunaler Ebene. Damit verbunden, wenn auch nur mittelbar über die Stimmverhältnisse im Bundestag bzw. Landtag, ist der Einfluss auf die Bildung der Regierung als Exekutive. Die Regierungsmehrheit beruht auf der Anzahl der Abgeordneten der eigenen Fraktion im Parlament und damit auf dem Abstimmungsverhalten des Volkes bei den Wahlen zur Legislative. Die dritte Staatsgewalt, die Rechtsprechung, verkündet ihre Urteile schließlich im Namen des Volkes.
Mehrheitsprinzip und Minderheiten
Wer Strukturen und Regelungen ändern will, muss überzeugen und braucht demokratische Mehrheiten. Ein Diktat eines Einzelnen oder einer Minderheit ist nicht gewünscht und ausgeschlossen. Umgekehrt benötigt die Minderheit Schutz vor der Mehrheit, denn auch die Minderheit soll gehört werden und muss die Möglichkeit haben, sich zu entfalten. Denn nur so hat wirklich das gesamte Volk ein Mitspracherecht, das notwendig ist, damit Demokratie lebendig bleibt (Bethge/von Coelln 2011; Badura 2015; zum Begriff: Schmidt 2015a).
2.3 Sozialstaat (Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 GG)
Deutschland ist ein Sozialstaat. Das Grundgesetz legt dies als Staatszielbestimmung fest (Bethge/von Coelln 2011).
Zielsetzung
Der Sozialstaat ist darauf gerichtet, soziale Sicherheit und Gerechtigkeit herzustellen und zu erhalten. Der Staat ist mitverantwortlich für den Ausgleich sozialer Unterschiede zwischen den Bürgern und verpflichtet, in sozialen Notlagen Hilfe zu leisten (Katz 2010). Gemeint ist damit allerdings keine entwürdigende Totalversorgung, sondern Hilfe zur Selbsthilfe (Katz 2010; Badura 2015).
Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit (hierzu ausführlicher: Degenhart 2014) sind also nicht nur politische Schlagworte. Sie sind zentrale Vorgaben des Grundgesetzes. Was dies im Einzelnen bedeutet, ergibt sich aus der Auslegung des Grundgesetzes. Zuständig dafür ist das Bundesverfassungsgericht (Ipsen 2014a). Will man also den Inhalt des verfassungsrechtlichen Sozialstaatsprinzips näher erfassen, ist es notwendig, die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinzuzuziehen.
2.3.1 Grundprinzipien der sozialen Sicherung nach dem Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat bestimmte Prinzipien des Sozialstaats herausgearbeitet, die die Vorgaben des Grundgesetzes näher ausgestalten (Ipsen 2014a; Wabnitz 2014).
Ziele des Sozialstaates
Der Sozialstaat verfolgt die Ziele des Ausgleichs sozialer Gegensätze und die Schaffung einer gerechten Sozialordnung. Er begründet das Gebot der sozialen Gerechtigkeit und Chancengleichheit.
Entscheidung „Ausgleich der Sozialen Gegensätze“ (BVerfGE 22, 180, Urteil vom 18.07.1967):
„Wenn Art. 20 Abs. 1 GG ausspricht, daß die Bundesrepublik ein sozialer Bundesstaat ist, so folgt daraus nur, daß der Staat die Pflicht hat, für einen Ausgleich der sozialen Gegensätze und damit für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen; dieses Ziel wird er in erster Linie im Wege der Gesetzgebung zu erreichen suchen.“
Entscheidung „Verbot der KPD“ (BVerfGE 5, 85, Urteil vom 17.08.1956):
„Eine Partei ist nicht schon dann verfassungswidrig, wenn sie die obersten Prinzipien einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung (vgl. BVerfGE 2, 1 [12 f.]) nicht anerkennt; es muß vielmehr eine aktiv kämpferische, aggressive Haltung gegenüber der bestehenden Ordnung hinzukommen. Eine Partei ist schon dann verfassungswidrig, wenn sie eine andere soziale und politische Ausprägung der freiheitlichen Demokratie als die heutige in der Bundesrepublik deshalb erstrebt, um sie als Durchgangsstadium zur leichteren Beseitigung jeder freiheitlichen demokratischen Grundordnung überhaupt zu benutzen, mag diese Beseitigung auch erst im Zusammenhang mit oder nach der Wiedervereinigung stattfinden sollen.“
Entscheidung „Numerus Clausus Entscheidung“ (BVerfGE 33, 303, Urteil vom 03.05.1972):
Anm. d. Autorin: Das BVerfG stellte zunächst fest, dass aus dem Sozialstaatsprinzip kein Anspruch auf eine Ausbildungsstätte erwächst. Wenn der Staat aber Ausbildungseinrichtungen schafft, dann hat jeder einen Anspruch auf chancengleiche Zulassung. Dies folge aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) i. V. m. dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und dem Sozialstaatsprinzip.
Aus den Gründen: „Aus dem in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleisteten Recht auf freie Wahl des Berufes und der Ausbildungsstätte in Verbindung mit dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Sozialstaatsprinzip folgt ein Recht auf Zulassung zum Hochschulstudium. Dieses Recht ist durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes einschränkbar. Absolute Zulassungsbeschränkungen für Studienanfänger einer bestimmten Fachrichtung sind nur verfassungsmäßig, a) wenn sie in den Grenzen des unbedingt Erforderlichen unter erschöpfender Nutzung der vorhandenen Ausbildungskapazitäten angeordnet werden und b) wenn die Auswahl und Verteilung der Bewerber nach sachgerechten Kriterien mit einer Chance