und Christinnen seit 500 Jahren paritätisch auf die katholische und die evangelische Kirche verteilen. Katholischen Frauen ist damit ein alternatives gelingendes Modell präsent, da die Frauenordination in allen Landeskirchen der evangelischen Kirche in Deutschland – nach heftigen Diskussionen und in verschiedenen Schritten bis zur den Pfarrern gleichgestellten Ordination – eingeführt wurde, so zunächst 1958 in den Landeskirchen Anhalts, der Pfalz und Lübeck bis zuletzt 1991 in der kleinen Landeskirche Schaumburg-Lippe (vgl. Strübind, 174ff.). Neben den evangelischen Landeskirchen sind Pfarrerinnen auch in den evangelischen Freikirchen vertreten, auch die altkatholische Kirche ordiniert seit 1996 in Deutschland Frauen mit allen Vollmachten, nimmt mit circa 15.000 Mitgliedern jedoch nur einen geringen Anteil der Christen und Christinnen in Deutschland ein.
Diese strukturellen Gegebenheiten beeinflussen den Alltag und damit die Wahrnehmung der Katholikinnen auf verschiedenen Ebenen, so gehört die von Frauen geleitete Liturgie durch die große Zahl konfessionsverbindender Ehen zur familiär gelebten religiösen Alltagserfahrung vieler katholischer Frauen. Auch die Herausforderungen der säkularisierten Gesellschaft wirken insofern zurück, als sie die Diskrepanz zwischen der Rolle der Frau in der Kirche und in der Gesellschaft besonders spürbar werden lässt. So ist für deutsche katholische Frauen die Frage nach einem Verbleib in der Kirche unter den gegebenen Alternativen des Wechsels in eine Kirche der Reformation oder dem formalen Austritt aus der katholischen Kirche besonders virulent.
Zudem ist zur Situationsbestimmung deutscher Katholikinnen auch ein Blick in die pastoralen Strukturen der Gemeinden wesentlich, die neben dem Priestermangel von eigenen pastoralen Berufen geprägt sind: 2019 sind von 12.983 Priestern 8.323 im pastoralen Dienst aktiv (bei nur 63 Neuweihen 2019; vgl. DBK 2019, 2). Sie werden von 3.335 ordinierten ständigen Diakonen (viele hauptberuflich) unterstützt. Seit den 1970er Jahren gibt es mehr Gestaltungsspielraum für Laientheologen und -theologinnen, die mit kirchlicher Sendung, aber ohne ein Weiheamt als Pastoralreferenten und -referentinnen mit theologischem Hochschulstudium (3.267, davon 1.538 weiblich) und als Gemeindereferenten und -referentinnen mit einer vierjährigen religionspädagogischen Ausbildung (4.499, davon 3.533 weiblich) das Gemeindeleben gestalten (DBK 2019/20, 81). Gerade für die Kompetenzen der Pastoralreferenten und -referentinnen ist wesentlich, dass die Aufgabenbestimmung für diese pastoralen Berufe der einzelnen Diözese obliegt, so dass die Einsatzfelder differieren und teilweise den Predigt- oder Bestattungsdienst umfassen.
Die Forderung nach dem Diakonat der Frau
In dieser Situation ist die Weihe zum Diakonat der Frau ein umso wesentlicheres Element einer geschlechtergerechten Kirche. Nachdem das Zweite Vatikanum den ständigen Diakonat für Männer als eigenständiges Weiheamt wiedereingeführt hatte (vgl. LG 29), gewann die Forderung nach dem Diakonat der Frau, die als Eingabe beim Konzil – wenngleich ohne Aussicht auf Erfolg – angesprochen worden war, an Fahrt (vgl. Eckholt, 15). Der Beschluss der Würzburger Synode markierte den vorläufigen Höhepunkt. Bereits hier war die Diskussion auf dem Grund einer fundierten sakramentaltheologischen, historischen, liturgiewissenschaftlichen und exegetischen2 Argumentation erfolgt. Die wissenschaftliche Arbeit zu diesen Grundlagen wurde in den letzten Jahren weiter vertieft, so 1997 auf einem Kongress in Stuttgart, aus dem auf der praktischen Ebene ein „Netzwerk Diakonat der Frau“ hervorging, das in zwei Ausbildungskursen bereits berufene Frauen ausgebildet hat, ein dritter Kurs hat im September 2020 begonnen. Jährlich unterstreichen die Frauenverbände am Gedenktag der Heiligen Katharina von Siena am 29. April, dass sie an ihrer Forderung nach der sakramentalen Weihe für weibliche Diakone festhalten. Dabei können sie sich selbstbewusst auf die Tradition berufen: Die vielgestaltige Wirklichkeit der Diakoninnen in der frühen Kirche ist belegt, v. a. für die ersten sechs Jahrhunderte (vgl. Hainthaler). In jüngster Zeit erfuhren hierzu die Arbeiten von Hubert Wolf eine breitere Rezeption, der auf die frühere Äbtissinnenweihe und deren weitreichende Vollmachten verweist. Der Ritus der ordinatio abbatissae ist in frühmittelalterlichen Sakramentaren ausgeführt und eng an das Formular der Bischofsweihe angelehnt (vgl. Wolf, 46-54; Röttger, 150ff.). Bei der Forderung nach der sakramentalen Weihe für Frauen ist stets mitzubedenken, dass katholische Frauen in Deutschland durch die Ökumene mit den evangelischen Schwestern und Brüdern geprägt sind und Pastoral mit Pfarrerinnen und Bischöfinnen alltäglich erleben. Dies führt zu einem fruchtbaren theologischen Austausch, so zuletzt bei einem Kongress über Ämtertheologie 2017 an der Universität Osnabrück, der auch die Praxis der orthodoxen Kirche und die Wiedereinführung der Diakoninnenweihe in den Patriarchaten von Alexandrien und Jerusalem 2017 in den Blick nahm (vgl. Hainthaler, 223-227 sowie Vasilevich, 261-272).3 Die ökumenische Prägung verstärkt sicherlich auch, dass deutsche Frauen die lehramtliche Gegenargumentation als wenig befriedigend empfinden, die mit dem päpstlichen Sendschreiben Ordinatio sacerdotalis (Papst Johannes Paul II.) den Ausschluss der Frau von der Priesterweihe als jenseits der kirchlichen Vollmacht liegend festgestellt und auch seither im Blick auf den eigenständigen Diakonat der Frau keine überzeugende theologische Argumentation für den Ausschluss von Frauen von dieser eigenständigen Ausprägung des Weiheamtes vorgelegt hat. Damit besteht die Notwendigkeit fort, die theologische Diskussion unter Wahrung der Substanz des Sakramentes weiterzuführen (vgl. Demel). Anfänglich wurden dazu große Hoffnungen in das Pontifikat des Franziskus gelegt, als dieser im Mai 2016 auf die Anfragen der internationalen Vereinigung der Generaloberinnen eine Kommission eingesetzt hat, welche die historische Rolle des Frauendiakonats prüfen soll. Diesen überhöhten Erwartungen hat Papst Franziskus jedoch durch Presseäußerungen und das nachsynodale Schreiben Querida Amazonia später vorgebeugt. Haben die Frauenverbände selbst sich lange Zeit explizit darauf beschränkt, die Diakonatsweihe zu fordern, zeichnet sich jüngst eine pro-solidarische Haltung mit jenen Frauen ab, die auch einer Forderung nach der Priesterweise offen gegenüberstehen (KDFB). Für viele deutsche Katholikinnen ist mittlerweile klar: Theologisch begründungsbedürftig ist nicht die Diakonatsweihe der Frau, sondern der Ausschluss der Frauen von der Weihe (3. Osnabrücker These 2017, Eckholt et al., 465).
Maria 2.0 bis zum Synodalen Weg – ein Hoffnungsschimmer?
Eine neue Reichweite, um die Anliegen der Frauen stark zu machen, hat die Initiative Maria 2.0 erreicht, aus der, zunächst initiiert von Frauen in Münster, eine bundesweite Reform- und Protestbewegung hervorgegangen ist, die auch außerhalb des kirchlichen Raumes ein großes Medienecho erfährt. Das Besondere an dieser Bewegung ist, dass ihr Anstoß nicht aus der „organisierten Katholikenschaft“ erfolgte und dass sich Maria 2.0 zahlreiche Frauen (und unterstützende Männer) angeschlossen haben, die bis dato ihren Status in der Kirche still akzeptiert hatten. Vielen Frauen hat die Initiative den Mut gegeben, ihr Schweigen zu brechen, sich bestehenden engagierten Netzwerken anzuschließen – und mit neuer Hoffnung auf Veränderung bewusst in ihrer Kirche zu bleiben. Auslöser für Maria 2.0 und sicherlich der Grund für die breite Beteiligung waren die seit 2010 auch in Deutschland bekannt gewordenen Missbrauchsfälle und ihre zögerliche Aufarbeitung. So wird in der offenen Petition von Maria 2.0 an Papst Franziskus zuerst eine vorbehaltlose Aufklärung der Missbrauchsfälle und uneingeschränkte Kooperation mit den staatlichen Instanzen bei der Weiterverfolgung gefordert. Eng mit der Forderung nach einem Ende der Vertuschung verknüpft ist der Wunsch, die männerbündischen Strukturen in der Kirche aufzubrechen, in der einer der begünstigenden Faktoren für die mangelhafte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle gesehen wird. So war die sogenannte MHG-Studie (vgl. Dreßing et al.), welche die deutschen Bischöfe in Auftrag gegeben hatten, ein wesentlicher Schritt, jedoch müssen ihre Einschränkungen ebenso berücksichtigt werden wie später das unterschiedliche Vorgehen einzelner Diözesen mit selbst in Auftrag gegebenen Einzelgutachten. Weitere Forderungen des Schreibens von Maria 2.0 an den Papst, das über 42.000 Menschen unterzeichnet haben, betreffen neben dem Zugang für Frauen zu allen Ämtern die Abschaffung des Pflichtzölibats sowie die stärkere Ausrichtung der kirchlichen Sexualmoral an den Lebenswirklichkeiten der Gläubigen, ein Aspekt, der bereits in den Fragebögen von den deutschen Gemeinden und Verbänden zur Familiensynode 2015 als zentral adressiert worden war. Im Mai 2019 hatte die Initiative zu einer Aktionswoche aufgerufen, in der Frauen dem Gottesdienst und kirchlichen Ehrenamt fernbleiben und damit sichtbar machen sollten, was und wie viel der Kirche ohne sie