Peter Bülow

Recht der Kreditsicherheiten


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1155 Satz 1. Der Eigenbesitz des Veräußerers am Brief kann unmittelbarer oder mittelbarer sein, und zwar entweder bei Abgabe der Abtretungserklärung oder bei Übergabe (vorst. Rn. 298) des Briefs[1]. Die zusammenhängende Reihe der Übertragungserklärungen gewährleistet ihrem äußeren Anschein nach, dass der Übertragende, der Zedent, der wirkliche Rechtsinhaber sei, weil er seinerseits vom wirklichen Inhaber als Rechtsvorgänger erworben hat, dieser von seinem Rechtsvorgänger bis hin zum ersten Gläubiger. Da der erste Gläubiger nur aus dem Grundbuch ersichtlich ist, spielt dieses auch im Rahmen von § 1155 Satz 1 eine Rolle: Gutgläubiger Erwerb ist nur möglich, wenn der erste Gläubiger, auf den die Übertragungserklärungen hinführen, im Grundbuch steht. Die öffentliche Beglaubigung der Übertragungserklärungen erweckt den Anschein ihrer Ordnungsgemäßheit, auch wenn eine der Erklärungen nichtig sein sollte (der Beglaubigungsanspruch gem. § 1154 Abs. 1 Satz 2 hat also nicht nur Bedeutung für die Legitimation, s. vorst. Rn. 301 f, sondern auch für den gutgläubigen Erwerb durch nachfolgende Zessionare und damit für die Verkehrsfähigkeit des Grundpfandrechts). Will deshalb ein Redlicher ein Briefgrundpfandrecht erwerben und ist der Übertragende sowohl Briefbesitzer wie durch die ununterbrochene Erklärungskette ausgewiesen, ist er m.a.W. formell legitimiert, sind die Regelungen von §§ 891 bis 899, 899a BGB anwendbar, wie wenn der Briefbesitzer im Grundbuch eingetragen wäre (s. auch die wertpapierrechtliche Parallele in Art. 16 Abs. 1 WG, 19 ScheckG). Das bedeutet:

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      Wer vom Nichtberechtigten erwerben will, aber unredlich ist, wird nicht Rechtsinhaber, sondern selbst Nichtberechtigter. Er kann das Recht aber auf einen anderen redlichen Erwerber übertragen, der dann wahrer Rechtsinhaber, also Berechtigter, wird. Kann dieser Berechtigte das Grundpfandrecht auf den vorangegangenen Nichtberechtigten zurückübertragen (Rückerwerb des Nichtberechtigten vom Berechtigten)? An sich ist ein solches Vorgehen ohne weiteres möglich, das Problem des gutgläubigen Erwerbs stellt sich gar nicht, weil es eben ein Berechtigter ist, der das Grundpfandrecht zurücküberträgt. Jedoch können die hintereinander geschalteten Erwerbsakte das Ziel haben, dem Bösgläubigen Rechte aus nur scheinbarem Tatbestand (Inhaberschaft am Grundpfandrecht) zu verschaffen, auf den er gar nicht vertraut hatte. Richtiger Ansicht nach (näher unten Rn. 1600) ist in diesem Fall ein unmittelbarer Rechtserwerb des Altinhabers und nicht des Nichtberechtigten anzunehmen, gleichermaßen, wenn das der Abtretung des Grundpfandrechts zugrundeliegende Verpflichtungsgeschäft, z.B. ein Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 Satz 2) oder ein Sicherungsvertrag aufgrund wirksam erklärten Rücktritts gem. § 346 BGB zurückabzuwickeln ist.

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      Die Vorschriften von §§ 891 ff. können unmittelbar neben der Sonderregelung von § 1155 anwendbar sein, ohne dass deren Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Der Mangel der Berechtigung des letzten Gläubigers und Zedenten kann nämlich darin liegen, dass bereits der erste im Grundbuch eingetragene Gläubiger Nichtberechtigter war. Das ist der Fall, wenn der Mangel schon in der Bestellung des Grundpfandrechts liegt, der Eigentümer z.B. im Zeitpunkt der dinglichen Einigung (§ 873) geschäftsunfähig gewesen war. Dieser Mangel wird durch die Gutgläubigkeit des ersten Zessionars nach § 892 überwunden, sodass er Berechtigter war. Ein späterer Zessionar des Grundpfandrechts ist materiell legitimiert und braucht sich nicht auf § 1155, also auf öffentlich beglaubigte Abtretungserklärungen zu stützen, sondern kann den Beweis seiner materiellen Legitimation auch ohne formelle Legitimation, also durch privatschriftliche Abtretungserklärungen, führen.

      Anmerkungen

       [1]

      BGH NJW-RR 1993, 369 zu II. 2. b. mit Komm. Kolhosser, EWiR § 1155 BGB 1/93, 253; Reinicke/Tiedtke, NJW 1994, 345 (347).

       [2]

      BayObLG DNotZ 1974, 93.

       [3]

      BGH WM 2006, 1237 Rn. 20; BayObLG Rpfl 1992, 56 mit Anm. Bestelmeyer, RPfl 1993, 279.

       [4]

      OLG Naumburg WM 2005, 173 mit Anm. Ganter, WuB I F 3. – 1.05.

       [5]

      BGH NJW 2015, 619 = WM 2015, 232 Rn. 20 (aber in casu sekundäre Darlegungslast beim Erwerber) mit Komm. Grziwotz EWiR 2015, 167.

       [6]

      BGH NJW 2011, 615 = WM 2011, 239 mit BSpr. Sitttmann NJW 2013, 423 (427); Weiss JuS 2016, 494; Wellenhofer, JuS 2010, 1048; freilich bleibt die GbR Eigentümerin, wenn sich der Gesellschafterbestand ändert, das Grundbuch ist also richtig und gilt nicht lediglich als richtig, Armbrüster, NJW 2011, 1905 (1908) sowie ZIP 2011, 1937 (1943); Ulmer, ZIP 2011, 1689 (1695).

       [7]

      BGH NJW 1996, 1207 zu 2. mit Bspr. K. Schmidt, JuS 1996, 649 und Anm. Grün, WuB I F 3. – 4.96.