(Šimundža, 123) Die Synode sah in der „desinteressierten Mehrheit“ ein „großes Potenzial der Kirche“ und wollte, dass dieser Zustand analysiert werde (Šimundža, 123). Dazu ist es jedoch nie gekommen. Die zweite Bistumssynode von Ðakovo und Syrmien (1998-2002) und die zweite Synode des Zagreber Erzbistums (2016-2018) erwähnen in ihren Berichten die Lage der Frauen in der Kirche überhaupt nicht. Die Frauen haben gar nicht erst versucht, ihr Schweigen selbst zu definieren. Vergebens haben sie darauf gewartet, dass jemand es erkennt und ihm Aufmerksamkeit schenkt (vgl. Anić 2004, 419-420). Das Schweigen der Frauen, das die katholische Kirche in Kroatien im 20. Jahrhundert charakterisiert, kennzeichnet es auch im 21. Jahrhundert, wobei es Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt. Eine Gemeinsamkeit besteht darin, dass die sogenannte Frauenfrage in Bezug auf andere gesellschaftliche und kirchliche Fragen immer zweitrangig war und dass auch die Frauen selbst dies akzeptiert haben. Denn Frauen in Kroatien erheben nicht ihre Stimme und fordern ihre Rechte nicht ein, wenn die Familie, die Nation und die Kirche bedroht scheinen – und in Kroatien besteht diese Bedrohung immer, ob real oder konstruiert.
Antifeminismus als Ausdruck katholischer und nationaler Gesinnung
In der vorsozialistischen Zeit (bis 1945) wurde von Frauen erwartet, sich dem „Kampf“ der (männlichen) katholischen Bewegung gegen Liberalismus und Kommunismus anzuschließen. Da die damaligen Forderungen des säkularen Feminismus nach Gleichberechtigung und dem Wahlrecht von Frauen in der katholischen Bewegung als ideologisches Mittel der Liberalen, Freimaurer und Kommunisten gegen die Familie, die Nation und die Kirche ausgelegt wurden, distanzierten sich die Katholikinnen davon. Anstatt auch ihre Rechte einzufordern, fokussierten sie sich auf die Pflichten, die sie (vermeintlich) gegenüber dem Volk und dem katholischen Glauben hatten und wollten damit ihre Hingabe und Solidarität mit den Männern im Kampf für „höhere Ziele“ unter Beweis stellen (Anić 2004, 130–145). Diese Haltung war nicht nur den Katholikinnen eigen. Da der säkulare Feminismus für Frauenrechte kämpfte, verzichteten Frauen auch jenseits der Kirche aus Solidarität mit den Männern auf den Kampf für ihre Rechte. Beispielsweise folgten sie nicht der Einladung der Ungarinnen, gemeinsam ein Wahlrecht zu fordern, weil sie mit den Männern solidarisch waren, die mit den Ungarn im Rahmen der österreichisch-ungarischen Monarchie (bis 1918) um nationale Interessen stritten (Anić 2004, 208). In der sozialistischen Phase nach Ende des Zweiten Weltkrieges sah man kirchlicherseits im Feminismus ausschließlich eine kommunistische „Keule“ gegen die Familie, die Nation und die Kirche. Dabei wurde stets übersehen, dass auch von der Kommunistischen Partei der Feminismus abgelehnt und als westliche, bourgeoise Ideologie denunziert wurde (Anić 2004, 43). Nach der demokratischen Wende im Jahr 1991, besonders während des kroatischen Verteidigungskrieges (1991-1995), wurden feministische Organisationen wegen ihrer angeblichen anti-nationalen Einstellung angegriffen. Die Frauen bemühten sich daher, ungeachtet ihrer Weltanschauung oder ihrer Bildung, nicht mit Feministinnen gleichgesetzt zu werden.
Antigenderismus in der katholischen Kirche
Das Schweigen der Frauen in der Vergangenheit könnte also damit zusammenhängen, dass sie in einem bestimmten historischen und gesellschaftlichen Kontext Angst hatten, mit dem Kampf für ihre Rechte gleichzeitig Verrat an nationalen und konfessionellen Interessen zu begehen. Das Problem ist jedoch, dass in Kroatien die Überzeugung, die Familie, das Volk und die Kirche seien in Gefahr und müssten verteidigt werden, bis heute fortwirkt. In der jüngeren Zeit, insbesondere nach 2013, als auch in anderen europäischen Ländern die Anti-Gender-Kampagnen begannen (Kuhar/Paternotte, 1-22), wird in der sogenannten „Gender-Ideologie“ eine Gefahr erkannt. Sie wird zur Ideologie erklärt, deren Ziel es sei, die christliche Anthropologie und die gesamte Menschheit zu zerstören. Der „Gender-Ideologie“ wird unter anderem vorgeworfen, Geschlechter-Stereotypen zu dekonstruieren, was als Versuch gewertet wird, einen neuen, geschlechtslosen Menschen schaffen zu wollen. Die Dekonstruktion von Geschlechter-Stereotypen stellt das Modell der Komplementarität von Frau und Mann in Frage, das v. a. Papst Johannes Paul II. in seiner Theologie des Leibes vertreten hat. Obwohl diese Dekonstruktion eine Befreiung der christlichen Anthropologie von aristotelischen Voraussetzungen darstellt, auf denen die Geschlechter-Stereotypen schließlich basieren, wird sie als Destruktion der christlichen Anthropologie und Vernichtung der menschlichen Kultur allgemein interpretiert (vgl. Anić 2019). Man kann nicht sagen, dass diese Interpretation das eigene Forschungsergebnis kroatischer Theolog*innen sei. Genau wie die kroatischen Bischöfe übernehmen sie Aussagen über die „Gender-Ideologie“ und die Zerstörung der christlichen Anthropologie von Päpsten (z. B. Benedikt XVI., Franziskus), Bischofskonferenzen (z. B. der polnischen, slowakischen), einzelnen Bischöfen (z. B. Vitus Huonder, Chur oder Andreas Laun, Salzburg) (vgl. Marschütz 2014, 458) und Kardinälen (z. B. Robert Sarah) (vgl. Anić 2017, 427-433; Anić 2021, 168).
Binäres Geschlechtermodell als Grundlage der Ekklesiologie
Das komplementäre Geschlechtsmodell ist laut der Anti-Gender-Bewegung unverzichtbar für die katholische Kirche. Papst Johannes Paul II. hatte es aus dem anthropologischen auf den ekklesiologischen Bereich übertragen, mit der Konsequenz, dass er damit das Verbot der Priesterweihe für Frauen rechtfertigen konnte. Er führte nämlich eine Unterscheidung zweier kirchlicher Dimensionen ein: die „apostolisch-petrinische“ (= männliche), die führt, lehrt und verwaltet, und die „marianische“ (= weibliche), die gehorcht und folgt (vgl. Mulieris dignitatem, 27). Die Dekonstruktion des anthropologischen Komplementärmodells weckt nun die Angst vor einer möglichen Veränderung bestehender kirchlicher Strukturen, die die fehlende geschlechtliche Gleichberechtigung verteidigen. Durch die Angst vor den Folgen einer zerstörerischen „Gender-Ideologie“; die als schlimmer als Kommunismus und Faschismus zusammen dargestellt wird, wird eine Atmosphäre moralischer Panik hervorgerufen (vgl. Anić 2015). Infolgedessen wird jede Rede über Frauen außerhalb des Rahmens des Komplementärmodells als gefährlich, unchristlich und „gender-ideologisch“ bezeichnet. Aus Angst vor Denunziationen oder um anderen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, meiden viele Frauen, insbesondere Theologinnen, dieses Thema oder schreiben im Einklang mit den Thesen des komplementären Geschlechtsmodells.
An diesem Punkt stößt man auf einen Unterschied zur sozialistischen Zeit. Vor dem demokratischen Wandel äußerten Frauen die Hoffnung, dass ihr Schweigen ein Ende hätte, wenn sich die Zahl der Theologinnen vergrößern würde. Die Zahl der Theologinnen hat sich vergrößert. So unterrichtete z. B. 1999/2000 keine Frau an einer der theologischen Fakultäten Kroatiens. Im Studienjahr 2020/21 sind vier Frauen Leiterinnen von Lehrstühlen (10,5 Prozent), es gibt sechs ordentliche (20 Prozent) und acht außerordentliche (32 Prozent) Professorinnen, zehn Dozentinnen (26 Prozent). Eine Frau ist Leiterin der Theologie in Rijeka (Regionales Zentrum der Katholischen Theologischen Fakultät in Zagreb). Darüber hinaus sind Frauen Prodekaninnen und stellvertretende Leiterinnen verschiedener Abteilungen.2 Außerdem nahm die Anzahl von Frauen in kirchlichen Einrichtungen nach den demokratischen Veränderungen erheblich zu, und so haben Frauen heute auch führende Ämter in der Kirche inne. Derzeit gibt es allerdings keine Übersicht darüber, an welchen Stellen Frauen in kirchlichen Institutionen beschäftigt oder als Volontärinnen tätig sind. Eine Analyse der Websites der (Erz-)Diözesen in der Republik Kroatien gibt Einblick in die Tätigkeiten und Führungspositionen von Frauen in kirchlichen Einrichtungen: Es gibt mittlerweile Direktorinnen der (erz-)diözesanen Caritas, Direktorinnen von katholischen Schulen, Leiterinnen von Volksküchen, Familienberatungsstellen, von Unterkünften für Frauen und Kinder, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, Leiterinnen von verschiedenen Büros und Buchhaltungsabteilungen, Leiterinnen der Pressestellen, Herausgeberinnen religiöser Rundfunk- und Fernsehshows, offizieller Newsletter und Websites der Diözesen usw. (Anić 2019a).
Wer nicht schweigt, erfährt Ressentiments
Doch auch wenn sich Frauen öffentlich zu Wort melden und bestimmte Entscheidungsbefugnisse haben, herrscht ein doppeltes Schweigen: Es sind die Frauen selbst, die über die „Frauenfrage“ schweigen, und es ist die Situation der Frauen, über die geschwiegen wird. Es gibt keine Forschungen über ihre Arbeitsbedingungen,