und -kognitiven Fähigkeiten der Kinder als angemessen und hilfreich herausstellten (Motsch et al. 2016; Marks 2015, 2017).
Abrufstrategien Gelingt dem Kind der schnelle und gezielte Zugriff auf ein bestimmtes Wort nicht, muss es das langfristige Ziel der Therapie sein, die Kinder zum eigenständigen Deblockieren über selbst generierte Hinweisreize zu befähigen (self-priming / self-cueing, Kap. 1). Nur so können abrufgestörte Kinder langfristig unabhängig von externen Hilfen durch Therapeuten, Eltern oder Lehrer werden. Um die Kinder an diese kognitiv äußerst anspruchsvolle Aufgabe heranzuführen, demonstriert auch die Handpuppe Tom mögliche Abrufschwierigkeiten und generiert eigene Hinweise, um sich selbst zu deblockieren. Mit älteren Kindern wird konkret das Vorgehen erarbeitet, um sich Abrufhinweise zu generieren und diese zum Abruf zu nutzen (Therapieeinheiten 18 bis 20 zum „self-priming“ im Schulalter-Konzept; Tab. 18).
Zielwörter als Transporter Auch im Wortschatzsammler-Konzept wird ein exemplarisches Set an Wörtern als Material für die Therapie ausgewählt. Entscheidender Unterschied zur Elaborationstherapie ist jedoch, dass das „Lernen“ dieser Wörter, also die Vermittlung eines exemplarischen Therapiewortschatzes nicht das Ziel der Therapie ist. Die Wörter stellen also keine „Ziel“-Wörter im eigentlichen Sinne dar. Vielmehr dienen sie als Transporter, mit denen den Kindern die unterschiedlichen lexikalischen Strategien vermittelt werden können. Bei den Vorschulkindern und den jüngeren Schulkindern steht in jeder Therapieeinheit ein Stundenthema mit entsprechendem Wortmaterial im Mittelpunkt. In der Schatzkiste befinden sich in der Regel vier Nomen in Form von Realgegenständen sowie zwei Verbfotos. Mögliche Stundenthemen sind z. B. Einkaufen, Werkzeuge, Am Schreibtisch, Im Bad, Polizei, Zirkus. Für die älteren Schulkinder befinden sich in der Schatztruhe ausschließlich Bild- und Schriftkarten. Das Wortmaterial gehört nun nicht mehr thematisch zusammen, sondern wird z. B. nach semantischen Relationen ausgewählt (Tab. 18).
Phasen der Therapiestunde Jede Therapiestunde folgt einem festen Ablauf und besteht aus vier Phasen (Tab. 17). Unterschiedlich sind nur die jeweiligen Füllungen der Schatztruhe.
Tab. 17: Vier Phasen des Wortschatzsammler-Konzepts
Inhalte | Ziele | |
Phase 1 | Suchen und Auspacken der Schatztruhe, Sammeln der Schätze in den Schatzsack | – Aufmerksamkeit auf die lexikalischen Lücken richten – erstmaliges Angebot der Fragestrategien durch Tom |
Phase 2 | Erkunden und Ausprobieren der gesammelten Schätze, Aktivitäten und Spiele mit den Schätzen | – Fragestrategien zur semantischen und phonologischen Elaboration erlernen und eigenständig einsetzen – Strategien zum verbesserten Einspeichern erlernen und anwenden |
Phase 3 | Die Kontrollinstanz (Vorschule: Zauberer, Schule: Therapeut) verzaubert die echten Schätze in kleine Fotos. | – erneuter Abruf der Wortform- und -bedeutungsinformationen – Frage-, Speicher- und Abrufstrategien einsetzen wenn notwendig |
Phase 4 | Schätze sichern im Schatzheft/ Schatzkasten | – semantische Relationen entdecken – Strategien zum semantischen Sortieren und Kategorisieren erwerben |
■ Phase 1: Das Kind darf die Schatztruhe, die zuvor im Therapieraum versteckt wurde, suchen. Ist sie gefunden, dürfen Kind und Tom abwechselnd jeweils einen Schatz in ihren Schatzsuchersack stecken. Schätze sind dabei nur die Dinge, deren Bedeutung oder Wortform unbekannt ist, oder die aktuell nicht benannt werden können. Über das Modell von Tom werden erstmals die Fragestrategien angeboten.
■ Phase 2: In der zweiten Phase werden die gefundenen Schätze erkundet und ausprobiert. Fragen zur semantischen und phonologischen Elaboration werden am Modell von Tom angeboten und Speicherstrategien eingesetzt, um schwierige Wortformen besser abspeichern zu können. Im Vorschulalter findet eine konkrete Spielhandlung mit den gefundenen Schätzen statt (z. B. einen Nagel einschlagen, als Polizist eine Verkehrskontrolle durchführen, einen Knopf annähen). Im Schulalter werden spielerische Aktivtäten mit dem Wortmaterial durchgeführt (Tab. 18).
■ Phase 3: Die dritte Phase zielt auf den erneuten Abruf des semantischen und phonologischen Wortwissens zu den gesammelten Schätzen. Bei den Vorschulkindern fragt eine weitere Handpuppe, der Zauberer, die Kinder nach Wortform und Wortbedeutung ihrer Schätze. Im Schulalter übernimmt diese Aufgabe der Therapeut. In jedem Fall erhält das Kind ein kleines Foto von seinem Schatz, wenn es dieses Wissen spontan abrufen konnte oder sich über den erneuten Einsatz von Frage-, Speicher- oder Abrufstrategien geholfen hat.
■ Phase 4: Die Fotos der Schätze werden nun noch gesichert. Dies erfolgt bei den Vorschulkindern in einem Schatzheft. Hierbei werden am Modell von Tom Anregungen zur semantischen Sortierung und Kategorisierung gegeben. Wie bereits ausgeführt, steht im Mittelpunkt dieser Aktivität nicht die Frage nach einer „richtigen“ Sortierung, sondern die grundsätzliche Einsicht des Kindes, dass Dinge aufgrund von Gemeinsamkeiten und Unterschieden enger oder weniger eng zusammengehören. Die älteren Schulkinder kleben ihre Schatzfotos auf Karteikarten und schließen diese in einem Schatzkasten sicher weg. Zusätzlich können wichtige semantische Merkmale, thematisierte semantische Relationen oder auch phonologische Charakteristika wie Silbenanzahl oder Anlaut mit auf der Karteikarte festgehalten werden.
Modifikationen für ältere Schulkinder Auch wenn Ziele, Prinzipien und Ablauf gleich sind, enthält das Wortschatzsammler-Konzept für die älteren Schulkinder einige zusätzliche Elemente, die den fortgeschrittenen sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten dieser Kinder Rechnung tragen.
In erster Linie ist hier das Schriftbild als wichtige Ressource und zusätzliche Informationsquelle für die Speicherung der Wörter zu nennen.
Die lexikalischen Strategien werden auf einer sogenannten „Tipp-Tafel“ visualisiert. Diese Tipp-Tafel wird innerhalb der ersten drei Therapiestunden schrittweise eingeführt und dient als eine Erinnerungsstütze für die Kinder (Abb. 12).
Abb. 12: Tipp-Tafel zur Visualisierung lexikalischer Strategien (Motsch et al. 2016, 203)
Das Wortmaterial, also die Füllungen für die Schatzkisten, ist den veränderten Bedürfnissen und Fähigkeiten älterer Kinder angepasst. Dementsprechend befinden sich in der Schatztruhe nun keine realen Gegenstände oder Spielgegenstände mehr, sondern ausschließlich Fotos, Zeichnungen und Schriftkarten. Die Auswahl der Wörter orientiert sich nicht mehr an thematischen Aspekten, sondern z. B. an wichtigen semantischen Relationen wie der Hyperonymie (Oberbegriffe, Therapieeinheit 4 und 5, Tab. 18) oder der Antonymie (Gegenteile, Therapieeinheiten 6 bis 8, Tab. 18).
Tabelle 18 zeigt eine Übersicht der 20 bereits entwickelten Therapieeinheiten für die älteren Schulkinder.
Tab. 18: Übersicht über die 20 Therapieeinheiten im Wortschatzsammler-Konzept für die älteren Schulkinder (Motsch et al. 2016, 190)
Einheit | Stundenthema | Aktivitäten in Phase 2 |
Einführung | ||
1-2 | Einführung: Tom und die Schatzsuche kennenlernen | Einführung der Tipp-Tafel und des Schatzkastens |
3 | Tom und die Schatzsuche kennenlernen, Einführung des Alltagspiraten | Schatzsuche im Therapieraum, Vervollständigung der Tipp-Tafel |
Arbeit mit semantischen Relationen
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