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Grundwissen Stress


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so stellt sich unmittelbar die Frage, worin diese Reaktion besteht. Einerseits nützt die Kenntnis von Stressreaktionen, um zu erkennen, dass ein Stressgeschehen vorliegt. Darauf aufbauend ermöglicht dann dieses Wissen, solche Reaktionen bei sich und bei anderen Personen zu akzeptieren. Die Akzeptanz ist einfach, wenn man die Stressreaktionen kennt. Und abschließend bietet sich dann die Chance, gezielt Stressbewältigung anzugehen. Dies erfordert einerseits das Erkennen eines Stresszustandes bei sich oder anderen. Zum anderen muss man wissen, an welcher Stelle im Stressprozess man warum (vgl. die Kapitel Stress & Leistung sowie Stress und Gesundheit in diesem Band) mit welchen Bewältigungsstrategien ansetzen kann (dazu mehr im Kapitel Stressmanagement in diesem Band). Die Lernziele dieses Kapitels sind:

       • Stressreaktionen kennen

       • Stress anhand von Stressreaktionen (u. Ä.) erkennen können

       2. Überblick Stressreaktionen

       2.1. Definition Stressreaktionen

      Die Stressreaktion ist die Reaktion des Subjektes auf Stressoren bzw. die subjektive Differenz zwischen den Anforderungen der Situation und den (angenommenen) Bewältigungsmöglichkeiten. Diese Reaktionen sind eine Anpassung des Subjektes an diese Anforderung auf verschiedenen Ebenen und Vorbereitung zur Bewältigung der Situation. Geht man von einem Stressprozess aus, ist die Stressreaktion die Folge der Bewertungen des Stressors und der Vorläufer der Stressbewältigung (siehe Abbildung 1).

       Abbildung 1

      Geht man davon aus, dass Stress dazu dienen soll, einen Organismus zu Angriff oder Flucht zu motivieren, so ergeben sich verschiedene sinnvolle Änderungen innerhalb dieser Person. In diesem Sinne sollte eine Optimierung des Zustandes der Person dabei beinhalten:

       • Vorbereitung des Körpers auf körperliche (Hoch-)Leistung und mögliche Verletzungen

       • Fixierung auf schnelle Handlungen

       • Reduzierung von lang andauernden Prozessen (also bewusstes Nachdenken, ausführliche Problemlösungen)

      In der Literatur finden sich verschiedene Klassifikationssysteme. Stressreaktionen werden dabei regelmäßig in 3 bis 5 Bereiche unterteilt. Einig ist man sich dabei aber, dass sich die Reaktionen mindestens in kognitiv und körperlich aufteilen lassen. Weitere Unterteilungen nehmen die Kategorien Emotionen und Verhalten hinzu. Litzcke & Schuh (2010, S. 23) unterteilen dabei sogar die körperlichen Reaktionen nochmals in ein muskuläres und ein vegetativ-hormonelles System.

       2.2. Körperliche Stressreaktionen2

      Die körperlichen Stressreaktionen optimieren den Organismus hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit zu körperlichen Höchstleistungen. Dies beinhaltet vor allem die Aktivierung des entsprechenden Nervensystems (Sympathikus) und die Bereitmachung des muskulären Systems inklusive seiner Versorgung. Die beiden Wege der nervösen Aktivierung (siehe Kapitel in diesem Band) führen insbesondere zu einer Erhöhung der Herzschlagfrequenz und des Blutdrucks in Verbindung mit einer ausgeprägteren Atmung. Dies ermöglicht eine bessere Versorgung mit Sauerstoff, was grundlegend für körperliche Anstrengungen ist. Daneben wird die Energieversorgung durch eine Anpassung des Blutzuckerspiegels optimiert. Weiterhin werden Hormone ausgeschüttet, die u. a. eine bessere Wundversorgung ermöglichen und das Schmerzempfinden bei Verletzungen senken. Auch die Muskulatur spannt sich vor (erhöhter Tonus), um für Aktivitäten und Abwehr bereit zu sein und wird besser durchblutet. Sie ist damit besser versorgt. Schweiß wird vorsorglich abgesondert, um den Körper zu kühlen, wenn er sich durch anstrengende Leistungen erhitzt. Gleichzeitig werden alle Prozesse des Körpers reduziert, die sich eher auf Entspannung, Erholung und Regeneration ausrichten (Verringerung der Aktivität des Parasympathikus).

       2.3. Kognitive Stressreaktionen3

      Das Kognitive System umfasst vor allem das Denken, Wahrnehmen, Informationsverarbeiten, Erinnern, Entscheiden, Planen und Problemlösen. Man kann davon ausgehen, dass die Stressreaktion in akuten Gefahrensituationen eine Überlebensfunktion hat. Damit wird klar, dass das kognitive System hier alle eher „geistigen“, umfangreichen und auf andere als das aktuelle und unmittelbare Ereignis ausgerichteten Zustände reduzieren muss. Plakativ ausgesprochen muss sich der Organismus auf das aktuelle Problem fokussieren und alle anderen kognitiven Prozesse hemmen oder ausblenden. Damit geht eine Änderung der Wahrnehmung einher: Wahrgenommen wird vor allem alles, was zentral für das Problem erscheint. Dinge, die für peripher gehalten werden, werden ausgeblendet (vgl. Kapitel Stress & Leistung in diesem Band). Dabei ist zu beachten, dass die Bestimmung, was nun zentral ist und was nicht, allein dem Subjekt unterliegt (allerdings nicht bewusst ist). Es ist möglich, dass der Organismus sich auf die tatsächliche Gefahr konzentriert oder aber diese Gefahr nur Auslöser für die Wahrnehmung eines negativen Gedankens ist, um den sich dann anschließend „alles dreht“, während das eigentliche Problem „vergessen“ wird. Die Gedanken kreisen dann nur um die Person selbst und ihren Zustand. Je nach Stressstärke wird neben dieser Fokussierung auch die „Verarbeitungskapazität“ des kognitiven Systems reduziert (siehe Kapitel Stress & Leistung in diesem Band). Konzentration und Aufmerksamkeit nehmen ab, die geistige Leistungsfähigkeit sinkt. Einfachere Denkmuster werden vorgezogen, Vereinfachung und eher kurzfristige Überlegungen sind wahrscheinlich. Gedächtnisleistungen werden reduziert. Der Abruf aus dem Langzeitgedächtnis kann erschwert oder sogar verhindert (Blackout) und das Behalten im Kurzzeitgedächtnis gestört sein (verminderte Kapazität, ständiges „Überschreiben“ der aktuellen Inhalte durch Informationsflut). Die Sprache wird schneller und fehleranfälliger. Die Verwendung unpassender Worte wird häufiger. Die Reaktionszeit kann ansteigen.

       2.4. Emotionale Stressreaktionen4

      Bedrohliche Situationen lösen neben Stress auch Emotionen wie Angst oder Ärger aus. Informationsüberflutung oder -entzug führen zu Unsicherheit. Überforderung, Frustration und auch Aggression können Folgen sein. Bei ausweglos erscheinenden Situationen stellt sich das Gefühl von Kontrollverlust ein. Längerfristig kann dies in Resignation, Apathie und Hilflosigkeit enden. Das Selbstwertgefühl sinkt mit abnehmender Kontrolle und Erfolg in der Stresssituation.

       2.5. Stressreaktionen auf Verhaltensebene5

      Auf der Verhaltensebene werden Aktivitäten gezeigt, die einerseits häufig als Übersprungshandlungen bezeichnet werden (also Handlungen, die Ausdruck der hohen Erregung sind) anderseits häufig auch als (meist wenig bewusste oder absichtliche) Versuche verstanden werden können, die Anforderung oder auch den Stress zu bewältigen, beispielsweise soziale Unterstützung zu erlangen, Kontrolle subjektiv zu empfinden, die Situation zu ignorieren etc.

      Tabelle 1 gibt einen auszugsweisen Überblick über verschiedene Reaktionen und bietet Ansätze für deren gezielte Bewältigung bzw. Entspannung auf einer Ebene, wenn diese im Fokus der Stressbewältigung stehen sollen (vgl. Kapitel Stressmanagement in diesem Band, sowie Suinn, 2005; Draksal, 2005).

       3. Abgrenzung Stressreaktionen – Stressfolgen – Coping

      Während es unmittelbar nachvollziehbar ist, dass man Stressreaktionen, die direkt am Stressgeschehen beteiligt sind von Stressfolgen, die eher zeitlich verzögert auftreten, abgrenzt, so ist dies in der Umsetzung im Einzelfall nicht immer eindeutig und trennscharf möglich. Während es vielleicht noch bei körperlichen Reaktionen (z. B. endokrine und hormonelle Prozesse), die unmittelbar Teil des Stressprozesses sind (vgl. Selye, bzw. Kapitel Stresstheorien in diesem Band), relativ eindeutig scheint, ist dies bei Reaktionen auf der Verhaltensebene nicht mehr so eindeutig. Es kann bei Verhaltensweisen schwierig sein herauszufinden, ob sie Teil des Stressprozesses und damit Stressreaktionen im engeren Sinn sind oder bereits Folgen6 davon.