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Grundwissen Stress


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hingegen die Ausschüttung der Glucocordicoide, die die „Erschöpfungsphase“ charakterisieren (Szabo, Tache & Somogyi, 2012).

      Es war die herausragende Leistung von Selye, die Manifestation von Stress im Allgemeinen Adaptionssyndrom nachzuweisen und so zu zeigen, wie Stresserfahrungen auf vitale Körperfunktionen Einfluss nehmen. Die Körperfunktionen werden in der Stresserfahrung auf Adaptionsleistungen ausgerichtet. Gelingt es dem Organismus, den Stressor zu eliminieren, findet über die Erholungsphase der Körper in sein physiologisches Gleichgewicht zurück (z. B. Gustafsson, Lindfors, Aronsson & Lundberg, 2008). In diesem Verlauf ist Stress ein wichtiger Hinweisgeber, um den Anforderungen im Leben gerecht werden zu können. Andauernde und längerfristige Stresserfahrungen, in denen eine Adaption nicht gelingt, führen hingegen langfristig zur Schädigung wichtiger Körperfunktionen, Krankheit und im Extremfall zum Tod (Kivimäki et al., 2012; Segerstrom & Miller, 2004). In diesem Verlauf ist Stress ein lebensbedrohlicher Zustand (Selye, 1976b).

       Positiver vs. Negativer Stress – Aktuelle Konzeptionen

      Selye stellte zunächst die schädigenden Effekte von Stress in das Zentrum seiner Forschung und Konzeption. In den 1970ern führte er dann die Begriffe Disstress („schlechter/ negativer Stress“) und Eustress („guter/positiver Stress“) ein, um zu unterscheiden, ob eine Stressreaktion (das Allgemeine Adaptionssyndrom) durch einen negativen unangenehmen Stressor oder durch einen positiven angenehmen Stressor (Selye nennt als Beispiele einen Streit zwischen Eheleuten im Vergleich zum Austausch von Zärtlichkeiten zwischen Eheleuten) ausgelöst wurde (Selye, 1974). Darüber hinaus führt die Erfahrung, einen negativen unangenehmen Stressor nicht bewältigen zu können, nach Selye (1974) zu negativen Erlebniszuständen, die er ebenfalls Disstress nennt. Umgekehrt führt die Erfahrung, einen negativen unangenehmen Stressor erfolgreich bewältigt zu haben, zu positiven Erlebniszuständen, die er ebenfalls als Eustress bezeichnet. Selye macht deutlich, dass es ohne Stress nicht zu solchen positiven Erlebniszuständen kommen kann. Dabei erhöht ein regelmäßiger erfolgreicher Umgang mit Stress die Fitness zukünftige Stressoren zu meistern. In diesem Sinne sollte Stress nach Selye nicht grundsätzlich als negativ betrachtet werden und sollte also nicht in jeder Form unterdrückt werden. Vielmehr geht es nach Selye darum, Disstress zu reduzieren und Eustress zu fördern. „We must not suppress stress in all its forms, but diminish distress and facilitate eustress, the satisfactory feeling that comes from the accomplishment of tasks we consider worth while.“ (Selye, 1976a, S. 56).

      Seitdem sind die Konzepte Eustress und Disstress zwar sehr populär, letztlich blieb aber eine theoretische und methodische Entwicklung dieser Stresskonzeption und eine systematische Erforschung von positiven und negativen Konsequenzen von Stress lange Zeit aus (Edwards & Cooper, 1988). Erst in jüngster Zeit haben Forscher herausfordernde Stressoren (challenge stressors) und behindernde Stressoren (hindrance stressors) systematisch unterschieden und deren positive und negative Effekte auf physisches und psychisches Wohlbefinden und arbeitsbezogene Performanzkriterien empirisch untersucht (Cavanaugh, Boswell, Roehling & Boudreau, 2000; LePine, Podsakoff & LePine, 2005; Podsakoff, LePine & LePine, 2007; Widmer, Semmer, Kälin, Jacobshagen & Meier, 2012).

      Aufbauend auf der Stresskonzeption von Selye haben Lazarus & Folkman (1984) in ihrem transaktionalen Stressmodell hervorgehoben, dass sich die Wirkung von Stressoren unterscheidet, je nachdem wie Stressoren bewertet und bewältigt werden. Stehen Personen genügend (problem- und emotionsbezogene) Bewältigungsfähigkeiten und -möglichkeiten (Coping Strategien) zur Verfügung, bewerten sie einen Stressor als „Herausforderung“. Stehen Personen hingegen wenig Bewältigungsmöglichkeiten zur Verfügung, bewerten sie einen Stressor als „Schädigung“ oder „Bedrohung“. Steht ein Polizeibeamter beispielsweise in einem Demonstrationsgeschehen vor einer pöbelnden Menge wird diese Situation wohl grundsätzlich als unangenehm empfunden. Die Stärke dieser negativen emotionalen Reaktion wird sich dann aber danach unterscheiden, ob der Polizeibeamte alleine oder gemeinsam mit andere Kolleginnen und Kollegen diese Situation erlebt. Die soziale Unterstützung von Kollegen bietet in einer solchen Situation z. B. die potenzielle problembezogene Bewältigungsmöglichkeit, bei möglichen körperlichen Ausschreitungen der Demonstrationsteilnehmer gemeinsam wirksame Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Daneben besitzt der Polizeibeamte möglicherweise ein hohes Maß an Emotionsregulationskompetenz und schafft es z. B. seinen aufkommenden Ärger oder Furcht vor einer möglichen Eskalation der Lage zu besänftigen. Diese emotionsbezogene Bewältigungsfähigkeit (Emotionsregulationskompetenz) gemeinsam mit der problembezogenen Bewältigungsmöglichkeit (Einsatzkollegen) könnte dann dazu beitragen, in dieser Situation gelassener zu reagieren, während ein Fehlen solcher Copingstrategien dazu beiträgt, in dieser Situation mit erhöhter Anspannung zu reagieren. Diese Konzeption wurde vielfach fälschlicherweise so interpretiert, dass es „rein subjektiv“ sei, es also allein auf die jeweilige Person und ihre individuelle Sichtweise und aktuelle Bewältigungsstrategie ankomme, ob ein Stressor als bedrohend oder herausfordernd wahrgenommen wird. Es ist aber vielmehr so, dass bestimmte (arbeitsbezogene) Stressoren relativ konsistent als belastend oder herausfordernd wahrgenommen werden (Brief & George, 1995; Semmer, 2003). So ist beispielsweise innerhalb einer Organisation eine relativ hohe Übereinstimmung festzustellen, wie bestimmte Arbeitsbedingungen von den Organisationsmitgliedern interpretiert werden. Darüber hinaus entfalten diese Stressoren konsistente Effekte auf das Wohlbefinden und die Performanz der Organisationsmitglieder (Sonnentag & Frese, 2003). Diese Übereinstimmung in der Bewertung und Wirkung von Stressoren deutet damit auf objektive Bedingungsmerkmale hin, die den Stressprozess (kurzfristige Stressreaktionen und langfristige Stressfolgen) wahrscheinlich auslösen. Das Stressorenkonzept ist damit vergleichbar mit dem Konzept der Risikofaktoren in der Medizin. So ist z. B. Rauchen ein ernst zu nehmender Risikofaktor für Erkrankungen, wobei nicht jeder Raucher erkranken wird. Challenge (herausfordernde) Stressoren sind nach dieser Konzeption Stressoren, die Menschen relativ konsistent als solche Anforderungen in der Arbeit beschreiben, die potenziell die persönliche Entwicklung und die Leistungserfüllung steigern können. Hindrance (behindernde) Stressoren sind Stressoren, die Menschen relativ konsistent als solche Anforderungen in der Arbeit beschreiben, die potenziell für die persönliche Entwicklung und Leistungserfüllung hinderlich sind (Podsakoff et al., 2007; Widmer et al., 2012). Zu den Challenge Stressoren zählen z. B. Zeitdruck, Arbeitsdichte, Arbeitsumfang und Verantwortung, zu den Hindrance Stressoren zählen z. B. Rollenambiguität, Rollenkonflikte, soziale Konflikte, eine negative Organisationspolitik, mangelhaftes Führungsverhalten und Arbeitsplatzunsicherheit (Cavanaugh et al., 2000). Die Ergebnisse zweier Metaanalysen (LePine et al., 2005; Podsakoff et al., 2007) zeigen, dass sowohl Challenge als auch Hindrance Stressoren positiv mit Stressreaktionen (z. B. Irritation, Burnout, Depression) zusammenhängen. Beide Stressorengruppen entfalten also eine negative Wirkung auf Indikatoren für physische und psychische Gesundheit und Wohlbefinden, wie es schon in der Konzeption von Selye postuliert wurde. Allerdings haben Challenge Stressoren darüber hinaus einen positiven Effekt auf Motivation und Performanz, während Hindrance Stressoren einen negativen Effekt auf Motivation und Performanz haben. Widmer und Kollegen (2012) können für den Challenge Stressor „Zeitdruck“ zeigen, dass dieser Stressor den arbeitsbezogenen Selbstwert erhöhen und darüber eine positive Einstellung zum Leben fördern kann. Dieser motivationale, leistungssteigernde und psychische Gesundheit fördernde Effekt der Challenge Stressoren ist also, neben den gleichzeitigen Kosten solcher Anforderungen für physische und psychische Gesundheit, ein Gewinn, während die motivationshemmenden und leistungsmindernden Effekte der Hindrance Stressoren doppelt Kosten verursachen, sowohl auf der Seite der physischen und psychischen Gesundheit, als auch auf der Seite von Motivation und Leistung.

       Abbildung 2

       Stress und Selbstwert

      Im aktuellen Stressmodell von Semmer (Semmer, Jacobshagen, Meier & Elfering, 2007) wird die soziale Bedeutung von Stressoren hervorgehoben. Hiernach ist ein objektiver Stressor (der Stimulus, der den Stressprozess auslöst) für Menschen besonders dann stressend, wenn er so bewertet wird, dass er den persönlichen oder sozialen Selbstwert bedroht. Eine positive Selbstbewertung (von Semmer als „persönlicher Selbstwert“ bezeichnet) und eine positive Bewertung durch andere