gibt Orte und Zeiten, da verdichtet sich alles, da sind wir aufmerksamer und offener für das Leben. Was bis dahin dahinplätscherte, wird auf einmal zu einem lebendigen Quell. Was wir an einem Ort routinemäßig getan haben, bekommt woanders eine anrührende Tiefe.
Menschen pilgern immer wieder an bestimmte Orte, um dort Trost und Ermutigung zu finden.
In Galiläa, da kann man den Auferstandenen schauen. In Jerusalem, in der Hauptstadt des Denkens und des Wissens, dort wird man ihm kaum begegnen. In Jerusalem hatte man gesagt, dass das Gesetz das Volk zusammenhalte.
In der Provinz, in Galiläa, dort war man empfänglich für Verheißungen und Einladungen. Hier war die Religion noch jung und neu.
Man sprach von einem galiläischen Frühling Jesu, weil sich dort die Menschen in Scharen um ihn sammelten. Hier hing man an seinen Lippen: Er verkündete einen Gott, dem wir wert und würdig seien. Sein Gottesbild kannte keinen Schatten, das Richtende und Rächende hatte er aus dem Gottesbild ausgemerzt.
Hier in Galiläa also, am See, wo der Himmel sich im Wasser spiegelt, kann man dem Auferstandenen begegnen.
Wo ist bei mir die Religion noch jung? Wo sind in meinem Denken die Hauptstädte, die keinen Platz für Überraschungen haben?
Dem Lebendigen begegnen, das ist eine Erfahrung jenseits von Raum und Zeit im Herzen eines jeden Menschen, der dort Orte und Zeiten hat, wo er noch jung ist und für Überraschungen offen.
Ich wünsche Euch allen Orte und Zeiten, wo das Leben sich verdichtet und Steine von unseren Herzen weggewälzt sind.
4 Jesus (er-) Leben
Am 22.04.02, 16:44 schrieb „Georg Koch“ unter <[email protected]>:
Der zweite Atem
Morgens laufe ich mit meinem Hund meine Runden im Wald, um den Tag zu gewinnen. Meist macht es Spaß, und ich komme gut voran. Manchmal ist es aber so, dass ich saft- und kraftlos daher trabe. Wenn ich dann in der Ferne einen anderen Läufer sehe, dann packt mich der Ehrgeiz, ich atme tief durch und will ihn einholen. Dann passiert es, und ich bekomme sprichwörtlich „den zweiten Atem“ und laufe mit neuer Kraft los.
Bei den Ostergeschichten der Bibel entdecke ich oft den „zweiten Atem“. Da ist die Geschichte am See Tiberias. Die Jünger kommen mit leeren Netzen ans Ufer und Jesus gibt ihnen den Auftrag: Werft noch einmal euer Netz auf der rechten Seite aus. Ihnen ist die Luft ausgegangen, sie resignieren, wollen nicht weiter „laufen“.
Doch da ist etwas geschehen, das den Jünger diesen „zweiten Atem“ gegeben hat, neuen Lebensmut. Die Kraft, sich aufzumachen und wider besseres Wissen aufzubrechen.
Der „zweite Atem“, das ist die Zumutung, die Dinge des Lebens noch einmal aus einer anderen Sichtweise anzugehen. Darauf zu vertrauen, dass sich unser Lebensnetz auf ganz andere Art und Weise füllen kann.
Unser Glaube ist ja die Botschaft der Hoffnung, der Befreiung. Bei diesem Glauben geht es nicht zuerst um Gebote, um Moralvorschriften, um Ein- oder Ausgrenzung, sondern um Mut in der Hoffnungslosigkeit, um Liebe in der Einsamkeit, um Kraft im Scheitern, um Leben, wo einem alles leer und hohl vorkommt.
Jesu Wort ist ein Wort, das leere Netze füllt. Sein Wort, seine Zumutung, können uns einen „zweiten Atem“ geben. Sein Atem, sein Geist, wollen mich beleben, das Dasein noch einmal mit anderen Augen zu wagen und hinauszufahren. Er gibt uns einen langen Atem.
5 Gelingendes Christsein (Pfingsten)
Am 10.05.02, 20:10 schrieb „Georg Koch“ unter <[email protected]>:
Gesucht: Eine Gemeinschaft von Freien und Souveränen
Im Traum sehe ich einen Hengst, den mehrere Männer bändigen wollen. Er steht in einem Bezirk von mehreren Quadratmetern mit Balken umzäunt, eingesperrt.
Ich sehe sein Sträuben und die Mühe der Männer, ihn im Zaum zu halten und denke: Du hast Recht, Pferd, wehre dich nur. Gehörst eigentlich hinaus in die Freiheit und in die Prärie. Das Pferd bricht aus und galoppiert durch das Gelände, ich auf seinem Rücken.
Mit einem Pferd verbinde ich: frei sein, unabhängig sein, Kraft und Stärke einsetzen.
Der Traum hat mir ein Schlüsselbild und Schlüsselworte eingegeben, um das Wirken des Heiligen Geistes begreifen zu können.
Wie oft war ich eingesperrt und eingezäunt in theologische Sprachregelungen, die mir eingebläut wurden? Wann war ich souverän und habe meine eigene Glaubensmeinung formuliert? Bin ich im Glauben ein freier und souveräner Geistlicher gewesen? Hatte ich die Kraft und die Stärke, eigene Riten zu finden, um den Glauben lebensnah erfahrbar werden zu lassen?
Der Glaube hat mich frei gemacht! Der Geist dieser Freiheit Gottes wohnt in mir!
Dieses innere Überzeugtsein hat mich vor über zwanzig Jahren in einer Ruhepause zwischen zwei Saunagängen tief durchströmt.
Seitdem bin ich unterwegs, eine Gemeinschaft zu finden, wo Menschen frei und souverän und mündig im Glauben sind. Wenn ich verzagt war, gab es neben mir welche, die aufmunterten. Wenn ich mutig meinen eigenen Glauben erzählte, dann wurde ich von anderen bestärkt. So wurde ich unabhängig, souverän, von der Hierarchie, die Glauben verwaltet. Eine Gemeinschaft von Freien und Souveränen stützte mich. Oft waren es einfache Frauen und Männer.
An Pfingsten wird in uns selbst hineingelegt die Wahrheit des Glaubens. In uns wird alles wirksam. Der Geist Gottes in uns macht uns frei und unabhängig und begründet eine neue Gemeinschaft.
Die Kraft und Stärke der Glaubens-Pferde können in die Freiheit der Kinder Gottes dahin galoppieren!
Diese Freiheit der Kinder Gottes wünsche ich uns allen.
6 Glauben Leben (Dreifaltigkeitssonntag)
Am 28.05.02, 14:51 schrieb „Georg Koch“ unter <[email protected]>:
Gott ist Gemeinschaft
Gott wird uns immer ein Geheimnis bleiben. Jeder Mensch wird uns ein Geheimnis bleiben. Ein Geheimnis aber kann uns bergen und Kraft geben. Das Geheimnis Gottes am Dreifaltigkeitssonntag wird uns in dem Satz dargelegt: Gott ist Gemeinschaft. Gott ist nicht allein, einsam, isoliert.
Gott ist Gemeinschaft und Gott ist Liebe. Die Liebe sucht immer den Austausch, das Gespräch und das Mahl mit dem anderen. Gott ist also in seinem Wesen Gemeinschaft und darum Liebe. Ja wir dürfen sagen: Auch Gott ist liebesbedürftig. Er empfängt Liebe und lebt von ihr.
Diese Begegnung in Gott ist wie jede echte Begegnung schöpferisch;
Geistvoll im wahrsten Sinne des Wortes, voll des Geistes, den die Schrift nennt: Heiligen Geist.
Dieser Geist wird den Mensch und die Welt umgestalten, neu machen. Er ist die Kraft, die alles nur Allein-sein-Wollen überwindet. Er ist die Leidenschaft, die alles Miteinander-Sein bestärkt. Durch ihn gibt es Einheit – auch in Gott – bei aller Verschiedenheit.
Die Schrift sagt, dass wir Menschen Bild Gottes sind, nach diesem Gott geschaffen. Darum der Urtrieb, uns aussprechen zu wollen und Antwort zu finden. Darum dieser Hunger nach Liebe und der Drang, lieben zu dürfen.
Darum der schöpferische Funke, die Welt zu gestalten, menschlicher zu gestalten. Daum die Notwendigkeit, jede Isolation zu sprengen und auf den Mitmenschen zuzugehen.
Gott kennt keine Isolation. Gott braucht und will Gemeinschaft. Deshalb reden wir Christen nicht nur allgemein von Gott. Wir sagen bewusst: Vater, Sohn und Geist.
Gott, wir danken dir, dass du nicht allein sein kannst und willst. Wir können es noch viel weniger.
7 Gelingendes Leben
Am 31.07.02, 17:28 schrieb