Randolf Schrank

Internationales Management


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Managementforschung der 1980er und 1990er Jahre beziehen sich auf diese Begriffsbestimmung, die auch hier zugrunde gelegt wird.

      Das Kulturphänomen wird oft mit einem Eisberg verglichen, dessen größter Teil unter Wasser verborgen bleibt (vgl. Abbildung 56). Der sichtbare, explizite und manifeste Teil beinhaltet kulturelle Artefakte wie Symbole, Rituale, Sprache, Kleidung, Essen, Architektur, Kunst usw. Diese reflektieren aber nur tieferliegende Schichten der Kultur, d.h. die [119]zugrunde liegenden, meist unbewussten und internalisierten Wertvorstellungen, Normen, Denkweisen und Einstellungen (Kutschker, M./Schmid, S., 2011; Trompenaars, F., 1993).

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      Kultur hat verschiedene Funktionen. Sie bietet dem Einzelnen ein Orientierungssystem und einen Bezugsrahmen, anhand derer eigene Erfahrungen und Verhaltensweisen eingeteilt und organisiert werden können. Der kulturelle Rahmen setzt somit Standards für Wahrnehmung, Denken, Urteilen und Handeln. Kultur als kollektiv geteilte kognitive Infrastruktur stellt einen effektiven Interpretations- und Problemlösungsmechanismus dar, um die komplexe Umwelt bewältigen zu können. Darüber hinaus stellt Kultur eine eigene Identität bereit. Der Sozialisationsprozess durch Lernen am Kulturmodell ermöglicht ein einheitliches Handeln und effizientes Arbeiten. Kultur hilft den Mitgliedern einer Gesellschaft bei der Kommunikation, Interaktion und Erfolgssicherung.

      Der Prozess der Prägung der kulturellen Grundpersönlichkeit des Einzelnen erfolgt durch Enkulturation, d.h. durch das Lernen der spezifischen Kulturmuster und -werte. Kulturelle, biologische und soziale Faktoren sowie Umwelteinflüsse sind dabei eng miteinander verbunden und ergänzen sich gegenseitig (siehe Abbildung 57) (Holzmüller, H.H./Berg, N., 2002; v. Keller, E., 1982).

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       Quelle: v. Keller, E., 1982

      Kulturen als Ergebnis eines langen Prozesses der internen Adaption und Integration bei gleichzeitiger Abgrenzung nach außen sind grundsätzlich sehr stabil und auf Kontinuität ausgerichtet. Dennoch verändern sich Kulturen. Kultur ist zugleich Produkt und Prozess, d.h., sie muss ständig ihre Anpassungsfähigkeit unter Beweis stellen. Nur ein adaptivevolutionärer Prozess kann es ermöglichen, dass die kulturellen Inhalte und Formen langfristig geeignet bleiben, die spezifischen Umweltprobleme zu lösen sind und eine Überalterung der kulturellen Determinanten verhindert wird (Dülfer, E., 1992a; Matenaar, D., 1983).

      Es bestehen verschiedene Ansätze, das Phänomen Kultur zu erfassen. Letztendlich geht es darum, das hypothetische Konstrukt Kultur in verschiedene Dimensionen aufzuspalten, die als Vergleichskriterien für die Beschreibung und den Vergleich einzelner Länder und Kulturen dienen sollen. In der Literatur lassen sich verschiedene Kulturdimensionen differenzieren. Zwei der bedeutendsten Kulturstudien sind die Ansätze von Trompenaars sowie von Hofstede.

      Trompenaars unterscheidet in seinem Ansatz insgesamt sechs kulturelle Dimensionen, von denen allerdings nur fünf für den Themenbereich des Internationalen Managements relevant sind. Seine empirische Untersuchung zur Quantifizierung kultureller Differenzen basiert auf der Befragung von 15.000 Managern aus 47 Nationen. Er unterscheidet zwischen folgenden Kulturdimensionen (Trompenaars, F./Hampden-Turner, C., 2012; Trompenaars, F., 1996; Trompenaars, F., 1993a):

       (1) Universalismus versus Partikularismus

      Diese Kulturdimension gibt wieder, inwieweit in dem jeweiligen Land das Generelle oder das Spezifische Vorrang hat. So legen universalistische Kulturen großen Wert auf die Einhaltung von Regeln und stellen diese gar über menschliche Beziehungen. Partikularistische Kulturen hingegen betrachten vorrangig die spezifischen Umstände oder persönlichen Hintergründe bei Entscheidungen aller Art. Hierdurch rückt die spezifische Situation in den Vordergrund. Eher universalistische Kulturen sind neben den angelsächsischen Ländern USA, Kanada und Großbritannien vor allem die germanischen Nationen [121]Deutschland, Österreich und die Schweiz, während beispielsweise Venezuela, Südkorea, Russland oder China als partikularistisch eingestuft werden.

       (2) Individualismus versus Kollektivismus

      Hierbei geht es um die Frage, ob sich Personen primär als Individuen sehen oder sich über die Zugehörigkeit zu einer Gruppe definieren. Damit einher geht die Diskussion, ob sich Individuen bei ihren Entscheidungen an den persönlichen Interessen ausrichten oder eine Unterordnung unter ein Kollektiv stattfindet. Trompenaars betont, dass es bei dieser Dimension durchaus vorkommen kann, dass in Ländern sowohl individualistische als auch kollektivistische Tendenzen auftreten können. Die USA, Rumänien, Tschechien, Russland, Nigeria oder Israel gelten als individualistische, während Japan, Indien, Ägypten oder Mexiko als kollektivistische Nationen betrachtet werden.

       (3) Neutrale Beziehungen versus affektive Beziehungen

      Bei dieser Dimension spielen Gefühle und Beziehungen eine dominierende Rolle. So steht in neutralen Kulturen ein rationales Verhalten im Vordergrund, wohingegen in affektiven Kulturen Gefühle und Emotionen nicht unterdrückt werden. Die Mehrzahl der lateinischen, afrikanischen und arabischen Nationen wird den affektiven Kulturen zugerechnet, während Japan und China sowie mehrere mittel- und nordeuropäische Länder (z.B. Polen, Bulgarien oder Österreich) als neutral gelten.

       (4) Spezifische Beziehungen versus diffuse Beziehungen

      Diese Dimension drückt das Maß der Betroffenheit eines Individuums durch eine bestimmte Situation oder Handlung aus. In Kulturen mit diffusen Beziehungsstrukturen lassen sich unterschiedliche Lebensbereiche nicht voneinander trennen, während in spezifischen Kulturen beispielsweise die Felder Arbeit und Familie klar voneinander abgetrennt sind. China, Kuwait, Indonesien oder Chile gelten als eher diffus, während die westlichen Industriestaaten eher spezifisch orientiert sind.

       (5) Leistung versus Ansehen

      Die letzte Dimension bezieht sich darauf, ob der Status einer Person durch ihr Ansehen (z.B. aufgrund der Herkunft, religiöser Vorstellungen oder des Alters) oder aufgrund einer erzielten Leistung erreicht wird. Die USA gelten dabei als Land mit einer hohen Statuserreichung, wohingegen mitteleuropäische Länder (z.B. Italien, Deutschland und Russland) eher den Kulturen zugerechnet werden, in denen das Ansehen eine große Rolle spielt. In einer Vielzahl südamerikanischer, asiatischer und arabischer Länder sind derartige Tendenzen noch wesentlich stärker ausgeprägt.

      Die in der Betriebswirtschafts- und Managementlehre am häufigsten genannte und zitierte Studie zur Kulturerfassung stammt von Hofstede, der in seiner Untersuchung beim Computerhersteller IBM 117.000 Fragebögen aus 67 Ländern mit jeweils 60 Items analysiert hat (Hofstede, G., 1982). Die Datenerhebung fand zwar zwischen 1968 und 1972 statt, doch trotz des hohen Alters wird die Studie auch heute noch als Basis der meisten Untersuchungen zur kulturvergleichenden Managementforschung herangezogen. Ziel der Hofstede-Studie war die Ausarbeitung von Dimensionen, mit deren Hilfe Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Ländern dargestellt werden können. Hofstede gelangt in seiner Analyse zunächst zu vier Kulturdimensionen mit den Bezeichnungen:

      1 Machtdistanz

      2 Individualismus/Kollektivismus

      3 Maskulinität/Femininität

      4 Unsicherheitsvermeidung

      Später kam mit der Langfrist-/Kurzfristorientierung eine fünfte Dimension