In-Gang-Setzen, Kontrollieren)
Diese Strukturierungsansätze finden sich in ähnlicher Form auch in den nachfolgenden Generationen des SGMM. Dabei wird das Modell immer wieder an aktuelle Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre und Herausforderungen des Managements angepasst.
1.3.2 SGMM der zweiten Generation
Die zweite Generation des SGMM (Bleicher, 1991) wird unter dem Titel «Das Konzept integriertes Management» präsentiert. Der ganzheitliche Ansatz von Ulrich und Krieg (1972) wird betont und das «integrierte» Management explizit adressiert. Dabei soll das SGMM der zweiten Generation «den Anforderungen eines Paradigmenwechsel hin zu einem Führungsverständnis, das sich mit der gestiegenen Komplexität und [25] der Dynamik bewusst auseinandersetzt», gerecht werden (Bleicher, 1991, S. 147). Anfang der 1990er-Jahre ist die Zeit der neuen Weltordnung mit dem Zusammenbruch des ehemaligen Sowjetsystems und der Planwirtschaft. Wichtige technologische Erneuerungen werden (z. B. im IT-Bereich) absehbar. So werden in der zweiten Generation die damals diskutierten Systemebenen (vgl. Schwaninger, 1988), die normative, die strategische und die operative Dimension eingeführt (Abbildung 1-4).
Abbildung 1-4: SGMM der zweiten Generation: normative, strategische und operative Ebene der Unternehmung
Quelle: Bleicher (1991)
1.3.3 SGMM der dritten Generation
Das SGMM der dritten Generation (Rüegg-Stürm, 2003) entsteht im Hinblick auf die anstehende Neukonzeption des Studiums an der Universität St. Gallen als Grundlage für ein Lehrbuch für die einführende Betriebswirtschaftslehre (Dubs, Euler & Rüegg-Stürm, 2004, S. 8). Die zentralen Themen entsprechen im Wesentlichen denjenigen der vorangegangenen und bereits im ersten St. Galler-Management-Modell identifizierten Dimensionen (Abbildung 1-5):
– [26] Die Umweltsphären
– Die Anspruchsgruppen
– Die Interaktionsthemen (Ressourcen, Normen und Werte, Anliegen und Interessen)
– Die Ordnungsmomente (Strategie, Struktur, Kultur)
– Die Entwicklungsmodi (Optimierung, Erneuerung)
Entsprechend den neueren Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre wird diese ergänzt durch eine prozessorientierte Sicht (vgl. auch Porter, 1985; Osterloh & Frost, 1996) als Ablösung der funktionalen Sicht mit einer Unterscheidung in Geschäftsprozesse, Managementprozesse und Unterstützungsprozesse sowie einer Betonung der Kommunikation für die Bewältigung der Managementaufgaben.
Abbildung 1-5: Kernvisualisierung des SGMM der dritten Generation
Quelle: Rüegg-Stürm (2003, S. 22)
1.3.4 SGMM der vierten Generation
[27] Die vierte Generation des SGMM (Rüegg-Stürm & Grand, 2017) wird verstanden als «erneuter Versuch für die Reflexion, Diskussion und Bearbeitung der Komplexität, mit der sich die Management-Praxis heute konfrontiert sieht, eine Sprache und einen Ordnungsrahmen zu entwickeln» (Rüegg-Stürm & Grand, 2017, S. 7). Management wird dabei definiert als reflexive Gestaltungspraxis zur Unterstützung unternehmerischer Aufgaben und Herausforderungen. Damit ergänzt die vierte Generation die Prozessorientierung der dritten Generation um das Moment der systematischen Reflexion und fortlaufenden Gestaltungsarbeit als Kern von Management. Ein zentraler Grund liegt in der zunehmenden Komplexität, Ungewissheit und Dynamik der heutigen Welt. Dies verlangt von Führungskräften, Entscheidungen unter Bedingungen mit Ungewissheit, Dynamik und Komplexität zu treffen und dabei die möglichen Folgen der eigenen Entscheidungen einzubeziehen.
Die einleitend skizzierte (s. Kap. 1.2) aktuelle, vierte Generation des SGMM (Rüegg-Stürm & Grand, 2017) wird mit einem ergänzenden Arbeitsinstrument operationalisiert (Rüegg-Stürm & Grand, 2020). Dieses umfasst in seiner Aufgabenperspektive (Abbildung 1-1) dieselben sechs Schlüsselkategorien wie die dritte Generation (Umweltsphären, Stakeholder, Interaktionsthemen, Prozesse, Ordnungsmomente und Entwicklungsmodi) und enthält in seiner Praxisperspektive vier weitere Schlüsselkategorien:
– Wertschöpfung (Ausdifferenzierung, Ressourcenkonfiguration, Wertschöpfungsprozesse, Entscheidungspraxis, Beziehungskultur)
– Orientierungsrahmen (Operative, strategische und normative Orientierung)
– Management-Praxis (Manager-Communities, Gestaltungsplattformen, Gestaltungspraktiken, Reflexionssprache)
– Umwelt (Umweltsphären, Stakeholder und Existenzbedingungen)
Diese jüngste Publikation zum aktuellen SGMM (Rüegg-Stürm & Grand, 2020) versteht sich als Ergänzung zum wissenschaftlichen Grundlagenbuch (Rüegg-Stürm & Grand, 2017) im Sinn eines didaktisch aufbereiteten Arbeitsinstruments und einer Reflexionshilfe für eine vertiefte Auseinandersetzung mit Management.
1.4 Integratives Management
[28] In der St. Galler Tradition ist es zentral, Management integrativ zu verstehen. Integratives Management kann definiert werden als Gestaltung und Führung einer Organisation als zweckorientiertes soziotechnisches System, wobei wesentliche Spannungsfelder und Zielkonflikte bewusst und verantwortungsvoll behandelt werden (Bieger et al., 2021). Zu diesen Spannungsfeldern und Zielkonflikten gehören die unterschiedlichen Perspektiven von einzelnen Unternehmensfunktionen, aber auch unterschiedliche Erwartungen von Anspruchsgruppen oder die Abwägung zwischen kurzfristiger operativer und langfristiger strategischer Sichtweise und insbesondere eine integrierte Wahrnehmung aller Führungsaufgaben (von Analyse über Planung bis Kontrolle). Management-Modelle sollen als vereinfachte Abbilder einer komplexen Realität Verantwortliche bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu unterstützten.
1.4.1 Ursprünge des integrativen Verständnisses von Management
Wenn ein neues Produkt entwickelt werden soll, braucht es das Zusammenspiel von Marketing (Einbringen der Kundenbedürfnisse), Entwicklung, Produktion, Finanzen und Controlling (Sicherstellung der notwendigen Investitionen) und Compliance (Sicherstellung der Einhaltung von Regeln und Gesetzen). Zur Vorbereitung einer Unternehmensübernahme hingegen braucht es für die Bewertung und «Due Diligence» (sorgfältige Prüfung des Übernahmeobjekts) Fachpersonen aus Finanz und Compliance, für die Ausarbeitung der Verträge Rechtskompetenz und für die begleitende interne und externe Verständigung Kommunikationskompetenz. Diese beiden Beispiele zeigen, dass für die Lösung von Managementaufgaben auf jeder Stufe eine integrative Sichtweise notwendig ist. Dies betrifft nicht nur die einzubeziehenden Kompetenzen und damit verbunden die unternehmerischen Funktionsbereiche, sondern auch die Beurteilung der Wirkungen des eigenen Handelns auf die verschiedenen Umwelten und Anspruchsgruppen. Ausserdem gilt es, kurzfristige und langfristige Folgen zu berücksichtigen, womit bereits drei Dimensionen (Funktionen, Anspruchsgruppen, Zeithorizonte) einer integrativen Denkweise angesprochen sind.
Entsprechend gehen verschiedene Autoren der klassischen Managementforschung, z. B. Mintzberg und Drucker, von einem integrativen Ansatz aus. Drucker beschreibt z. B. in seinem 1946 erschienenen Buch «Concept of the Corporation» das Management (erstmals) als [29] spezifisches Organ, das spezifische Tätigkeiten mit spezifischen Verantwortungen ausführt (Drucker, 1993). Der Aufstieg von Management als Disziplin ist in seiner Sicht die wohl wichtigste Entwicklung des 20. Jahrhunderts: «In this century, society has become a society of organizations. Every major social task in this society is being performed in and through