*) Weitere Werte finden Sie im Tabellenteil im Anhang dieses Buchs.
(b) Entropien nach dem dritten Hauptsatz
Entropiedaten, die auf der Grundlage der Festlegung S(0) = 0 bestimmt werden, nennt man Entropien nach dem Dritten Hauptsatz oder einfach „Entropien“. Die Entropie (nach dem Dritten Hauptsatz) eines Stoffs im Standardzustand bei der Temperatur T wird mit S⊖(T) bezeichnet. Verschiedene Werte bei 298 K finden Sie in Tab. 3.3.
In Analogie zur Standardreaktionsenthalpie (siehe Abschn. 2.3) definiert man die Standardreaktionsentropie ΔRS⊖ als Differenz der molaren Entropien der reinen, getrennt vorliegenden Produkte und der reinen, getrennten Reaktanten; alle Substanzen befinden sich dabei bei der betreffenden Temperatur in ihrem jeweiligen Standardzustand:
Jeder Term ist hier mit dem zugehörigen stöchiometrischen Faktor gewichtet. Durch Verwendung der in Abschn. 2.3 eingeführten Schreibweise können wir diesen Ausdruck eleganter schreiben:
wobeiνJ die stöchiometrischen Faktoren sind (Vorzeichen + für Produkte, – für Edukte). Standardreaktionsentropien sind in der Regel positiv, wenn bei der Reaktion Gase gebildet werden, und negativ, wenn die Reaktion gasförmige Stoffe verbraucht.
Illustration 3.9
Zur Berechnung der Standardentropie der Reaktion
Diese deutliche Abnahme der Entropie ist typisch für die Bildung eines flüssigen Stoffs aus zwei gasförmigen Edukten.
Hinweis Setzen Sie die molaren Standardentropien von Elementen nicht fälschlicherweise gleich null; wie wir oben gesehen haben, sind sie (bei T > 0) ungleich null.
Bei der Diskussion der Enthalpien in Abschn. 2.3 hatten wir festgestellt, dass sich reine Lösungen von Kationen ohne Anionen (oder umgekehrt) nicht herstellen lassen. Aus diesem Grund gibt man auch die molaren Standardentropien von Ionen in Lösung relativ zu einem willkürlichen Wert für das Wasserstoffion H+ an, dessen Standardentropie in wässriger Lösung bei allen Temperaturen gleich null gesetzt wird:
(3.23)
Die in Tab. 2.6 (im Tabellenteil im Anhang dieses Buchs) angegebenen Werte beruhen auf dieser Festlegung. (Im Licht der in Abschn. 5.1 diskutierten Zusammenhänge handelt es sich bei den Entropien von Ionen in Lösung genau genommen um partielle molare Entropien: Die Werte enthalten die Auswirkungen der Ionen auf den Ordnungszustand der umgebenden Lösungsmittelmoleküle.) Da die Entropien von Ionen in Lösung immer relativ zu Wasserstoffionen angegeben werden, können sie sowohl positiv als auch negativ sein. Eine positive Entropie bedeutet, dass das Ion eine höhere molare Entropie als Wasserstoffionen besitzt; eine negative Entropie bedeutet umgekehrt eine geringere molare Entropie als Wasserstoffionen. Die Entropien von Ionen in Lösung hängen erwartungsgemäß davon ab, in welchem Maße das betreffende Ion den Ordnungszustand der umgebenden Lösungsmittelmoleküle beeinflusst. Kleine, hoch geladene Ionen bewirken eine lokale Strukturierung der Wassermoleküle und die Unordnung in der Lösung nimmt stärker ab als im Falle voluminöser, einfach geladener Ionen. Die absolute molare Standardentropie (nach dem Dritten Hauptsatz) des Protons in wässriger Lösung lässt sich anhand eines Modells der Struktur abschätzen, die das Ion bewirkt. Mittlerweile hat man sich mehr oder weniger auf –21 J K–1 mol–1 geeinigt. Das negative Vorzeichen bedeutet, dass Wasserstoffionen die Ordnung der Lösungsmittelmoleküle erhöhen.
Illustration 3.10
Die molare Standardentropie von Cl– (aq) ist + 57 J K–1 mol–1 und die von Mg2+ (aq) ist gleich –128 J K–1 mol–1. Das bedeutet, dass die molare Entropie von Cl– (aq)‐Ionen um 57 J K–1 mol–1 höher ist als die Entropie des H+ (aq)‐Ions. (Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass das Wasserstoffion die lokale Struktur des umgebenden Wassers weniger stark stört.) Die molare Entropie des Mg2+ (aq)‐Ions hingegen ist um 128 J K–1 mol–1 geringer als die Entropie des H+ (aq)‐Ions. (Eine mögliche Erklärung hierfür ist, dass die stärkere Ladung des Magnesiumions eine größere Ordnung in der lokalen Struktur der umgebenden Wassermoleküle hervorruft.)
(c) Die Temperaturabhängigkeit der Reaktionsentropie
Die Temperaturabhängigkeit der Entropie ist durch Gl. (3.20a) gegeben, und für die molare Entropie schreiben wir
Diese Gleichung gilt gleichermaßen für jede an einer chemischen Reaktion beteiligte Substanz, sodass wir mithilfe von Gl. (3.22) für die Temperaturabhängigkeit der Standardreaktionsentropie ΔRS⊖ erhalten:
wobei