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Mensch. Maschine. Kommunikation.


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Angesichts der Überlegung, wie Visuelles und Auditives zusammenhängen, stellt sich die Frage, ob sich die Art zu kommunizieren in eine Richtung bewegt, die erneut die Mündlichkeit priorisiert, nachdem SmartphonesSmartphone und ComputerComputer mit TextnachrichtenTextnachricht und E-MailE-Mails die mündliche Kommunikation lange Zeit in den Hintergrund rückten. Die zunehmende Verwendung der SprachsteuerungSprachsteuerung (an Stelle des Touchscreens) wäre bspw. ein Indiz dafür, dass Visuelles an Bedeutung verlieren und Auditives an Bedeutung gewinnen wird (siehe Schuppisser 2019).

      3.4 Pragmatische Ebene – Vor- und Nachteile der Verwendung von Animojis

      Animojis sind in der Geschichte der Kommunikation ein junges Phänomen. Sie können als eine Art spielerisch-vermittelte Selbstdarstellung im Bereich der Mensch-Mensch-Kommunikation via MaschineMaschine beschrieben werden. Obwohl Animojis seit 2017 nutzbar sind, ist ihre Verwendung im deutschsprachigen Raum nur spärlich verbreitet. Das liegt zu einem beachtlichen Teil daran, dass Animojis auf WhatsAppWhatsApp – der meistverwendeten digitalen KommunikationsformKommunikationdigitale in Europa – nicht verfügbar sind. Ausserdem muss beim Aufnahmeprozess eines AnimojiAnimoji-Kommunikats mehr Aufwand betrieben werden, als dies bei einer (herkömmlichen) SprachnachrichtSprachnachricht oder bei der Verwendung von Emojis in TextnachrichtenTextnachricht der Fall ist. Im Unterschied zu Animojis haben die auditiven Sprachnachrichten den Vorteil, dass die Sprecher*innen dafür ihren Blick nicht (oder nur zu Beginn) auf den Bildschirm richten müssen. Die visuelle Ebene fällt weg und das hat den praktischen Vorteil, dass man sich während der Aufnahme noch auf etwas Anderes konzentrieren kann. Dieser Vorzug geht bei der Aufnahme eines Animoji-Kommunikats verloren, da es notwendig ist, dass die Sender*innen das HandySmartphone während der gesamten Aufnahmezeit vor Augen haben bzw. die Kamera auf das Gesicht gerichtet ist. Die Bequemlichkeit in der Bedienung ist bei Howind das Hauptargument für die Nutzung von Sprachnachrichten (siehe Howind 2020: 34).

      Die Kommunikation mittels Animojis ist zwar mindestens so effektiv wie, aber weniger effizient als die Verwendung von Sprachnachrichten. Das Mehr an vermittelter Information durch die zusätzliche animierte Mimik ist verhältnismässig gering. Denn bei Sprachnachrichten wird ein Teil der vermittelten Emotionen bereits durch die Stimmfärbung oder sonstige Stilisierung von gesprochener Sprache kommuniziert. Wenn dann ein Aspekt – zum Beispiel die Emotionalität einer Nachricht – verstärkt werden soll, kann das immer noch durch das Versenden eines passenden (lachenden oder weinenden) EmojiEmoji in der nächsten Nachricht geschehen.

      4 Résumé: Animojis als Phänomen zwischen Kommunikation und PerformancePerformance

      Wie bereits erwähnt, unterscheiden sich AnimojiAnimoji-Aufnahmen und Sprachnachrichten auf der auditiven Ebene nicht sehr. Der Unterschied liegt in der animierten Darstellung von dynamischen Gesichtszügen. Auch wenn auf visueller Ebene nicht viel zusätzliche Information vermittelt wird, wirkt das Animoji auf pragmatischer Ebene als Selbstdarstellungsversuch. Deshalb sind Animojis weniger geeignet, wenn es darum geht, ‹nur› Informationen zu vermitteln. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Animojis eher als Spielerei verwendet werden, bei der zwei gut etablierte und häufig genutzte Phänomene – Sprachnachrichten und Emojis – zu einer neuer Kommunikationspraxis zusammengeführt werden. Die Vermittlung von Information steht im Hintergrund, vielmehr geht es um die Inszenierung der Nachricht bzw. des Senders, der Senderin. So kann zum Beispiel durch die Nutzung von Animoijs bei einer freudigen Nachricht das Aussergewöhnliche des Inhalts betont werden. In gewisser Weise kann die Verwendung von Animojis als ‹Spektakel› bezeichnet werden (siehe Androutsopoulos 2010: 430). Denn immer wenn Animojis verwendet werden, schwingt ein Aspekt der Unterhaltung mit.

      Doch auch wenn Animojis im Vergleich zu Sprach- und TextnachrichtenTextnachricht bislang nur selten gebraucht werden, ist das Phänomen aus folgenden Gründen auch für die Linguistik interessant: Erstens handelt es sich bei Animojis um eine Form der Kommunikation, die die auditive Ebene mit der visuellen Ebene verbindet. Somit können gesprochene Sprache und bildbasierte Kommunikate isoliert voneinander und in ihrer Wechselwirkung untersucht werden. Zweitens erlaubt die AnimationAnimation der eigenen Gesichtszüge den NutzerNutzer*in*innen, mit geringem Aufwand in andere Rollen – und damit auch in eine andere sprachliche Rolle – zu schlüpfen. Diese Art von Inszenierung der Sprache, aber auch der eigenen Person kann in der weiteren Forschung mit dem Einsatz von Avataren in Online-Spielen oder Chatforen verglichen werden. Die Tatsache, dass bei Animojis dem AvatarAvatar die eigene Stimme und im Fall von Memojis die eigenen Gesichtszüge verliehen werden, lässt die Grenzen zwischen Avatar und der dahinter stehenden Person verschwimmen. Der Einfluss dieses Rollenspiels – ob im analogen oder digitalen Kontext – auf den Sprachgebrauch kann für weitere Forschung sehr interessant sein. In jedem Fall haben digitale, visuelle AnimationenAnimation einen Einfluss auf die Art und Weise, wie analoge gesprochene Sprache stilisiert wird. Ausserdem erfährt die mündliche Kommunikation ohnehin durch Sprachnachrichten und die SprachsteuerungSprachsteuerung wieder grössere Aufmerksamkeit, so dass mit weiteren Neuerungen und Modifikationen im Stil von Animojis gerechnet werden kann. Damit sich die dynamisch-visuelle Ebene als Ergänzung zur häufig genutzten SprachnachrichtSprachnachricht aber grossflächig durchsetzen kann, müsste die Verwendung den Nutzer*innen einen Mehrwert bieten, der über den spielerischen Effekt hinausgeht. Erst wenn der Gewinn an vermittelbarer Informationsmenge den umständlicheren Aufnahmeprozess ausgleichen kann, erhöht sich die Attraktivität der Nutzung eines solchen Produktes.

      Halten wir fest: Animojis stellen eine neue, spielerische Kommunikationspraxis dar, die in der Forschung mehr Aufmerksamkeit verdient. Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass Animojis mit den von ihnen produzierten Kommunikaten gleichzeitig Informationen preisgeben und verbergen. Das bedeutet, dass man sich durch die Verwendung von Animojis – im Gegensatz zu Sprachnachrichten – zwar auf der visuellen Ebene der herkömmlichen Kommunikation annähert. Gleichzeitig distanziert man sich aber auch von der Realität, da durch das animierte EmojiEmoji oder das MemojiMemoji die Person der Sender*innen verfremdet wird. Besonders interessant wäre es daher zu untersuchen, wie mit Animojis gleichzeitig Informationen preisgegeben und verborgen werden.

      Bibliographie

      Androutsopoulos, Jannis (2010). Multimodal – intertextuell – heteroglossisch: Sprach-Gestalten in «Web 2.0»-Umgebungen. In: Deppermann, Arnulf/Linke, Angelika (Hrsg.). Sprache intermedial. Stimme und Schrift, Bild und Ton. Berlin/New York: De Gruyter, 419–445.

      Bakhtin, Mikhail (1986). Speech genres and other late essays. Austin: University of Texas Press.

      Browne, Simone (2015). Dark matters: On the surveillance of blackness. Durham: Duke University Press.

      Dürscheid, Christa/Siever, Christina Margrit (2017). Jenseits des Alphabets – Kommunikation mit Emojis. Zeitschrift für germanistische Linguistik, 45:2, 256–285.

      Dürscheid, Christa/Frick, Karina (2014). Keyboard-to-Screen-Kommunikation gestern und heute: SMS und WhatsApp im Vergleich. In: Mathias, Alexa et al. (Hrsg.). Sprachen? Vielfalt! Sprache und Kommunikation in der Gesellschaft und den Medien. Eine Online-Festschrift zum Jubiläum von Peter Schlobinski. Hannover: Networx 64, 149–181. Abrufbar unter: https://www.mediensprache.net/de/networx/docs/networx-64.aspx (Stand: 30.12.2020)

      Elder, Alexis (2018). What words can’t say. Emoji and other non-verbal elements of technologically-mediated communication. Journal of Information, Communication and Ethics in Society, 16:1, 2–15.

      Gkoni, Nefeli (2017). «One More Thing … » – A critical approach to the Apple 2017 Keynote Presentation. In: Masters of Media. Abrufbar unter: https://mastersofmedia.hum.uva.nl/blog/2017/09/25/one-more-thing-a-critical-approach-to-the-apple-2017-keynote-presentation/ (Stand: 30.12.2020)

      Howind, Felix (2020). Die Verwendung von Sprachnachrichten in WhatsApp-Kommunikation. Networx 89. Abrufbar unter: http://www.mediensprache.net/networx/networx-89.pdf