wird durchaus kontrovers diskutiert, ob dieser Fokus auf Interventionsstudien im RCT-Design der Heterogenität der Patienten und ihren Störungsbildern sowie den individuellen Wirkfaktoren, die den Erfolg einer sprachtherapeutischen Intervention ausmachen, gerecht wird (Marks 2017; Beitrag 3). Dennoch dürfen diese zweifellos bestehenden Herausforderungen kein Grund dafür sein, Interventionsforschung nicht auf einem qualitativ hochwertigen Niveau zu betreiben. Vielmehr erscheint es notwendig und sinnvoll, innerhalb des Evaluationsprozesses sowohl methodisch hochwertige qualitative Einzelfallstudien (in der Konzeptionsphase einer Intervention) als auch umfangreiche, quantitative Studien durchzuführen, die den Wirkungszusammenhang zwischen Intervention und Veränderung möglichst eindeutig belegen können (Marks 2017).
Werden die vorhandenen Studien unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, so lassen sich letztere – die methodisch hochwertigen quantitativen Interventionsstudien in Form von RCT – an einer Hand abzählen (Tab. 19).
Tab. 19: Übersicht über randomisierte und kontrollierte Interventionsstudien (RCT) von 1989 bis 2016 zur lexikalischen Therapie bei Kindern
Autoren (Jahr) | Alter der Kinder | Stichprobengröße | Art der Intervention |
Justice et al. (2005) | 5;0 bis 6;5 J. | N = 57 | Elaborationstherapie |
Zens et al. (2009) | 6;2 bis 8,3 J. | N = 38 | semantische und phonologische Elaborationstherapie |
Ebbels et al. (2012) | 9;11 bis 15;11 J. | N = 15 | semantische Elaborations- und Abruftherapie mit Strategieelementen |
Ulrich (2012), Motsch/Ulrich (2012a, 2012b) | 3;9 bis 5;1 J. | N = 82 | Strategietherapie vs. Elaborations- und Abruftherapie |
Marks (2017), Motsch/Marks (2015a, 2015b, 2016) | 8;6 bis 10;0 J. | N = 153 | Strategietherapie |
Zudem ist die Vergleichbarkeit der bisherigen Studienergebnisse erschwert. Dies lässt sich auf Unterschiede in der Therapiemethodik, der Art der Untersuchungsgruppe, der Anzahl und Dauer der Therapieeinheiten sowie auf die verwendeten Outcome-Maße zurückführen, anhand derer der Erfolg einer Therapie gemessen wurde.
unmittelbare Übungseffekte Zusammenfassend zeigen die im Zeitraum von 1989 bis 2016 durchgeführten ca. 25 nationalen und internationalen Interventionsstudien, dass mit den durchgeführten therapeutischen Maßnahmen gute Übungseffekte für den in der Therapie geübten, exemplarischen Therapiewortschatz erzielt werden konnten: Die Wörter, die mit den Kindern innerhalb der Intervention „bearbeitet“ wurden, konnten nach der Therapiephase besser benannt werden. Wie eingangs ausgeführt, greift dieser unmittelbare Trainingseffekt (oder triviale Übungseffekt) jedoch zu kurz. Eine erfolgreiche Intervention im lexikalischen Bereich muss zu Generalisierungseffekten auf in der Therapie nicht-geübtes Wortmaterial führen, um substanzielle Veränderungen der Kommunikationsfähigkeiten eines Kindes bewirken zu können.
ausbleibende Generalisierungseffekte Derartige Generalisierungseffekte konnten jedoch in den meisten Interventionsstudien, die Formen reiner Elaborations- und Abruftherapie evaluierten, nicht überzeugend nachgewiesen werden (Glück 2003; Ulrich 2012; Motsch et al. 2016; Marks 2017). Anders stellt sich dies für Therapiemethoden dar, die
■ neben Elaborations- und Abruftherapie zusätzlich strategieorientierte Elemente berücksichtigten oder
■ ausschließlich auf die Vermittlung von Strategien zielten (Motsch et al. 2016).
In diesen Fällen wurden durch die Therapie auch Leistungsveränderungen erzielt, die unabhängig vom exemplarischen Therapiewortschatz waren. Sowohl Easton et al. (1997) als auch Ebbels et al. (2012) zeigten, dass über eine Wortschatzintervention, die auch strategieorientierte Elemente beinhaltet, langfristige, signifikante Leistungszuwächse in standardisierten und normierten Wortschatztests erzielt werden können.
Effektivität von Strategietherapie Die Überprüfung der Effektivität einer reinen Strategietherapie wurde innerhalb des „Wortschatzsammler“-Projekts in mehreren experimentellen Pilotstudien sowie daran anschließend in zwei randomisierten und kontrollierten Interventionsstudien durchgeführt (Ulrich 2012; Motsch / Ulrich 2012a, 2012b; Motsch / Marks 2015a, 2015b, 2016; Marks 2017; Motsch et al. 2016).
Zusammenfassend belegen diese Interventionsstudien, dass eine strategieorientierte lexikalische Therapie bereits mit Kindern ab dem Alter von vier Jahren durchführbar ist. Ein strategieorientiertes Vorgehen führt zu größeren Generalisierungseffekten auf ungeübtes Wortmaterial als eine reine Elaborations- und Abruftherapie. Zudem zeigt sich eine Überlegenheit sogar für das Lernen des exemplarischen Wortmaterials. Die Effektivität der Therapie wurde sowohl für die Einzel- als auch für die Kleingruppentherapie nachgewiesen. Mehrsprachig aufwachsende Kinder können von einem strategieorientierten Vorgehen in zweifacher Hinsicht profitieren: Zum einen zeigen sich positive Effekte auf den deutschen Wortschatz der Kinder, zum anderen gibt es erste Hinweise auf Übertragungseffekte auf die nicht-therapierte Erstsprache der Kinder (Motsch / Marks 2016).
Zusammenfassung
Für die sprachtherapeutische und sprachheilpädagogische Praxis empfiehlt es sich somit auf Basis der vorhandenen Evidenz,
im Rahmen von Elaborationstherapie gezielt semantische und phonologische Aspekte des Wortwissens miteinander zu verknüpfen,
den langfristig stabilen Zugriff auf Wörter des exemplarischen Therapiewortschatzes über den Einsatz von Schnellbenennübungen sicherzustellen, die traditionellen Formen von Elaborations- und Abruftherapie um das strategieorientierte Vorgehen zu ergänzen bzw. zu ersetzen.
Um die Hintergründe zu verstehen, welche Methode oder welche Kombination von Methoden für das einzelne Kind aus welchen Gründen besonders gut (oder weniger gut) funktioniert, sind weitere empirische Studien zur Wirksamkeit lexikalischer Therapiemethoden von Nöten.
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