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Grundwissen Stress


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weniger häufig und weniger intensiv erlebt werden. Sie sind aber nicht dazu geeignet, die Stress auslösenden Faktoren selbst zu beeinflussen. Hier setzen die Maßnahmen zur multimodalen Stressbewältigung an.

       2. Multimodale Stressbewältigung

      Das generelle Ziel von Programmen zur multimodalen Stressbewältigung besteht in der Förderung der körperlichen Gesundheit und des seelischen Wohlbefindens der Teilnehmer durch eine Reduktion der Häufigkeit und Intensität alltäglicher Belastungsempfindungen. Dieses Ziel wird durch eine Verbesserung der individuellen Bewältigungskompetenzen angestrebt.

      Die meisten publizierten Stressmanagement-Ansätze bauen auf dem transaktionalen Stressansatz von Lazarus (1966,12 Lazarus & Launier, 198113) auf. Lazarus geht davon aus, dass ein Stressor nicht direkt eine Stressreaktion bei einer Person auslöst. Vielmehr liegen zwischen Auslöser und Reaktion individuelle Bewertungsprozesse.

       Primäre Bewertungen

      Bei der primären Bewertung schätzt das Individuum ein, inwiefern die Situation eine Bedrohung („threat“) oder Herausforderung („challenge“) darstellt oder ob durch sie bereits ein aktueller Schaden oder Verlust („harm-loss“) eingetreten ist.

       Beispiel

       Sie werden wegen des Verdachts häuslicher Gewalt in ein Mehrfamilienhaus gerufen.

       „Wenn ich das jetzt vermassele, kann ich die gute Beurteilung und damit meine Karrierepläne vergessen!“ (Bedrohung) „Na typisch – jetzt fehlt mir die Zeit, meinen ausstehenden Bericht in Ruhe fertigzustellen, und den rechtzeitigen Feierabend kann ich auch vergessen!“ (Schaden-Verlust)

       „Jetzt kann ich endlich zeigen, was ich im Deeskalationstraining gelernt habe.“ (Herausforderung)

       „Das ist Routine.“ (stressneutral)

       Sekundäre Bewertungen

      Hier geht es um die Einschätzung eigener Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten. Eine stressbezogene sekundäre Bewertung liegt dann vor, wenn die Person ihre Möglichkeiten als nicht ausreichend für eine Bewältigung der jeweiligen Anforderung einschätzt.

      Beispielhafte Bewertungen können auf das obige Beispiel bezogen sein:

       Beispiel

       „Das schaffe ich mit links. Ich habe viel Erfahrung – sowohl bei der Deeskalation als auch im Umgang mit Opfern.“

       „Wenn Kollege Müller dabei ist, bin ich immer so verunsichert und kriege das bestimmt nicht souverän hin.“

       „Den Stress halte ich nicht aus!“

      Erst das Ergebnis dieser Bewertungsprozesse entscheidet darüber, ob beim Individuum eine Stressreaktion ausgelöst wird oder nicht (Abb. 1).

       Abbildung 1

      Entsprechend des transaktionalen Stressmodells setzten die multimodalen Stressbewältigungsansätze an bei den Stressaspekten

       • Situation (Stressor),

       • Bewertung und

       • Stressreaktion.

      Viele Autoren15 sprechen hier analog auch von S-O-R: Dabei steht S für Stressor, O für Organismus und R für Reaktion. Korrespondierend zu diesen Stressaspekten lassen sich pragmatisch drei Hauptwege (Modalitäten) des individuellen Stressmanagements unterscheiden (vgl. Kaluza, 200616):

       • Instrumentelles Stressmanagement setzt an den Stressoren an mit dem Ziel, diese zu reduzieren oder ganz auszuschalten, z. B. durch Umorganisation des Arbeitsplatzes, durch Veränderung von Arbeitsabläufen, durch die Organisation von Hilfen etc. Instrumentelles Stressmanagement kann reaktiv auf konkrete, aktuelle Belastungssituationen hin erfolgen und auch präventiv auf die Verringerung oder Ausschaltung zukünftiger Belastungen ausgerichtet sein. Instrumentelles Stressmanagement erfordert über die für die Erfüllung der jeweiligen Anforderungen nötige Sachkompetenz hinaus sozial-kommunikative Kompetenzen und Selbstmanagementkompetenz als Fähigkeit zu einem eigengesteuerten und zielgerichteten Handeln.

       • Kognitives Stressmanagement zielt auf eine Änderung eigener Merkmale in Form von persönlichen Motiven, Einstellungen und Bewertungen. Auch hier können sich die Bewältigungsbemühungen auf aktuelle Bewertungen in konkreten Belastungssituationen oder auf situationsübergreifende, habituelle Bewertungsmuster beziehen. Diese bewusst zu machen, kritisch zu reflektieren und in stressvermindernde Bewertungen zu transformieren, ist das Ziel kognitiver Interventionsansätze der Stressbewältigung (Meichenbaum, 200317, Schelp, Gravemeier & Maluck, 199718).

       • Beim palliativ-regenerativen Stressmanagement steht die Regulierung und Kontrolle der physiologischen und psychischen Stressreaktion im Vordergrund. Es beinhaltet alle Versuche, unlustbetonte Stressemotionen wie Angst, Ärger, Schuld, Neid, Kränkung und den mit diesen einhergehenden quälenden physiologischen Spannungszustand positiv zu beeinflussen. Auch hier kann unterschieden werden zwischen solchen Bewältigungsversuchen, die zur kurzfristigen Erleichterung und Entspannung auf die Dämpfung einer akuten Stressreaktion abzielen (Palliation), sowie eher längerfristigen Bemühungen, die der regelmäßigen Erholung und Entspannung dienen (Regeneration).

      Das heißt, in potenziell Stress auslösenden Situationen können verschiedene Coping-(Bewältigungs-) Strategien eingesetzt werden, um entweder die stressauslösende Situation zu entschärfen, die Situation umzubewerten oder für Ausgleich und Regeneration zu sorgen.

       Beispiel

       Sie erfahren, dass Ihre Beurteilung nicht so positiv ausgefallen ist, wie Sie erwartet haben.

       Beispiele für instrumentelles Stressmanagement:

       Sie schalten den Personalrat ein und reden mit Ihrem Vorgesetzten, um die Beurteilung besser nachvollziehen zu können, versuchen eine Korrektur zu bewirken und klären mit Ihrem Vorgesetzten, wie sie bei der nächsten Beurteilung eine Verbesserung erreichen können.

       Beispiele für kognitives Stressmanagement:

       Sie sagen sich: „Das hat nichts mit mir persönlich zu tun. Die Beurteilungen hängen anscheinend mehr von der Karriereplanung als von der Leistung ab. Ich weiß, dass ich gut bin. Wenn ich an der Reihe bin für eine Beförderung, wird meine Beurteilung auch passend ausfallen.“ oder „Ich will ohnehin keine Karriere machen. Ich fühle mich in meinem aktuellen Job sehr wohl.“

       Beispiele für palliativ-regeneratives Stressmanagement:

       Sie reagieren sich durch einen Waldlauf ab und suchen Ablenkung durch einen Besuch bei Freunden, bei denen Sie „Dampf ablassen“ können.

      Inzwischen wurden zahlreiche Stressmanagement-Trainings entwickelt und in ihrer Wirksamkeit überprüft, die dem dargestellten transaktionalen Stressmanagement-Ansatz folgen.

       Beispiele sind:

       • „Gelassen und sicher im Stress“ nach Kaluza (Kaluza, 2007, 201119)

       • Verhaltenstraining zur Stressbewältigung nach Wagner-Link (201020, Weiterentwicklung des Stressbewältigungstrainings für die Polizei nach Brengelmann, 198821, vgl. auch Krauthan, 200422)

       • Rational-Emotive Therapie gegen Stress (Schelp et al., 199723)

       • Stressimpfungstraining nach Meichenbaum (Meichenbaum, 200324)