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Mensch. Maschine. Kommunikation.


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auf die Tendenz der Nutzer*innenNutzer*in von sozialen MedienMedium/Medien, mehrere Identitäten in einer Vielzahl von Online-Räumen und manchmal innerhalb einer einzigen Plattform zu schaffen und aufrechtzuerhalten. FDSR ist dabei hilfreich, die Polynymität durch visuelle und auditive Veränderungen zur Unterstützung und Widerspiegelung multipler Identitäten zu ermöglichen. Animojis sind exemplarisch für Polynymität, da zwischen verschiedenen EmojiEmoji-Masken frei gewählt werden kann und ihre Verwendung die Inszenierung verschiedener Identitäten ermöglicht. Als Beispiel dafür wird von Herring et al. vor allem das Spiel mit Genderidentitäten genannt. Dieses Phänomen ist auch von Online-Rollenspielen her bekannt. In diesen Spielen nehmen die Teilnehmer*innen ein anderes Geschlecht (oder eine andere Hautfarbe, sexuelle Orientierung usw.) (siehe McRae 1996) an. Auch ein MemojiMemoji kann sich vom persönlichen Aussehen, dem eigenen Geschlecht usw. unterscheiden. Die Möglichkeit der Personalisierung stellt dem Nutzer, der Nutzerin frei, ein sich ähnliches Abbild zu erstellen (wie es Me in dem Wort Memoji andeutet) oder mit den veränderbaren, äusseren Merkmalen zu spielen und zu experimentieren.

      Auf soziokultureller Ebene werden aufgrund der Polynymität StereotypenStereotyp ermöglicht, welche stets auch mit ideologischen Werten einhergehen. So fanden Herring et al. in ihrer Untersuchung heraus, dass in AnimojiAnimoji-Kommunikaten die Darsteller*innen sprachliche Merkmale verwenden, die ihren Aussagen kulturelle und ideologische Bedeutung verleihen und über den eigentlichen Inhalt der Aussage hinausgehen (siehe Herring et al. 2020: 5). Beispielsweise beobachteten sie, dass Huhn, Katze und Schwein vor allem mit stereotypisierten weiblichen Stimmen inszeniert wurden – und dies auch von männlichen Sprechern (siehe Herring et al. 2020: 11). Dieser Prozess stellt eine Art Stilisierung der Sprache dar. Laut Bakhtin sind stilisierte Äusserungen inhärent mehrstimmig und beinhalten «a varying degrees of otherness or varying degrees of ‹our-own-ness›» (Bakhtin 1986: 89). Das zeigt, dass auch mit stilisierten Lauten auf sprachlicher Ebene StereotypenStereotyp verbreitet werden können. Auch Stark (2018) unterstreicht, dass sich Animojis an den Ausdruck von Emotionen annähern und bestehende racial categories durch ihre formalen und ästhetischen Merkmale verdinglichen und aufrechterhalten. Zum Beispiel werden dialektale Stilisierungen, welche mit African-American Vernacular English (AAVE) assoziiert werden – postvokales /r/, /l/-Streichung und Vereinfachung der Konsonanten-Cluster (Herring et al. 2020: 5) –, so verwendet, dass sie StereotypenStereotyp verstärken. Stark (2018) weist darauf hin, dass nicht nur die Darstellung von menschlichen Gesichtern und Körpern, sondern die Darstellung menschlicher Affekte und Emotionen die Hauptfaktoren sind, die die digitale AnimationAnimation des Rassenschemas kodieren. Für die Forschung ist es deshalb wichtig, dass die Schematisierung bei der Kodierung des menschlichen Gesichts (und des Körpers) kritisch betrachtet wird. Denn die schematisierenden – und laut Stark Rassismus propagierenden – technischenTechnik Mechanismen dienen nur vermeintlich der spielerischen Erweiterung von Emojis. Browne (2015) hat dazu beobachtet, dass Gesichtserkennungstechnologien und andere Systeme zur visuellen Klassifizierung menschlicher KörperKörper immer Mittel sind, mit denen race definiert und sichtbar gemacht wird.

      Wie erkennbar wird, haben Animojis das Potential – im Hinblick auf FDSR –, die Realität zu verzerren oder auch StereotypenStereotyp zu stärken. Sie geben dem NutzerNutzer*in, der Nutzerin die Möglichkeit, sich hinter einer anderen Identität zu verstecken. Das soll aber nicht bedeuten, dass dies die einzigen Potentiale von Animojis sind. Die Tatsache, dass Animojis eine innovative, neue Art der Kommunikation ermöglichen, soll hier gewürdigt und im Folgenden aus sprachwissenschaftlicher Perspektive ausgeleuchtet werden.

      3 Linguistische Analyse des AnimojiAnimoji-Phänomens

      3.1 Visuelle Ebene – Vergleich zwischen Animojis, Emojis und Memojis

      Die optische Ähnlichkeit von Animojis und Emoijs legt einen Vergleich der beiden Phänomene in Bezug auf die visuelle Ebene nahe. Während Animojis als audiovisuelleAudiovisualität Kommunikate definiert werden können, sind Emojis rein visueller Natur (siehe Tab. 1). Es sind statische Bilder, die nur einen festgefrorenen Gesichtsausdruck darstellen können. Da syntaktische Relationen nicht durch Emojis allein geklärt werden können und sie deshalb nicht eigenständig Sachverhalte transportieren können, treten sie in der Regel gepaart mit oder in Ergänzung zu Schriftzeichen auf. Einzeln werden sie meist nur als Reaktion auf die TextnachrichtTextnachricht der Kommunikationspartner*innen verwendet. Mit Emojis können keine Informationen zu Tempus, Modus oder Kasus ausgedrückt werden. So lässt sich zum Beispiel von der EmojiEmoji-Abfolge nicht eindeutig sagen, ob hier gemeint ist, die Frau selbst sei gut oder ihre Meinung zu etwas sei positiv (siehe Dürscheid 2017: 260 und s.u., Tab. 1). Emojis stehen entweder vor ( so lustig) oder nach (echt schade ) einer Textsequenz, in seltenen Fällen auch innerhalb eines Wortes (wir geniessen die Snne), oder sie werden als einzelne Nachricht versendet. Emojis und Buchstaben werden linear von links nach rechts, also in Schreibrichtung, angeordnet. Sie erscheinen auf WhatsAppWhatsApp zusammen als eine Art Textfeld und werden als Einheit wahrgenommen. In der folgenden Tabelle haben wir die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Emojis, Animojis und Memojis in Hinblick auf Produktion, Modalität, Grammatik, Dynamik, Kommunikationsmedium und Kommunikationsform dargestellt.

Emoji Animoji Memoji
Produktion typographisch Aufzeichnung eines Gesichts individuell angepasst (customized) und allenfalls Aufzeichnung eines Gesichts1
Modalität visuell audio-visuell (audio-)visuell2
Grammatik keine Syntax, als Ergänzung zur geschriebenen Sprache, kein Ersatz für Sprache (Dürscheid 2017) auditive Ebene: orientiert sich an gesprochener Sprache visuelle Ebene: abstrahiert, maskenähnlich, animierte Darstellung des Gesichts wie Animoji
Dynamik statisch dynamisch dynamisch oder statisch (als Sticker)
Kommunikationsmedium Smartphone/Computer Smartphone Smartphone
Kommunikationsform graphisch realisiert medial mündlich realisiert medial mündlich oder graphisch realisiert

      Tab.1:

      Überblick – Vergleich EmojiEmoji, AnimojiAnimoji, MemojiMemoji

      Der massgebliche Unterschied von AnimojiAnimoji zu EmojiEmoji besteht darin, dass die Emojis-Gesichter dynamisch animiert sind und in Verbindung mit einer auditiven Nachricht stehen. Wie bereits erläutert, wird beim Aufnehmen der Nachricht nicht nur das Gesprochene gespeichert, sondern durch maschinelle Gesichtserkennung auch die Mimik festgehalten. Dabei werden die aufgenommenen Gesichtsausdrücke vereinfacht und auf einer Art digitalen Maske animiert. Wiedergeben wird die