Thomas Bieger

Einführung in die Managementlehre


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1.5.2). Im Zentrum einer Unternehmung stehen als primäre Prozesse die Geschäftsprozesse (s. auch Bieger, 2019). Die Geschäftsprozesse beinhalten Leistungserstellungsprozesse (die eigentliche Produktion des Unternehmens), Leistungsinnovationsprozesse und Kundenprozesse, bestehend aus Kundenakquise-, Kundenbindungs- und Reputationsprozessen. Die Managementprozesse beinhalten die Prozesse, die zur Steuerung des «Systems» Unternehmen und seiner Beziehungen zur Umwelt dienen. Diese erfordern Kompetenzen und Techniken der Kommunikation und Entscheidungsfindung (s. Kap. 2.2). Unterstützungsprozesse sind Funktionen, die indirekt Geschäftsprozesse unterstützen (z. B. Prozesse des Finanzmanagements und des Personalwesens).

      Entwicklungsmodi:

      Weil sich die Umwelt selbst fortlaufend weiterentwickelt, sind auch die Organisationen permanent gefordert. Bei den Entwicklungsmodi (s. Kap. 3.7) wird grob zwischen zwei Typen organisationaler Veränderung unterschieden: Beim Modus der Optimierung wird der laufende Betrieb kontinuierlich verbessert, beim Modus der Erneuerung wird der Status Quo grundsätzlich in Frage gestellt. Optimierung bedeutet Verbesserung im Rahmen bestehender Strukturen, während Erneuerung auch die Veränderung dieser Strukturen beinhaltet. Eine Produktionslinie in der Automobilindustrie kann z. B. in Bezug auf Durchlaufzeiten schrittweise durch die feinere Abstimmung der einzelnen Fertigungsschritte (Schleifen, [21] Kleben, Lackieren, usw.) verbessert werden. Sie kann aber nur mit einem erheblichen finanziellen und zeitlichen Aufwand grundsätzlich und tiefgreifend verändert werden, z. B. auf eine neue Antriebstechnologie wie Elektroantrieb angepasst und umgestellt werden. Häufig geschehen Wechsel zwischen diesen beiden Modi. Wenn ein Wertschöpfungssystem neu konfiguriert wurde (Erneuerung), braucht es nachfolgend eine Phase der Optimierung und dafür strukturelle Stabilität. Im Management laufen die beiden Modi oft parallel. Es gilt, Entscheide zur Optimierung und gleichzeitig zur Infragestellung des Bestehenden zu treffen.

      Ordnungsmomente:

      Die Ordnungsmomente sichern die notwendige Grundordnung in Form einer Governance, einer durch die Strategie vorgegebenen Entwicklungsrichtung, einer auf die Umsetzung der Strategie ausgerichteten Organisationsform und eines durch die Kultur definierten Normen- und Wertsystems.

      – Die Governance (s. Kap. 5.6) stellt die Voraussetzungen für Management- und Strategiefähigkeit durch eine geeignete Zwecksetzung der Unternehmung, durch Managementressourcen, eine Kompetenzordnung und Prozesse sicher. Die Governance regelt Rollen, Rechte und Pflichten des Managements und legt die normative Ausrichtung, also Vision und Mission einer Organisation, fest (Rüegg-Stürm & Grand, 2020).

      – Eine Strategie (s. Kap. 3.2) kann nur erstellt werden, wenn klar ist, was der langfristige Zweck einer Organisation ist. Bei einer Sportinfrastrukturstätte sollte z. B. klar sein, ob sie ein Gesundheits- oder ein Freizeitunternehmen ist. Das definiert die Suchfelder für die Strategie (z. B. für neue Produkte). Ziel der Strategie ist die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu werden strategische Erfolgspositionen innerhalb des Unternehmens («insideout», z. B. Kernkompetenzen) oder ausserhalb («outside-in», z. B. Marktpositionierungen) erschlossen.

      – Die Struktur (s. Kap. 4.2) einer Organisation hat sich nach den strategischen Erfolgspositionen auszurichten, entsprechend denen die Prozesse zu definieren und mit dem Ziel der optimalen Unterstützung der Strategie zu gestalten sind (vgl. Osterloh & Frost, 1996). Definiert ein Unternehmen etwa als zentrale strategische Erfolgsposition die Fähigkeit, Serviceprozesse möglichst optimal an Kundenbedürfnisse anzupassen, dann stehen kundenorientierte Dienstleistungsprozesse im Vordergrund und die Organisation hat sich als primäres Ordnungskriterium nach [22] Kundengruppen auszurichten, möglicherweise indem die Hauptabteilungen nach Kundengruppen definiert werden.

      – Zwischen Struktur und Kultur (s. Kap. 4.6) gibt es eine Wechselbeziehung. So führt eine stark hierarchische Organisation zu einer Kontrollkultur, die ihrerseits wieder auf die Funktion der Organisation zurückspielt. Die Kultur muss wiederum konsistent oder mindestens kompatibel sein mit dem Unternehmenszweck.

      Aus diesen Überlegungen und der Logik des SGMM folgend, lässt sich eine Liste (Abbildung 1-2) von Grundaufgaben des Managements ableiten, die in jeder Organisation zu erfüllen sind.

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      Quelle: angelehnt an Rüegg-Stürm und Grand (2020)

      Die vorgestellte aktuelle Version des SGMM steht in einer etwa 50-jährigen Tradition, welche Management über mehrere Generationen systematisch weiterentwickelt hat. Ausgangspunkt ist der Anspruch, ein «Leerstellengerüst für Sinnvolles» (Ulrich & Krieg, 1972) zu schaffen. Als solches «Gerüst» bietet das SGMM eine Struktur, um Problemstellungen einordnen zu können und damit z. B. eine Diskussion zu erleichtern. Wie jedes Modell ist es ein vereinfachtes Abbild der Realität, das für den entsprechenden Zweck geeignet konkretisiert werden muss.

      1.3.1 SGMM der ersten Generation

      [23] Schon beim ersten SGMM steht anfangs der 1970er-Jahre die Leitidee im Vordergrund, «nicht ein rezepthaftes Vermitteln von Wissen, sondern ein offenes Angehen von Problemen» zu ermöglichen (Ulrich & Krieg, 1972, S. 9). Das Modell basiert auf einer Betriebswirtschaftslehre, bei der Unternehmen als Systeme modelliert werden. Dabei wird das Systemdenken beschrieben als ganzheitliches, prozessorientiertes, interdisziplinäres, analytisches, synthetisches und pragmatisches Denken (Ulrich & Krieg, 1972). Damit wird dem integrativen Denken Rechnung getragen, wobei ein funktions- und disziplin-übergreifendes Herangehen an Fragestellungen der Praxis erleichtert werden soll.

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      Quelle: Ulrich und Krieg (1972, S. 20, 27, 31)

      [24] Das Modell besteht aus drei Teilen: Dem Unternehmensmodell, dem Umweltmodell und dem Führungsmodell (Abbildung 1-3). Ziel ist es, die Führung zu unterstützen, indem die Unternehmung als produktives sowie technisches System dargestellt und ein Instrument zur Analyse bereitgestellt wird.

      Im Unternehmensmodell werden folgende fünf Elemente genauer analysiert (Ulrich & Krieg, 1972):

      – Die Umwelt der Unternehmung (Anspruchsgruppen, Umweltsphären)

      – Die Märkte und Marktleistungen (Beschaffungs- und Absatzmärkte, Ressourcen und Marktleistung)

      – Die Funktionsbereiche (Vollzugsbereich, Versorgungsbereich, Führungsbereich)

      – Die Gestaltungsebenen (technologische, ökonomische und soziale Gestaltungsebene)

      – Die Strukturierung der Aufgaben – repetitive und innovative Aufgaben (Bewahrung und Erneuerung)

      Das Umweltmodell mit den Umweltsphären und Anspruchsgruppen hat in dieser Form bestand bis zum heutigen SGMM.

      Im Bereich der Unternehmensführung (Führungsmodell) werden drei Gliederungskriterien verwendet (Ulrich & Krieg, 1972):

      – Führungsstufen (Unternehmenspolitik, Planung, Disposition)

      – Führungsphasen