Šimundža, Drago (Hg.), Crkva danas i sutra. Akti 55. splitske sinode „Različiti su darovi ali je isti duh“ (1 Kor 12,4), Split 1988.
Bibliographischer Nachweis der lehramtlichen Texte: S. 283
[Links alle zuletzt eingesehen am 05. Juni 2021]
1Dieser Text wurde erstmals veröffentlicht unter dem Titel Das doppelte Schweigen, in: Lebendige Seelsorge 71 (3/2020) 199-203, und für die vorliegende Publikation aktualisiert und geringfügig verändert.
2Die Daten wurden von den Webseiten der folgenden katholischen Fakultäten gesammelt: Katholisch-Theologische Fakultät in Zagreb und ihr Regionales Zentrum in Rijeka (Theologie in Rijeka), Katholisch-theologische Fakultät in Split und Katholisch-theologische Fakultät in Ðakovo (vgl. https://www.kbf.unizg.hr/, http://www.kbf.unist.hr/hr/, http://www.djkbf.unios.hr/hr/, http://ri-kbf.org/.
Die andere Hälfte der Kirche
Die Frauenfrage in der katholischen Kirche in Deutschland 1
Christine Boehl (Berlin, Deutschland)
(Auch) Frauen sind Kirche. Sie haben die gleiche Würde, stellen den größten Teil derer, die Gottesdienste besuchen und halten in zahlreichen Haupt- und Ehrenämtern in der Katechese, als Kommunionhelferinnen, Lektorinnen oder in der Caritas das kirchliche Leben aufrecht. Zu Ostern hören wir, wie Maria Magdalena am Grab zur ersten Zeugin der Auferstehung wird (Joh 20,11-18) – seit 2016 wird der Apostola Apostolorum im liturgischen Kalender am 22. Juli gleichrangig mit den anderen Apostelfesten gedacht. (Auch) Frauen wollen gleichberechtigt mitwirken und Leitungsaufgaben in Kirche und Verkündigung übernehmen. Bestärkt durch das Zweite Vatikanische Konzil haben sie dies in der katholischen Kirche in Deutschland seit Jahrzehnten nachhaltig zum Ausdruck gebracht. Seit Mai 2019 hat das Anliegen durch Maria 2.0 eine unerwartet breite Resonanz in die Mitte der Kirche hinein erfahren.
Vom Zweiten Vatikanischen Konzil über die Würzburger Synode bis ins 21. Jahrhundert
Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) hat Katholikinnen in Aufbruchstimmung versetzt, vor allem mit der Pastoralkonstitution Gaudium et Spes, in der auch die wachsende gesellschaftliche Bedeutung der Frauen angesprochen wird (u. a. GS 8,9 und 29) und dem Dekret über das Laienapostolat Apostolicam actuositatem sowie der Kirchenkonstitution Lumen Gentium, welche die Rolle der Laien neu bestimmt: Sie haben als Teil des pilgernden Volkes Gottes – im Rahmen ihrer je spezifizierten Sendungsaufträge – am Sendungsauftrag und dem gemeinsamen Priestertum aller Getauften teil (LG 10 und 32). Bereits im Vorfeld des Konzils hatten sich deutsche katholische Frauen auch unter Beteiligung der Verbände mit Eingaben an das Konzil gewandt: Die heutige Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) hatte 1961 über ihre Verbandszeitschrift aufgerufen, Bitten an das Konzil zuzusenden und ebenso wie der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) eine Eingabe eingereicht. Zwar wurden die Anliegen der Frauen keinesfalls durchweg umgesetzt, jedoch fanden sie Beachtung bei den Konzilsvätern (vgl. Heyder, 16, 22). Als ab der dritten Sitzungsperiode des Konzils auch Laienauditorinnen zugelassen waren (zunächst 15, die 1965 auf 23 erweitert wurden), waren in Rom mit Sr. Juliana Thomas (ab 1964) und Dr. Gertrud Ehrle (1965) auch zwei deutsche Teilnehmerinnen im Laienauditorium beteiligt (vgl. Heyder, 15f.).
Der starke Impuls des Zweiten Vatikanums mündete in die Würzburger Synode (1971-75). Die 300 Teilnehmenden, darunter 140 Laien, die in den Diözesen gewählt beziehungsweise durch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), dem höchsten Gremium katholischer Laien, und die Arbeitsgemeinschaften der Orden benannt wurden, wollten das Zweite Vatikanum für die deutsche Kirche umsetzen. 18 Beschlüsse wurden gefasst, von denen für die Frauen jener über den Diakonat der Frau besonders interessant war, der wegen der weltkirchlichen Entscheidungsdimension an den Vatikan gesandt werden musste. Bis heute steht eine explizite Rückmeldung zu diesem Votum aus. Für die künftige Mitwirkung von Frauen und Männern im Gemeindeleben und an der Kirchenleitung waren Beschlüsse zu den Diensten und Ämtern und den pastoralen Strukturen, aber auch der Jugendarbeit bedeutend. Wesentlich wirkte sich die infolge des Konzils erfolgte Öffnung der Habilitationen für theologische Laien und damit auch Frauen und deren Anstoß für die wissenschaftliche Theologie aus (gleichwohl ist der Frauenanteil unter den Professuren noch gering, obwohl inzwischen mehr weibliche Studierende in der katholischen Theologie eingeschrieben sind, vgl. Emunds/Hagedorn; DBK 2019/20, 16; AGENDA). In den nachkonziliaren Jahrzehnten folgte Ernüchterung, was die Forderung nach einer geschwisterlichen Kirche anging, jedoch hat in den letzten Jahren auch die Deutsche Bischofskonferenz zunehmend erkannt, dass die Stellung der Frau für die Glaubwürdigkeit und Zukunftsfähigkeit der Kirche entscheidend ist. Es wurden Mentorinnenprogramme und Führungstagungen für weibliche Beschäftigte im kirchlichen Dienst eingeführt und die Bischöfe verpflichteten sich selbst (2013 auf einem Studientag, 2019 als verbindlich bekräftigt) zu einer Frauenquote von einem Drittel bei den Leitungspositionen ohne Weiheerfordernis. Dabei sollen auch Öffentlichkeitsarbeit, Priesterausbildung sowie Beratungsgremien berücksichtigt werden. Die Anstrengungen wirken (vgl. Qualbrink, 230); einige Bistümer haben mittlerweile das Seelsorgeamt oder die Caritasdirektion mit Frauen besetzt, München-Freising hat im Januar 2020 in der Bistumsleitung eine Doppelspitze mit Amtschefin Dr. Stephanie Herrmann neben dem Generalvikar installiert. Im Februar 2021 haben die Bischöfe mit Dr. Beate Gilles erstmals eine Generalsekretärin der Deutschen Bischofskonferenz gewählt.
Kirchen- und Religionszugehörigkeit in Deutschland
Für alle Belange von Frauen in der Kirche sind die nationalen Gegebenheiten in der Kirchen- und Religionszugehörigkeit prägend, daher ist es angezeigt, sich hier kurz die spezifische Situation in Deutschland vor Augen zu führen: Nur etwas über die Hälfte der Menschen sind Mitglied einer der großen christlichen Kirchen; circa ein Drittel gehören keiner Religionsgemeinschaft an, wobei mitgezählt wird, wer aus der Kirche ausgetreten ist. Beim Blick auf die Zahlen der Kirchenaustritte ist mit zu berücksichtigen, dass das Staatskirchenrecht Religionsgemeinschaften, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind, erlaubt, eine sogenannte Kirchensteuer zu erheben (Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV) mit der die Kirchen ihr Angebot im Wohlfahrtsstaat verlässlich aufrechterhalten können. Viele Menschen treten daher aus, wenn sie sich ihrer Kirche nicht mehr ausreichend verbunden fühlen, um die Kirchensteuer weiter zahlen zu wollen. Bei anderen mögen verschiedene Gründe dazukommen oder ausschlaggebend sein, so ist die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle 2010 merklich, in den letzten beiden Jahren noch weiter gestiegen (DBK 2019/20, 76f.). Die hohe, regional sehr unterschiedliche Zahl der Menschen ohne Kirchenzugehörigkeit ist einer Vielzahl historisch bedingter Faktoren geschuldet, unter denen neben den Folgen der Aufklärung und Säkularisierung vor allem die Kirchenfeindlichkeit des Nationalsozialismus und die Vergangenheit der ostdeutschen Bundesländer, die von 1949 bis 1989 zu der sich als atheistischer Weltanschauungsstaat begreifenden Deutschen Demokratischen Republik (DDR) gehörten. Zu diesen gehören mit Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt auch die Stammlande der Reformation. Ein Trend zu weiterer Entkirchlichung zeichnet sich auch heute noch ab. 27,2 Prozent (22,6 Millionen) der Menschen in Deutschland sind katholisch, 24,9 Prozent evangelisch (20,7 Millionen) sowie circa 2,9 Prozent andere Christen in orthodoxen Kirchen (1,8 Millionen) oder freikirchlichen Gemeinschaften (DBK 2019/20, 72; EKD, 3). Daneben sind circa 4,4 bis 4,7 Millionen Menschen Muslime (BMI) sowie rund 97.791 Mitglieder in den 105 jüdischen Gemeinden, die vom Zentralrat der Juden vertreten werden (Zentralrat der Juden).
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