Mike Wienbracke

Allgemeines Verwaltungsrecht


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entspricht dem Zweck von § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG, eine Nebenbestimmung beifügen zu dürfen, die es der Behörde ermöglicht, einen begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen, obwohl noch nicht sämtliche vom Fachrecht hierfür aufgestellten Voraussetzungen erfüllt oder nachgewiesen sind. „Die Nebenbestimmung ist ein Mittel, das Fehlen von Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts zu überbrücken.“ Im Interesse des betroffenen Bürgers eröffnet sich so ein Weg, Gründe für eine Versagung auszuräumen. Liegen hingegen die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes vollständig vor und wurde diesem gleichwohl ein Widerrufsvorbehalt nur für den Fall beigefügt, dass diese gesetzlichen Voraussetzungen zukünftig wegfallen sollten, so ist eine solche Nebenbestimmung von der Ermächtigungsgrundlage des § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG nicht gedeckt. Zudem würden die differenzierten Regelungen über den Widerruf rechtmäßig erlassener Verwaltungsakte nach § 49 Abs. 2 S. 1 VwVfG unterlaufen. Dies gilt jedenfalls für solche Nebenbestimmungen, die wie die auflösende Bedingung, die Befristung und der Widerrufsvorbehalt darauf abzielen, die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts zu beseitigen (Rn. 83).[157]

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      Steht der Erlass des Verwaltungsakts dagegen im Ermessen der Behörde, d.h. kann sie von diesem auch vollständig absehen, so ist es ihr auch gestattet („darf“; Ermessen), diesen – unter Beachtung der Vorgaben des § 36 Abs. 1 VwVfG („unbeschadet“) – nur mit einschränkenden Nebenbestimmungen zu erlassen, § 36 Abs. 2 VwVfG.

      L ist Inhaber eines Blumenladens in der Stadt S. Zwecks Umsatzsteigerung beabsichtigt L, auf dem 3,5 m breiten Bürgersteig einen Handkarren mit seinen schönsten Blumen aufzustellen. Auf seinen bei der zuständigen Behörde gestellten Antrag hin erteilt diese ihm zwar die erforderliche Sondernutzungserlaubnis (Ermessensverwaltungsakt), allerdings mit der Auflage, dass zumindest die Hälfte der im Handkarren positionierten Blumen solche einheimischer Art sein müssen. L fühlt sich hierdurch in seiner unternehmerischen Entscheidungsfreiheit eingeschränkt und möchte wissen, ob diese Nebenbestimmung i.S.v. § 36 Abs. 2 Nr. 4 L-VwVfG rechtmäßig ist.

      Die Anordnung einer belastenden Nebenbestimmung wie der hier von der Behörde ausgesprochenen Auflage bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Wo diese genau zu verorten ist, ist streitig. Sofern keine spezialgesetzliche Regelung vorhanden ist, wird in Bezug auf Ermessensverwaltungsakte der vorliegenden Art teilweise auf § 36 Abs. 2 L-VwVfG zurückgegriffen, wonach deren Erlass bzw. Verbindung mit einer Nebenbestimmung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht. Nach a.A. sei die Rechtsgrundlage für die Beifügung von Nebenbestimmungen dagegen unmittelbar in der Ermächtigungsgrundlage zum Erlass des (Ermessens-)Hauptverwaltungsakts – hier: der Sondernutzungserlaubnis – als wesensgleiches Minus zur unbeschränkten Genehmigungserteilung mit enthalten. Da folglich nach beiden Auffassungen eine Ermächtigungsgrundlage für die hier erfolgte Anordnung der Auflage vorhanden ist und diese nach beiden Ansätzen inhaltlich den Regeln fehlerfreier Ermessensausübung (§ 40 L-VwVfG) unterliegt, kann vorliegend eine Streitentscheidung dahingestellt bleiben. Nach diesen Regeln ist die Auflage u.a. nur dann rechtmäßig, wenn die Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt hat. Im Hinblick auf die hier erteilte Sondernutzungserlaubnis dürfen Ziele jenseits der spezifisch straßenrechtlichen Zwecksetzung nicht verfolgt werden. Eben dies hat die Behörde mit der Forderung nach der Bereithaltung eines bestimmten Angebots an Waren aus heimischem Anbau aber getan. Die Auflage ist daher rechtswidrig.

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      In jedem Fall, d.h. sowohl in dem des Abs. 1 als auch des Abs. 2 von § 36 VwVfG, darf gemäß dessen Abs. 3 eine Nebenbestimmung nicht dem Zweck des Verwaltungsakts zuwiderlaufen (z.B. Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis mit derart hohen Anforderungen, dass die Gewässerbenutzung faktisch unmöglich ist). Die Nebenbestimmung muss mit dem Verwaltungsakt, dem sie beigefügt ist, in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Das in § 56 Abs. 1 S. 2 VwVfG für öffentlich-rechtliche Verträge normierte Koppelungsverbot (Rn. 108) gilt insoweit als allgemeiner Rechtsgrundsatz entsprechend.

      JURIQ-Klausurtipp

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      Die in § 36 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwVfG geregelten Nebenbestimmungen bestimmen die innere Wirksamkeit des Verwaltungsakts (Rn. 253), indem sie den zeitlichen Geltungsbereich der in ihm enthaltenen Regelung eingrenzen. Eine eigene Sachregelung wird mit ihnen jedoch nicht getroffen, weshalb sie auch als unselbstständiger (integraler) Bestandteil des Verwaltungsakts, mit dem sie erlassen werden, charakterisiert werden.

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      Auf Antrag von Einzelhändler E hin wird diesem die Erlaubnis erteilt, sein in Küstennähe befindliches Geschäft ab sofort bis zum Ende der Saison am 30.9. des Jahres auch am Sonntagvormittag geöffnet zu halten.

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      Erteilung einer Baugenehmigung mit der aufschiebenden Bedingung, dass noch 3 Einstellplätze für Kraftfahrzeuge geschaffen werden.

      Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Dauer der Beschäftigung des Ausländers