Bei nicht-akzessorischen Sicherheiten wie Grundschuld und Sicherungstreuhand (unten Rn. 1285) ist der Eigentümer also gegen Doppelleistungen geschützt. Ist das als Hypothek bezeichnete Grundpfandrecht aber in Wahrheit ebenfalls nicht akzessorisch, sondern Grundschuld, gilt nichts anderes. Der Grundeigentümer braucht auf die Forderung, die nicht dem Hypothekar zusteht, nicht zu leisten, wenn er dafür nicht das Grundpfandrecht erhält. Die Gefahr der Doppelleistung besteht nicht. Dann aber gibt es auch keinen Grund, den gutgläubigen Erwerb der Forderung zuzulassen. Sie bleibt vielmehr bei ihrem Inhaber[2]. Sind Eigentümer und Schuldner nicht identisch und nimmt der Forderungsinhaber den Schuldner in Anspruch, braucht dieser, wenn er Partei des Sicherungsvertrags ist, nur gegen Rückübertragung des Grundpfandrechts an sich selbst oder an den Eigentümer zu leisten. Zur Rückübertragung ist der bloße Forderungsgläubiger aber außerstande, sodass er die Forderung nicht durchsetzen kann. Auf der anderen Seite muss der Eigentümer, der nicht Partei des Sicherungsvertrags ist, die Verwertung dulden, ohne Anspruch auf Abtretung der gesicherten Forderung zu haben (vorst. Rn. 268).
Anmerkungen
Mit der überzeugenden Argumentation von Jahr/Kropf, JuS 1963, 356, insbesondere 359 zu 17. und 18.
So jetzt auch Westermann/Eickmann, § 105 III. 4. (S. 750); Lieder/Selentin JuS 2017, 1052 (1057); MünchKomm/Lieder, § 1153 BGB Rn. 17, 18; Reinicke/Tiedtke, Kreditsicherung, Rn. 1210; Petersen/Rothenfüßer, WM 2000, 657 (660); a.A. Baur/Stürner, § 38 IV. 1. (d) (Rn. 28, S. 492, „Mitreißtheorie“); Wolff/Raiser, § 137 1. d. (S. 565); Wieling, Sachenrecht, § 27 II. 4. b. bb. („eher ästhetischer Charakter“); Prütting, Sachenrecht, § 60 V. (Rn. 694); RGRK/Mattern, § 1138 BGB Rn. 4; Küchler, Sicherungsgrundschuld, S. 84; Böhmer, Archiv bürgerliches Recht 37 (1912), 205 (216); Karger, JuS 1989, 33; Schwintowski, JuS 1990, 47 (49) gegen ihn Wolff, JuS 1990, 994; Lieder, JuS 2010, 901 (906) – Examensklausur.
cc) Einreden
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§ 1138 bezieht sich auch auf die dem Eigentümer gem. § 1137 zustehenden Einreden (vorst. Rn. 286 ff.), also bei Verschiedenheit von Eigentümer und Schuldner auf diejenigen Einreden des Schuldners gegen die Forderung, die der Eigentümer dem Verwertungsanspruch entgegensetzen kann. Ist eine Einrede nicht im Grundbuch eingetragen oder auf dem Brief vermerkt, wirkt sie unter den Voraussetzungen von § 892 nicht gegenüber dem Redlichen. Ist beispielsweise die Hypothekenforderung als Kaufpreisforderung im Grundbuch bezeichnet, so ist es allein deshalb nicht als Inhalt des Grundbuchs anzusehen, dass die Einrede des nichterfüllten Vertrages gem. § 320 bestehe und folglich der gutgläubig-einredefreie Erwerb möglich ist[1]. Ist die Einrede eingetragen, wird die Richtigkeit des Grundbuchausweises und infolgedessen der Bestand der Einrede gem. § 891 vermutet. Wird sie gelöscht, wird gem. § 891 Abs. 2 zugunsten des redlichen Erwerbers vermutet, dass sie nicht besteht. Die Eintragung einer Einrede kann gem. §§ 894 ff. erzwungen, zur Sicherheit gem. § 899 ein Widerspruch eingetragen werden (vorst. Rn. 317).
Anmerkungen
BGH LM Nr. 6 zu § 892 BGB = JZ 1964, 772 zu II. 2. c.
a) Schutz des Eigentümers durch §§ 1157, 892 BGB
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Grundsätzlich sind Rechte übertragbar, ohne dass der Schuldner zustimmen müsste, ja, er braucht von der Übertragung nichts zu erfahren. Umso mehr muss das Gesetz gewährleisten, dass der Rechtsstand des Schuldners auch im Verhältnis zum neuen Gläubiger erhalten bleibt. Bei der Übertragung von Forderungen werden die Rechte des Schuldners durch die Regelungen in §§ 404 ff. (unten Rn. 1531 ff.) gewahrt. Auch über Grundpfandrechte kann ohne Zustimmung und Wissen des dinglichen Schuldners, also des Grundeigentümers verfügt werden. Der Eigentümer kann seine Rechte aber nach Maßgabe von §§ 1157, 892 wahren.
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Rechtshindernde und rechtsvernichtende Einwendungen gegen das dingliche Recht bleiben ihrer Natur entsprechend von einer Übertragung unberührt, können also auch dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden. Eine Schranke bildet aber der Schutz des Redlichen. Ist das Grundpfandrecht, auch wenn es in Wahrheit nicht oder nicht mehr besteht, im Grundbuch eingetragen, ist gutgläubiger Erwerb gem. § 892 möglich. Liegt der rechtshindernde Einwand aber gerade in der fehlenden Grundbucheintragung, kommt gutgläubiger Erwerb natürlich nicht in Frage. Eine rechtsvernichtende Einwendung liegt in der Aufhebung des Grundpfandrechts nach §§ 1183, 875, die aber die Eintragung im Grundbuch voraussetzt und gutgläubigen Erwerb nach § 892 folglich ausschließt.
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Auch eigentümerbezogene Einreden (z.B. ein Moratorium, Aussetzung der Verwertung, vorst. Rn. 280, zu unterscheiden von der Stundung der gesicherten Forderung, vorst.Rn. 266, nachf. Rn. 306f) können dem neuen Gläubiger entgegengesetzt werden, wie § 1157 Satz 1 bestimmt. Doch geht auch insoweit das Vertrauen in die Richtigkeit des Grundbuchs vor: Gem. § 1157 Satz 2 sind die §§ 892, 894 bis 899 und 1140 auf solche Einreden anwendbar. Das bedeutet: War die Einrede im Grundbuch eingetragen oder im Brief vermerkt oder war ihr Bestehen dem Erwerber zum Zeitpunkt des Erwerbs bekannt oder ein Widerspruch im Grundbuch oder im Brief eingetragen, ist der Erwerber der Einrede ausgesetzt[1]. In allen anderen Fällen ist der Erwerber insoweit redlich mit der Folge, dass der Eigentümer gegenüber dem Erwerber nicht das Recht hat, die Duldung der Verwertung zu verweigern[2]. Besonderheiten gelten jedoch für die Sicherungsgrundschuld nach § 1192 Abs. 1a BGB (gleich nachf. Rn. 328 ff.).
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Im Falle der Hypothek kann der Grundeigentümer gem. § 1137 aufgrund nicht ausgeübter Einreden des Schuldners gegen die Forderung die Verwertung seines Grundstücks verweigern. Die Einreden des persönlichen Schuldners bleiben gegenüber dem Zessionar gem. § 404 bestehen und können deshalb vom Eigentümer gegen den Verwertungsanspruch des Zessionars erhoben werden. Der Grundbuch- oder Briefstand wirkt aber auch insoweit zugunsten des Redlichen: Gem. § 1138 gelten die Vermutungs-, Gutglaubens- und Grundbuchberichtigungsregelungen auch hinsichtlich der schuldnerbestimmten Einreden aus § 1137 BGB (vorst. Rn. 318). § 1137 BGB ist eine akzessorietätsbestimmte Norm und auf die nicht-akzessorische Sicherungsgrundschuld nicht anwendbar. Die Frage ist vielmehr, ob rechtliche Verhältnisse der gesicherten Forderung zu eigentümerbezogenen Einreden gegen den Verwertungsanspruch des Gläubigers führen können.
Anmerkungen
BGH WM 1984, 1078, NJW 1986, 2108 zu 3. c.; LG Düsseldorf, EWiR 1/91, 149 zu § 1169 BGB (Hartl); krit. Buchholz, AcP 187 (1987), 107 (123 f., 128 ff.); Haas, Drittwirkung, S. 161.