Peter Bülow

Recht der Kreditsicherheiten


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Vorschriften bedürfte. Gleiches gilt im Falle der Interzession, der Sicherung einer Drittschuld, wenn der persönliche Schuldner eine ihm zustehende Einrede (nachf. Rn. 288) erhoben hatte. Anders ist die Rechtslage aber, wenn Einreden gegen die Forderung bestehen, die der Schuldner nicht erhebt oder wenn zwar Einwendungen entstehen können, aber noch nicht entstanden sind, weil ihre Entstehung von einer Rechtshandlung des Schuldners der gesicherten Forderung abhängt, dieser aber untätig bleibt (Einwendungslage). Einreden lassen den Bestand des Anspruchs gerade unberührt und führen erst zu Rechtsfolgen, wenn der Schuldner als Anspruchsgegner von ihnen Gebrauch macht: Dann kann er die Leistung verweigern. Der Grundtatbestand der Akzessorietät allein würde dem Eigentümer bei bloßer Existenz einer Einrede des persönlichen Schuldners gegen die Forderung also keine Verteidigungsmöglichkeit bieten. Dieser Grundsatz wird zugunsten des Eigentümers durch § 1137 erweitert (gleichermaßen zugunsten des Bürgen gem. § 768, unten Rn. 1059): Ist die Forderung einredebehaftet, hat der Eigentümer das Recht, die Einrede gegen die Hypothek zu erheben, m.a.W.: Die Einredebehaftung der Forderung in der Person des persönlichen Schuldners führt zur Einrede gegen die Hypothek in der Person des Eigentümers. Man mag von Akzessorietät in der Durchsetzung[1] sprechen (oben Rn. 36). Der Eigentümer kann also gem. § 1137 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB ein fremdes Leistungsverweigerungsrecht, nämlich dasjenige des persönlichen Schuldners gegen die Forderung, für seine eigene Verteidigung nutzbar machen, indem er die dem persönlichen Schuldner zustehende, aber von diesem nicht erhobene Einrede gegen den Verwertungsanspruch aus der Hypothek erhebt. Da jede Einrede die Rechtsbeziehungen unter den Parteien gestaltet[2], wird die bloße Gestaltungslage im Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und persönlichem Schuldner zur Einrede für den Eigentümer im Außenverhältnis zum Gläubiger. Der Eigentümer kann die Einrede gegen die Forderung nicht etwa an Stelle des persönlichen Schuldners erheben, vielmehr bleibt das Valutaverhältnis zwischen Gläubiger und persönlichem Schuldner unberührt. Der persönliche Schuldner muss beispielsweise auf die gesicherte Forderung leisten, auch wenn er konnexe Gegenansprüche hat, die Einrede des Zurückbehaltungsrechts (§ 273) jedoch nicht erhob. Aber der Eigentümer kann die Duldung der Verwertung seines Grundstücks durch den Gläubiger verweigern.

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      Gemäß §§ 1137 Abs. 1 Satz 1, 770 erwachsen außerdem andere, aber nicht ausgeübte Gestaltungsrechte des Schuldners zum Leistungsverweigerungsrecht, also zur Einrede für den Eigentümer (s. nachf. Rn. 290).

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      bb) Die dem persönlichen Schuldner zustehenden Einreden, die der Eigentümer zu seiner eigenen Verteidigung verwenden kann, können etwa sein: Stundung der Forderung (zu unterscheiden von der Aussetzung der Verwertung, Moratorium, Rn. 280, 326), nicht erbrachte Gegenleistung beim gegenseitigen Vertrag (§§ 320, 321), Zurückbehaltungsrecht (§§ 273, 1000), Erlangung der Forderung durch unerlaubte Handlung (§ 823), Erlangung der Forderung ohne rechtlichen Grund (§ 821). Die beiden letztgenannten Fälle sind zu unterscheiden von der deliktischen oder rechtsgrundlosen Erlangung des Grundpfandrechts selbst (s. vorst. Rn. 281).

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      cc) Der Eigentümer kann zwar nicht Gestaltungsrechte des persönlichen Schuldners ausüben ebenso wenig wie er an dessen Stelle Einreden gegen die gesicherte Forderung erheben kann (vorst. Rn. 286), also z.B. nicht das Erlöschen der gesicherten Forderung durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung des Schuldners gegen den Gläubiger herbeiführen. Aber er kann die Duldung der Verwertung verweigern, wenn der Schuldner Gestaltungsrechte hat, sie aber nicht ausübt. Die Forderung bleibt in ihrem Bestand also unberührt, sodass es dem Gläubiger freisteht, sie gegen den persönlichen Schuldner etwa im Wege der persönlichen Klage (nachf. Rn. 461) geltend zu machen, aber der Verwertungsanspruch des Gläubigers gegen den Eigentümer (§ 1147) ist einredebehaftet. So bestimmt es § 1137 Abs. 1 Satz 1 durch Verweisung auf die bürgenrechtlichen Bestimmungen in § 770. Danach erwächst dem Eigentümer die Einrede gegen die Verwertung, wenn der persönliche Schuldner anfechten (§ 770 Abs. 1, unten Rn. 1064), mindern oder zurücktreten könnte (unten Rn. 1066). Die bloße Gestaltungslage wird zur Einrede für den Eigentümer (Einrede der Gestaltungslage). Eine Aufrechnungslage ist dem Eigentümer dann zu seiner Verteidigung dienlich, wenn die Aufrechnungsbefugnis dem Gläubiger zusteht, § 770 Abs. 2. Kann bei nur einseitiger Aufrechnungsmöglichkeit, etwa aufgrund von §§ 390, 393, 394, zwar der Schuldner, nicht aber der Gläubiger aufrechnen, hat der Eigentümer keine Einrede gegen die Verwertung; ob auch der Schuldner aufrechnungsbefugt ist, spielt keine Rolle (Einzelheiten zu dieser umstrittenen Frage, unten Rn. 1067 ff.).

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      dd) Der Schuldner könnte die Einredebefugnis des Eigentümers zunichte machen, indem er den Verzicht auf seine Einrede erklärt. Durch den Verzicht erlischt das Leistungsverweigerungsrecht gegen die Forderung. Gem. § 1137 Abs. 2 bleibt das Leistungsverweigerungsrecht des Eigentümers (ebenso des Bürgen gem. § 768 Abs. 2) gegen die Verwertung des Grundstücks aber trotzdem erhalten (eine andere Frage ist, ob der Eigentümer selbst gegenüber dem Gläubiger auf sein Einrederecht aus § 1137 trotz Einredemöglichkeit für den Schuldner verzichten kann – das ist ohne weiteres möglich).

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      Anmerkungen