widerlegbar ist (Thurow, L.C., 1990). Diese Vorgehensweise erscheint vor dem Hintergrund wissenschaftstheoretischer Anforderungen an die Theorienbildung äußerst fragwürdig. Es muss daher angezweifelt werden, ob es Porter tatsächlich gelungen ist, eine Theorie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Ländern, Branchen und Unternehmen zu formulieren.
Porter zeigt mit seinem „Diamanten“ empirisch neue Zusammenhänge über die internationale Wettbewerbsfähigkeit anhand von 10 Ländern und mehr als 100 Branchen auf. Hier konkretisieren sich viele seiner Aussagen anhand von Beispielen aus Unternehmen und Branchen, die weltweit erfolgreich waren.
2.5 Relevanz für das Internationale Management
Die Konzepte von Perlmutter und Ohmae sowie das Globalisierungsmodell von Porter stellen zwar für ein entscheidungsorientiertes Internationales Management eine wertvolle Hilfe dar, indem sie aufzeigen, welche Gesichtspunkte für eine erfolgreiche Internationalisierung von Unternehmen relevant werden können, jedoch ist die Aussagekraft dieser Ansätze für praktische Entscheidungen und deren Umsetzung nur begrenzt.
Erstens behandeln die Theorien zur Generierung von Internationalisierungsstrategien trotz der umfassenden Porter-Analyse nur Teilaspekte für konkrete betriebswirtschaftliche Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit dem Internationalen Management.
Zweitens geben sie nur ansatzweise Gestaltungsempfehlungen wie z.B. Ohmae über die regionale Verteilung oder Perlmutter über Organisations- und Führungsprobleme der internationalen Aktivitäten von Unternehmen. Auch Porters Empfehlungen im Zusammenhang mit der Globalisierung der Wertkette oder im Rahmen der Analyse von nationalen Wettbewerbsvorteilen beantworten nicht alle für eine Internationalisierungsstrategie relevanten Fragestellungen. Sie sind somit weitgehend Erklärungsmodelle und nur begrenzt Entscheidungsmodelle (z.B. ansatzweise das Globalisierungsmodell von Porter).
Drittens sind die Ansätze im situativen Kontext entwickelt worden und konzentrieren sich weitgehend auf Großunternehmen und auf bestimmte Industrieländer.
Viertens werden die Interdependenzen und Zusammenhänge, die zwischen den unterschiedlichen als wichtig empfundenen Variablen vorhanden sind, nur sehr unzureichend analysiert.
Fünftens werden in den verschiedenen Modellen nur vereinzelt konkrete Entscheidungshilfen für die Markteintritts- und -bearbeitungsstrategien im Ausland gegeben. Auch die Probleme der Umsetzung der Internationalisierungsstrategie in betriebliche Teilstrategien werden nur bruchstückhaft dargestellt und einer Lösung nähergebracht. Meist stehen dabei die Marketing-, teilweise auch die Beschaffungs- und Personalstrategie im Vordergrund der Überlegungen. Der „Rundumschlag“ bei der Analyse der nationalen Wettbewerbsvorteile [108]von Porter ist andererseits wieder so umfassend, dass er zu einer konkreten betriebswirtschaftlichen Entscheidungshilfe nur wenig beiträgt.
Fallstudie: Internationale Marktlebenszyklen in der Nutzfahrzeugindustrie
Internationale Marktlebenszyklen in der Nutzfahrzeuindustrie | |
Matthias Litschke, Manager, PERLITZ STRATEGY GROUP GmbH & Co. KG |
Die Stammmärkte der Hersteller von PKWs und LKWs in den traditionellen Industriestaaten Europas, Nordamerikas und Japan sind reife Märkte: Im Marktlebenszyklus haben sie nach der erfolgreichen Massenmobilisierung des 20. Jahrhunderts die Reifephase erreicht und stagnieren nun auf hohem Niveau. Die Hersteller haben ihr Geschäftsmodell erfolgreich um die lukrativen Geschäfte Wartung und Reparatur, Ersatzteile, Finanzierung sowie die Gebrauchtfahrzeugvermarktung erweitert. Diese Geschäfte machen in vielen Märkten bereits über 50% des Branchenumsatzes aus sowie 95% der Rentabilität. Das vermeintliche Kerngeschäft, der Verkauf neuer Fahrzeuge, ist zunehmend die wenig profitable Eintrittskarte in diese lukrativen After-Sales-Märkte.
Echtes Wachstum scheint nur noch in den Schwellen- und sich entwickelnden Ländern möglich. Diese Märkte befinden sich im Marktlebenszyklus noch in unterschiedlichen Phasen des Wachstums mit jährlichen Wachstumsraten von z.T. bis zu 25% und einem stetig wachsenden Weltmarktanteil. Bei LKWs beträgt z.B. der Weltmarktanteil der BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) bereits 64% der verkauften Einheiten, bei PKWs 28%. Mittelfristig ist davon auszugehen, dass die etablierten Stammmärkte der Hersteller nur noch lediglich 20% (LKW) bzw. 45% (PKW) des Weltmarktes ausmachen werden. Eine starke Präsenz in diesen Wachstumsmärkten ist also unabdingbar für die Unternehmensstrategie jedes etablierten Anbieters.
Dies wirft jedoch Probleme auf: Die westlichen Hightech-Produkte sind für weite Teile dieser Märkte zu teuer und treffen hier auf kostengünstige Low- und Mid-Tech-Wettbewerber aus Schwellenländern wie Korea, China und Indien. Überdies stehen i.d.R. in Schwellen- und sich entwickelnden Märkten die für Hightech-Fahrzeuge notwendigen Treibstoffqualitäten nicht zur Verfügung: Gesetzliche Abgasnormen definieren die eingesetzte Motorentechnik, diese wiederum definiert die erforderliche Treibstoffqualität. Die Welt folgt hier kaskadenartig den entwickelten Ländern: Neue Abgasnormen werden in Westeuropa, den USA und Japan eingeführt, zeitversetzt in Osteuropa und den Schwellenländern übernommen und schließlich auch in sich entwickelnden Volkswirtschaften zum Standard. Technische „Rückwärtskompatibilität“ ist nicht gegeben: Ein deutscher LKW des modernen Euro-5-Standards würde durch den in Indien verfügbaren Diesel auf [109]Euro-3-Niveau beschädigt. Ein in Schwellenländern angebotenes Fahrzeug muss also nicht nur preislich wettbewerbsfähig sein, sondern überdies mit dem lokalen Treibstoff fahren können. Erforderlich für eine erfolgreiche Marktbearbeitung sind somit entweder lokal angepasste, technisch einfachere Fahrzeuge oder aber ältere Fahrzeuge aus den entwickelten Märkten, die noch aus der Zeit der älteren Abgasnormen stammen.
Die Hersteller beschreiten beide Wege: Einerseits beteiligen sie sich an Herstellern der Zielmärkte oder kooperieren mit diesen. Die westlichen Hersteller bringen hierbei Kapital und Technologiekompetenz ein, die lokalen Hersteller kostengünstige Produktionskapazitäten und lokale Marktpräsenz. Der zweite Ansatz ist die Vermarktung gebrauchter Fahrzeuge aus den entwickelten Märkten. Hierbei schlagen die Hersteller zwei Fliegen mit einer Klappe: Im Neufahrzeuggeschäft ihrer Heimatmärkte vertreiben die Hersteller mittlerweile einen signifikanten Anteil aller Fahrzeuge via Leasing. Leasing ist letztlich ein Mietgeschäft, das Fahrzeug verbleibt hierbei i.d.R. im Eigentum des Herstellers und muss somit nach Ablauf des Leasingvertrages als Gebrauchtfahrzeug vermarktet werden. Die Heimatmärkte nehmen jedoch die hohe Anzahl solcher Gebrauchtfahrzeuge nicht auf.
Der Export dieser Gebrauchtfahrzeuge in die Wachstumsmärkte löst dieses Problem und liefert dem Hersteller gleichzeitig technisch geeignete und günstige Fahrzeuge für die Wachstumsmärkte. Das Ergebnis ist eine Exportkaskade: Im ersten Schritt werden gebrauchte Fahrzeuge in die mittel- und osteuropäischen Wachstumsmärkte wie Polen, Tschechien oder Russland exportiert, wo sie für einige Jahre eingesetzt werden (2. Leben). Danach wandern sie für ein weiteres, drittes Leben nach Südostasien oder Südamerika, bevor sie wiederum Jahre später auf den afrikanischen Märkten landen, wo sie ihre verbleibende Nutzungsdauer verbringen (4. Leben). Während in Westeuropa für jeden fabrikneuen LKW zwei gebrauchte verkauft werden, sind dies in Polen oder Tschechien schon fünf und in Russland zehn. In den Märkten des dritten und vierten Lebens ist der Anteil der Gebrauchtfahrzeuge am Gesamtmarkt entsprechend noch höher.
Unabhängig davon, ob diese Kaskade von den Herstellern selbst oder von unabhängigen Händlern in Gang gesetzt wird, schafft sie in den neuen Märkten eine Fahrzeugpopulation von Daimler-, MAN- oder Scania-LKW, die den Herstellern ein lukratives Ersatzteilgeschäft ermöglicht, ihre Marke bekannt macht und die Grundlage dafür legt, in Zukunft auch neue Fahrzeuge zu verkaufen, sobald das Wachstumsland das entsprechende Kaufkraftniveau erreicht hat. Hinter der Speerspitze der Gebrauchtfahrzeugvermarktung kann also nach und nach eine Vertriebsorganisation geschaffen werden, die schrittweise das gesamte etablierte Geschäftsmodell aus Neufahrzeug, Wartung/Reparatur, Ersatzteilen und Finanzierung anbieten kann.
Kritische Voraussetzung ist das Fehlen von Handelsbarrieren zwischen den Wirtschaftsblöcken sowie der Verzicht auf protektionistischen Schutz lokaler