Stefan Brönnimann

Klimatologie


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      Dagegen werden Differenzen zum zeitlichen Mittelwert (sie werden «Anomalien» genannt) meist apostrophiert geschrieben als h′ = h – Image (vgl. Box. 6.3), wobei Image den zeitlichen Mittelwert darstellt. Abweichungen vom Mittel entlang eines Längenkreises werden oft mit *, das Mittel mit [ ] bezeichnet: h* = h – [h].

      Wird die Differenz auf die Veränderung der zugrunde liegenden Dimension bezogen, sprechen wir von einem Gradienten. Der Begriff «Gradient» ist in der Klimatologie zentral. Mathematisch ist der Gradient definiert als Differentialoperator (vgl. unten). In der Meteorologie wird er in aller Regel auf den Raum bezogen, beschreibt also die räumliche Änderung einer Variablen. Wird eine Änderung auf die Zeit bezogen, sprechen wir von einer Tendenz oder einem Trend. Eindimensional (beispielsweise in der Vertikalen) kann der Gradient durch den Differenzenquotienten, beispielsweise:

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      angenähert werden. Geht die Distanz Δz gegen 0, wird daraus der Differentialquotient

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      Oft betrachten wir in der Klimatologie Variablen im dreidimensionalen Raum (x, y, z), und zwar entweder skalare Größen (wie beispielsweise Temperatur) oder vektorielle Größen (beispielsweise Wind). Der Gradient einer skalaren Größe ist ein Vektorfeld, wobei die Komponenten des Vektors die Änderungen in der entsprechenden Richtung sind. Der Gradientvektor deutet in Richtung des stärksten Anstiegs.

      In der Meteorologie betrachten wir den Gradienten in der Regel zweidimensional horizontal (x, y) oder eindimensional in der Vertikalen (z). Für h = f (x, y) resp. h = f (z) wäre der Gradient an der Stelle (x, y) resp. an der Stelle z:

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      Hier ist Image das Nabla-Symbol, d.h. der Vektor der partiellen Ableitungsoperatoren:

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      Das Symbol ∂ steht hier für die partielle Ableitung der Funktion f nach den Argumenten x und y resp. z. Der Gradient ist somit der Vektor der partiellen Ableitungen erster Ordnung nach allen Argumenten.

      Verwandt mit dem Gradient ist das totale Differential:

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      Es entspricht der Änderung von h, wenn man sich in Richtung (dx, dy) bewegt. Oft wird das totale Differential mit einem großen D, also beispielsweise Dh, geschrieben. Für Vektorfelder entspricht dem Gradienten der Begriff der Divergenz, die wiederum ein Skalarfeld ist (vgl. Box 5.1).

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      Nicht Flüsse, sondern Flussdivergenzen führen zu Änderungen der Bilanz

      Wenn die Differenz zwischen Flüssen auf den Raum bezogen wird, sprechen wir von Flussdivergenz oder Flusskonvergenz (der Begriff «Divergenz» wird fluiddynamisch in Kap. 5 und speziell in Box 5.1 eingeführt). Veränderungen von C sind also immer die Folge einer Flussdivergenz oder Flusskonvergenz. Wir werden dieses Konzept bei den folgenden Unterkapiteln für die Masse anwenden. In Kap. 3 werden wir diesem Konzept in Zusammenhang mit Energie und in Kap. 5 in Zusammenhang mit den atmosphärischen Grundgleichungen wieder begegnen.

      Flüsse sind oft proportional zu den Gradienten

      Wir haben jetzt ein Volumenelement angeschaut. Wenn wir zwei benachbarte Volumenelemente mit unterschiedlichen Eigenschaften C anschauen, stellen wir fest, dass Flüsse zwischen den beiden Elementen oft durch Unterschiede in den Größen bedingt sind ( Abb. 1-9 rechts). Für physikalische Vorgänge, wie z. B. Diffusion oder Konduktion (Wärmeleitung), sind Flüsse direkt proportional zu den Konzentrations- oder Temperaturunterschieden (oder auf den Raum bezogen: Temperaturgradienten).

       Box 1.5

       Einheiten-Konventionen in der Meteorologie

      Die Atmosphäre ist ein Kontinuum. Volumeneinheiten oder Masseeinheiten sind nicht im Vornherein definiert. In der Meteorologie werden physikalische Größen deshalb oft auf die «Einheitsmasse» bezogen, d.h., durch die Masse dividiert (oder normiert). Das ändert nun aber die Einheiten. Eine Kraft wird dadurch zu einer Beschleunigung. Leider wird das nicht immer explizit geschrieben und beispielsweise von «Corioliskraft» statt «Coriolisbeschleunigung» gesprochen (diese Kraft wird in Kap. 5 eingeführt). Andere Größen werden auf Einheitsfläche oder -volumen bezogen. Auch das ändert die Einheiten – umso wichtiger ist eine Einheitenkontrolle! (In diesem Buch werden wir immer explizit schreiben, wenn eine Gleichung auf die Einheitsmasse bezogen wurde.)

      Für Flussdichten werden besonders in der Grenzschichtmeteorologie manchmal kinematische Einheiten verwendet. Bei diesen Einheiten werden die Impulsflussdichte und die Massenflussdichte durch die Dichte der Luft ρ (Einheit kg m–3) dividiert; Wärmeflussdichten (vgl. Tab. 1-3) werden zusätzlich durch die Wärmekapazität der Luft bei konstantem Druck cLp (J kg–1 K–1) dividiert (vgl. Kap. 4). In kinematischen Einheiten wird so aus einer Massenflussdichte (kg m–2 s–1) eine Geschwindigkeit (m s–1), aus einer Impulsflussdichte (kg m–1 s–2) wird das Produkt von zwei Geschwindigkeiten (m s–1 m s–1). Die Einheit der Wärmeflussdichte (W m–2, was dasselbe ist wie J m–2 s–1) wird in kinematischen Einheiten zu K m s–1. Diese Einheiten haben den Vorteil, dass sie sich direkt messen lassen: Die Massenflussdichte in kinematischen Einheiten ist ganz einfach der Wind, die Impulsflussdichte ist das Produkt zweier Winde, und die Wärmeflussdichte ist das Produkt von Temperatur und Wind.

      Die Systeme für Massen- und Energieflüsse sind durch den Wasserdampf, der sowohl Masse als auch latente Energie darstellt, verbunden. Der Massenfluss (Einheit: kg s–1) muss dazu mit der spezifischen Verdampfungsenthalpie für Wasser Lv (Einheit J kg–1; vgl. Box 4.2) multipliziert werden; es ergibt sich ein Energiefluss J s–1 (genau gleich ist mit Flussdichten und kinematischen Einheiten zu verfahren). In Kap. 4 gehen wir näher auf die Thermodynamik in der Atmosphäre ein, wo diese Zusammenhänge verwendet werden.

      Umwälzdauer, Verweilzeit und Lebensdauer charakterisieren Stoffumsätze im Klimasystem

      Wichtige Größen zur Beschreibung von Zeitskalen von Massenveränderungen in Systemen sind Umwälzdauer, Verweilzeit und Lebensdauer oder Gleichgewichtslebensdauer. Die Umwälzdauer eines Volumens setzt den gesamten Masseninhalt eines Volumens und alle Flüsse aus diesem Volumen (oder alle Flüsse in das Volumen, was unter Gleichgewichtsbedingungen dasselbe ist) zueinander ins Verhältnis. Die Verweilzeit ist gleich definiert, bezieht sich aber auf einzelne Stoffe. Während also die Umwälzdauer beispielsweise die gesamte Wassermasse eines Sees betrachtet, bezieht sich die Verweilzeit beispielsweise auf einen Schadstoff im Wasser eines Sees. Wenn die Flüsse über die Zeit konstant sind, entspricht die Verweilzeit derjenigen Zeit, welche ein Molekül eines bestimmten Stoffs durchschnittlich in dem betrachteten Volumen verbringt.

      Die chemische Lebensdauer beruht auf dem gleichen