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Mensch. Maschine. Kommunikation.


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– der trotz SmartphonesSmartphone nicht von der Bildfläche verschwunden ist, sondern ein neues, wenn auch kleineres und spezifischeres Feld innerhalb der Kommunikation abdeckt – zeigt aber auch, dass ältere Kommunikationsmittel in der Regel nicht einfach durch neuere Entwicklungen ersetzt, sondern ergänzt werden. So öffnet sich tendenziell ein immer breiteres Feld unterschiedlicher Kommunikationskanäle, die parallel verwendet werden und je einen spezifischen Aufgabenbereich abdecken.

      Jüngste Entwicklungen scheinen diesen Trend zu bestätigen: Immer wieder werden Applikationen eingeführt, die gezielt für einen bestimmten Kontext konzipiert wurden. Ein Beispiel dafür ist der webbasierte Instant-MessagingInstant-Messanging-Dienst Slack, der mit unterschiedlichen Tools wie einer Chatfunktion, To-do-Listen etc. spezifisch für die Kommunikation in beruflichen Teams entwickelt wurde. In den letzten Jahrzehnten haben sich Technologien wie Handschriftenerkennung, Bildverarbeitung, Gesichtsdetektion und -identifikation zudem so weiterentwickelt, dass nicht nur stillstehende Objekte verarbeitet werden können, sondern auch sich bewegende Objekte (Körperverfolgung) – eine technischeTechnik Voraussetzung für die Produktion von Animojis. Interessant ist in dem Zusammenhang auch, wie sich die visuelle und auditive Ebene weiterentwickelt haben: Bei den ersten SprachassistentenSprachassistenz wie AlexaAlexa von Amazon, Cortana von Microsoft, Assistant von Google und SiriSiri von Apple wurde z.B. der Fokus auf die mündliche Kommunikation gelegt. Auch die Mensch-zu-Mensch-Kommunikation via MaschineMaschine wird immer weiter ausgebaut. Diese Entwicklungen ermöglichen die Kommunikation auf unterschiedlichen Kanälen. Schenk und Rigoli (2010: 3) nennen als wichtigste den visuellen (Bildschirm) und den auditiven Kanal (Lautsprecher). Für die Produktion von Animojis sind Kamera, Mikrofon und Touchscreen von Bedeutung. Aber auch innerhalb der neuen digitalen KommunikationsmedienKommunikationdigitale gibt es laufend Erweiterungen und neue Funktionen. So kamen zu den Emoticons (bestehend aus Klammern und Interpunktionszeichen) die Emojis, animierte GIFsGIF, Sticker, unterschiedliche Schriftarten und verschiedene Nachrichteneffekte (wie z.B. Konfetti, das eine Nachricht auf iMessageiMessage begleiten kann) hinzu. Weiter wurde das Versenden von Fotos, Videos und von Sprachnachrichten ermöglicht, die textbasierte Nachrichten ersetzen oder ergänzen können (siehe Stark 2018). Zu dieser grossen Palette digitaler KommunikationsmöglichkeitenKommunikationdigitale hat sich, wie erwähnt, im Jahr 2017 das AnimojiAnimoji hinzugesellt, dem wir uns nun im Folgenden ausführlicher widmen werden.

      2.2 AnimojiAnimoji: Beschreibung des digitalen Phänomens

      Zunächst soll erläutert werden, was ein AnimojiAnimoji überhaupt ist. Herring et al. (2020: 1) beschreiben Animojis folgendermassen: «[U]sers can video chat and send video clips of themselves speaking through large-format emoji that mirror movements of the sender’s head, mouth, eyes, and eyebrows in real time». Ein Animoji ist also ein grossformatiges, animiertes 3D-EmojiEmoji, welches die Mimik der aufgenommenen Person auf das Emoji überträgt und die parallel dazu aufgenommenen Sprachbotschaften wiedergibt. Kurz: Es kombiniert die bekannten Emojis mit der Stimme der Person zu einem Videoclip – deshalb auch die Bezeichnung Animoji, was ein Portmanteau-Wort aus AnimationAnimation und Emoji ist.

      Um Animojis zu verwenden, wird zuerst die gewünschte EmojiEmoji-Maske ausgewählt, zum Beispiel der Kopf einer Kuh (siehe Abb. 1), anschliessend wird eine Nachricht in die Frontkamera des HandysSmartphone gesprochen, die von dem AnimojiAnimoji wiedergegeben wird. Neben der Nutzung von vorgefertigten, meist aus den Emojis bekannten Gesichtzeichen besteht auch die Möglichkeit, ein personalisiertes Animoji zu erstellen, welches das eigene Gesicht repräsentieren soll und dementsprechend nach dem eigenen Vorbild gestaltet wird (siehe ebenfalls Abbildung 1 und 2 oben). Solche Avatare werden Memojis genannt. Diese Memojis können statisch als Sticker – wie Emojis (siehe Abb. 2) – oder als Aufzeichnungen eines animierten Bildes versendet werden. Die personalisierbaren Elemente der Memojis schliessen zum Beispiel Festlegungen zur Frisur, zu Haut- und Augenfarbe, Make-up und Piercings ein. Im Unterschied zu Animojis ist die Funktion der MemojiMemoji-Sticker mit denen von ‹normalen› Emojis vergleichbar. Beide werden als statische Bildzeichen verwendet, und beide können dazu genutzt werden, schriftliche Äusserungen zu ergänzen oder zu kommentieren. Im Folgenden werden wir aber nicht weiter auf diese statischen Elemente eingehen, wir konzentrieren uns vielmehr auf die Funktion und die Art der Verwendung von animierten Memojis und Animojis. Immer wenn hier von Animojis die Rede ist, sind also animierte Animojis gemeint – und auch animierte Memojis mitgedacht. Memojis stellen nämlich eine Unterkategorie von Animojis dar und werden, abgesehen von der vorhergehenden Gestaltung, identisch verwendet.

      Abb. 1:

      Personalisiertes MemojiMemoji (links) und Standard-AnimojiAnimoji (rechts)

      Abb. 2:

      Personalisierter MemojiMemoji-Sticker (oben) und EmojiEmoji (unten) im Vergleich

      Um das einmal ausgewählte AnimojiAnimoji in Bewegung zu setzen bzw. es sprechen zu lassen, sind die Parameter Kopf, Mund, Augen und Augenbrauen entscheidend. Die entsprechenden Bewegungen im Gesicht der Sender*innen werden beim Erstellen eines Animojis von der Handykamera aufgenommen und durch die Signalverarbeitung des iPhones als Gesichtsbewegungen im Animoji wiedergegeben. Die Mimik wird durch GesichtserkennungstechnikTechnik parallel zur Sprachaufnahme der Sprecher*innen aufgenommen und mit minimaler Ton-Bild-Verschiebung beinahe zeitgleich vom Animoji dargestellt. Die aufgenommene Nachricht kann nun über Apples iMessageiMessage verschickt werden und von den Empfänger*innen in einer Endlosschleife oder in Form eines Videos (je nach Handymodell und Betriebssystem) abgespielt werden. Dabei ist anzumerken, dass es noch nicht möglich ist, Animojis auf allen Applikationen abzuspielen. So ist bspw. WhatsAppWhatsApp (Stand September 2020) noch nicht mit Animojis kompatibel.

      Bei der Kommunikation mittels Animojis handelt es sich um eine sogenannte «Keyboard-to-screen-Kommunikation» (siehe Dürscheid/Frick 2014: 152f.). Dazu zählt jegliche Art von Kommunikation, die über Tastatur und Bildschirm geführt wird – unabhängig vom technischenTechnik Modell, das dazu verwendet wird, und der Art der Datenübertragung. Bei der Verwendung von Animojis sind vor allem der Bildschirm und die in SmartphonesSmartphone integrierte Frontkamera wichtig, um die visuelle Komponente wiedergeben zu können. Die Tastatur auf dem Touchscreen spielt eine eher untergeordnete Rolle, ist aber dennoch grundlegend, um die Aufnahme überhaupt starten und beenden und schliesslich wiedergeben zu können.

      2.3 Überblick über den Forschungsstand

      Da Animojis erst im Jahr 2017 eingeführt wurden, also ein jüngeres Phänomen sind, liegt zum derzeitigen Zeitpunkt nur wenig Forschungsliteratur vor. Ein aufschlussreicher Aufsatz über AnimojiAnimoji-Performances wurde jedoch kürzlich von Susan Herring et al. veröffentlicht. Herring et al. (2020) haben 397 Videoclips analysiert, welche sich aus 31 Memojis und 366 Animojis zusammenstellen, und das Animoji-Phänomen im Rahmen der filtered digital self-representation (FDSR) untersucht. Diese Art der Selbstdarstellung hat nicht nur durch die von InstagramInstagram und Snapchat bekannten dynamischen Filter, sondern durch das Auftreten von sogenannten Deepfakes an Bedeutung gewonnen. Bei dieser durch Filter veränderten Aufnahme wird in einem digitalen KommunikationskontextKommunikationdigitale eine technologisch modifizierte Version von sich selbst oder einer anderen Person kreiert. So können Bilder oder Videoaufnahmen – vor allem von Personen – mit Make-up-Filtern, Kostümen oder verschiedenen Hintergründen modifiziert werden. Zudem gibt es Filter, mit denen das Alter oder das Geschlecht verändert werden kann. Unter dem Strich kann man sagen, dass digitale Filter dazu dienen, den/die Empfänger*in der Nachricht zu täuschen und Bild und Ton so zu verändern, dass Selbst- und Fremddarstellung stark verzerrt sind. Die filterbasierte digitale Selbstdarstellung geht damit in eine Richtung, die im Gegensatz zu einer Kommunikation steht, die darauf abzielt, Informationen so präzise und wahrheitsgetreu wie möglich weiterzugeben.

      Herring et al. schlagen eine Brücke zwischen dieser filterbasierten, digitalen Darstellung des Selbst und einem weiteren Konzept, nämlich der Polynymität. Dieses Wort lehnt sich an das Wort AnonymitätAnonymität