Stefan Storr

Klausurenkurs im Öffentlichen Wirtschaftsrecht


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Interesse an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs.

      Die MS Ltd. will gegen die Verfügung vom 14. Februar gerichtlich vorgehen. Auf welchem Weg und mit welchen Erfolgsaussichten?

       2. Teil

      Zudem leitet die Stadtverwaltung gegen die MS Ltd. ein auf § 35 GewO gestütztes Untersagungsverfahren ein mit dem Ziel, die weitere Beschäftigung des B als Betriebsleiter zu unterbinden. Parallel leitet sie ein Verfahren gegen B ein. Am 16. Februar 2017 ergeht ein an B gerichteter Bescheid, nachdem ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde. Mit der Verfügung wird B jede Tätigkeit als Leiter eines Betriebs und jede Tätigkeit als selbstständiger Gewerbetreibender für das Bewachungsgewerbe oder ein anderes Gewerbe iSv § 35 GewO untersagt. Wegen der steuerlichen Verfehlungen müssten künftige Betriebsleitungen durch B verhindert werden. Andererseits sei nicht auszuschließen, dass B versuchen werde, in die Selbstständigkeit auszuweichen. Deshalb müssten derartige Tätigkeiten des B vorsorglich unterbunden werden. Im Verfahren gegen die MS Ltd. ergeht hingegen zunächst kein Bescheid.

      B fragt den Anwalt R, ob der Bescheid vom 16. Februar rechtmäßig ist.

      Bearbeitervermerk:

      Unionales Sekundärrecht, insb. die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vom 7.9.2005, ist nicht zu prüfen.

      Fall 5 Maximale Sicherheit › Vorüberlegungen

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      Die zweiteilige Klausur ist sehr anspruchsvoll. Der erste Teil ist prozessual in einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eingekleidet. Hier muss erkannt werden, dass ein Antrag nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 2 VwGO schon dann erfolgreich ist, wenn die formellen Voraussetzungen einer Vollziehungsanordnung nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 VwGO nicht vorliegen. Das Schwergewicht des 1. Teils liegt allerdings im materiellen Recht. Während von den Bearbeiter/innen nicht mehr als Grundkenntnisse zum Tatbestand des genehmigungsbedürftigen Bewachungsgewerbes verlangt werden, ist das Genehmigungserfordernis an den unionalen Grundfreiheiten, hier: der Niederlassungsfreiheit, zu messen. Die Grundfreiheiten bleiben jedenfalls solange maßstäblich, wie der europäische Gesetzgeber nicht die Zugangsvoraussetzungen zu bestimmten Gewerben sekundärrechtlich harmonisiert – wie dies beispielsweise mit der Dienstleistungsrichtlinie (RL 2006/123/EG) geschehen ist, die nach Art. 2 Abs. 2 lit. k allerdings nicht für das private Sicherheitsgewerbe gilt. Bislang wurde mit der Richtlinie 2005/36/EG erst ein System der wechselseitigen Anerkennung von Befähigungsnachweisen geschaffen, aber an mitgliedstaatlichen Genehmigungserfordernissen nicht gerüttelt.

      Der 2. Teil der Klausur ist vor allem eine „Knobelarbeit“, die Sorgfalt und Genauigkeit verlangt. Zu prüfen sind mehrere auf § 35 Abs. 7a GewO gestützte Verfügungen, die – der Praxis entsprechend – in einem formellen Verwaltungsakt zusammengefasst sind. Hier muss zunächst ermittelt werden, welche Ermächtigungsgrundlage für die jeweils dem Betriebsleiter untersagte Tätigkeit verfügbar ist. Dabei ergeben sich im Zusammenspiel von § 35 Abs. 7a und Abs. 1 S. 1 und 2 GewO die verschiedensten Kombinationsmöglichkeiten. Des Weiteren muss herausgearbeitet werden, in welchem Verhältnis ein Einschreiten gegen den Betriebsleiter zu einer Untersagung gegenüber dem Gewerbetreibenden steht (personelle Akzessorietät). Zudem muss das Verhältnis der verschiedenen Untersagungen gegenüber dem Betriebsleiter (sachliche Akzessorietät) bestimmt werden.

      Fall 5 Maximale Sicherheit › Gliederung

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1. Teil: Vorgehen der MS Ltd. gegen den sofort vollziehbaren Bescheid
A. Zulässigkeit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs
II. Statthafte Rechtsschutzform
III. Beteiligungsfähigkeit der MS Ltd.
IV. Antragsbefugnis
V. Einlegung eines Widerspruchs
VI. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis
B. Begründetheit eines Antrags nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO
I. Formelle Rechtmäßigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung
1. Zuständige Behörde
2. Verfahren
3. Form
II. Interessenabwägung
1. Ermächtigungsgrundlage
2. Formelle Rechtmäßigkeit
a) Zuständigkeit
b) Verfahren
c) Form
3. Materielle Rechtmäßigkeit
a) Tatbestandliche Voraussetzungen
b) Erlaubnisfreiheit wegen Niederlassungsfreiheit?