Walter Thaler

Erinnerungswürdig


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und Invaliden diese Aufgaben inne gehabt. Vierthaler ersetzt diese durch ausgebildete Lehrer, unter denen sich auch Ferdinand Schubert, der Bruder des Komponisten Franz Schubert, befindet.

      In Wien ist der inzwischen berühmt gewordene Schulreformer und Sozialpädagoge ein gern gesehener Gast im Haus der bekannten Schriftstellerin Karoline Pichler (1769–1843), wo er die Crème de la Crème der Wiener Künstler*innen und Schriftsteller*innen trifft und Teil des intellektuellen Lebens wird. Er verkehrt mit den Dichtern Franz Grillparzer, Ferdinand Raimund und Clemens von Brentano sowie dem Komponisten Franz Schubert. Als die Franzosen 1809 neuerlich in Wien einrücken, vertraut Kaiser Franz I. dem Pädagogen seine Porträtsammlung an, die dieser im Keller des Wiener Waisenhauses vor den französischen Heerscharen versteckt. In den zwanzig Jahren seiner Wiener Zeit arbeitet Vierthaler weiter an seinem siebenbändigen Werk „Philosophische Geschichte der Menschen und Völker“. In Folge eines Schlaganfalls stirbt der 69-jährige Pädagoge und Humanist und wird auf dem Währinger Friedhof zur letzten Ruhe gesetzt. Im Salzburger Stadtteil Schallmoos ist eine Straße nach ihm benannt. Durch sein umsichtiges pädagogisches und soziales Wirken gilt Vierthaler als „Österreichs Pestalozzi“ und „Vater der Waisen“.

      CONSTANZE MOZART

      1762–1842

      Mozarts erste Biografin

      Mozarts Frau, mit der er neun Jahre verheiratet ist, steht zeitlebens und bis heute im Schatten des musikalischen Weltgenies. Die Urteile über sie sind stets extrem emotionsgeladen und reichen von „geistlos, egoistisch, raffgierig, triebhaft“ bis zu „liebende Ehefrau“. Überwiegend wird sie als „graues Aschenputtel“ an der Seite des Genies beschrieben und ihr jede Intellektualität abgesprochen. Sogar eine Mitschuld an seinem frühen Tod wird ihr angelastet. Wenn man Mozarts Briefen Glauben schenken kann, so scheint die Ehe glücklich gewesen zu sein. Viele Biografien beschäftigen sich mit der Frage, warum sie sich nicht um Mozarts Grab gekümmert habe. Selbst Albert Einstein stimmte in die Herablassungen ein: „Constanzes Ruhm besteht darin, dass Mozart sie geliebt hat und damit in die Ewigkeit mitgenommen, so wie der Bernstein die Fliege.“

      Die Liste der Verunglimpfungen befindet sich bis in unsere Zeit auf dem Niveau der Klatschpresse und dürfte eher einem frauenfeindlichen Verständnis entspringen. Der schon zu Constanzes Lebzeiten entstehende Geniekult um Mozart gestattet wohl keine adäquate Partnerin neben ihm. Jedenfalls hat sie mit ihrer ersten Biografie Mozarts diesen Geniekult erst richtig ausgelöst und ist als eine faszinierende Frau, Bannerträgerin und Nachlassverwalterin Mozarts in die Musikgeschichte eingegangen. Gemeinsam mit ihrem zweiten Mann Georg Nikolaus Nissen (1761–1826) ist es ihr Verdienst, dass die Musik Mozarts im 19. Jahrhundert nicht der Vergessenheit anheimgefallen ist.

      Constanze Mozart wird am 5. Jänner 1762 als dritte von vier Töchtern des Bassisten und Kopisten Franz Fridolin Weber und seiner Frau Maria Cäcilia in Zell im Wiesental in Baden-Württemberg geboren und wächst in Mannheim auf. Im Jahr 1777 macht Mozart auf seiner Reise nach Paris in Mannheim Zwischenstation und lernt Constanze Weber im Hause ihres Vaters kennen. Mozart verliebt sich in Constanzes Schwester Aloysia und fasst sogar den Plan, mit ihr als Primadonna, ihrem Vater als Impresario und Constanze als Hausgehilfin eine Konzertreise nach Italien zu unternehmen. Doch Mozarts Vater befiehlt ihm, die bereits zugesagte Reise zusammen mit der Mutter Maria Anna nach Paris anzutreten. Aloysias Mutter ist darüber nicht unglücklich, denn sie will unbedingt eine Heirat ihrer musikalisch begabten Tochter mit dem Musikgenie verhindern.

      In Paris stirbt Mozarts Mutter. Als Mozart am Weihnachtstag 1778 nach Mannheim zurückkehrt, zeigt Aloysia kein Interesse mehr an ihm. Deshalb setzt sich dieser ans Klavier und soll gesungen haben: „Leck mich das Mensch am Arsch, das mich nicht will“ (zit. nach Rieschel, 35).

      In Salzburg ist Mozart ständig in Konflikt mit dem Landesfürsten Erzbischof Colloredo, der ihn wie einen Kammerdiener behandelt und ihn ohne seine Genehmigung nicht auftreten lässt. Der Fürsterzbischof beschuldigt Mozart der Flegelhaftigkeit, und nach einem Wortwechsel soll ihn dessen rechte Hand, Graf Karl Joseph Arco, mit einem Tritt hinausbefördert haben. So wird Mozart in einer Zeit, da Musiker nur an einem Fürstenhof oder im Dienste der Kirche überleben können, zu einem freischaffenden Künstler. Als die Familie Weber 1781 nach Wien übersiedelt, gerät Mozart wieder in den Bannkreis der äußerst musikalischen Familie. Aloysia hat inzwischen den Maler Joseph Lange geheiratet, von dem die bekanntesten Bilder der Familie Weber und auch ein populäres Bild Mozarts stammen. Nach dem Tod des Vaters muss die Witwe Weber in dem alten Haus mit dem Namen „Auge Gottes“ Zimmer vermieten, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können. Mozart lebt in Wien sogar eine Zeitlang bei den Webers, muss aber ausziehen wegen des „Geredes der Leute“.

      Am 4. August 1782 heiratet Mozart gegen den Willen seines Vaters und seiner Schwester Maria Anna („Nannerl“) Constanze Weber im Stephansdom. Sowohl Vater als auch Schwester weigern sich, an der Hochzeit teilzunehmen. Besonders die erfolgreiche Pianistin Nannerl macht in Briefen an Mozart immer wieder klar, dass eine „Weberische“ im Tanzmeisterhaus (Mozarts Wohnhaus, Makartplatz 8) höchst unwillkommen ist. Mozart droht seiner Schwester darauf mit einem Dutzend Ohrfeigen.

      Scheinbar ist es der Ruf über die Freizügigkeit von Constanzes Lebenswandel, der mit den biederen Vorstellungen von Leopold Mozart nicht in Einklang zu bringen ist. Man sagt ihr eine gewisse Leichtfertigkeit im Umgang mit Männern nach, doch eheliche Untreue lässt sich nicht nachweisen. Der Hofmusiker und Komponist Peter Winter bezeichnet Constanze bereits im Jahr 1781 Mozarts Vater gegenüber als „Luder“. Mozart wehrt sich und bezeichnet Winter in einem Brief an seinen Vater als „hundsföttig“. Mozart sieht sich daher genötigt, über seine junge Frau an den Vater Folgendes zu schreiben: „Sie ist nicht hässlich, aber auch nichts weniger schön, ihre ganze Schönheit besteht in zwei kleinen schwarzen Augen und in einem schönen Wachstum. Sie hat keinen Witz, aber gesunden Menschenverstand, genug um ihre Pflichten als Frau und Mutter erfüllen zu können.“ Er berichtet ihm aber auch über das „fürstliche“ Hochzeitsmahl, das Baronin Elisabeth Waldstätten für das Brautpaar gegeben hat und schließt den Brief mit den Worten: „Nun freuet sich meine liebe Constanze noch hundertmal mehr, nach Salzburg zu reisen! Seiner jungen Frau legt Mozart aber nahe, „auf seine und ihre Ehre Rücksicht zu nehmen.“ Mozart selbst aber nimmt es mit seiner ehelichen Treue nicht allzu genau, denn er fühlt sich immer wieder auf seinen Reisen zu anderen Frauen hingezogen. Das Musikgenie denkt aber gar nicht daran, seinem Vater und Nannerl seine junge Frau vorzustellen, obwohl der Vater in Briefen ständig darauf drängt. Der Umstand, dass Constanze schwanger ist, zögert die beschwerliche drei- bis viertägige Kutschenfahrt zusätzlich hinaus. Mitte Februar 1782 steckt Mozart zudem in einer schweren Finanzkrise, weil er einem Kaufmann eine Menge Geld schuldet. Die Baronin Waldstätten hilft ihm allerdings aus der Patsche. Erst ein Jahr später, am 26. oder 27. Juli 1793 kommen Mozart und Constanze mit der Postkutsche vor dem Tanzmeisterhaus in Salzburg an, wo sie trotz des eisigen Empfangs 14 bis 16 Wochen bleiben. Von den sieben großen Kutschenreisen, die Mozart in seinen letzten 12 Lebensjahren unternimmt, führt ihn nur diese eine in seine Heimatstadt. In Salzburg vollendet Mozart die Messe, die er für seine Frau nach einer geglückten Entbindung gelobt hatte zu komponieren, er schreibt für Michael Haydn zwei Duette und zwei Akte einer Oper von Giambattista Varesco (1735–1805), die allerdings nie vollendet wird. Ob die Wurzeln für die Entstehung der Oper „Die Zauberflöte“ auf die zahlreichen Besuche Mozarts im Aigner Park mit seiner geheimnisvollen Illuminatengrotte zurückgehen, bleibt wohl ungeklärt. Mozart und Constanze treffen im 1760 gegründeten Kaffeehaus (Zillnerhaus) am Alten Markt auch den Sänger Josef Tomaselli. Constanze kann damals nicht ahnen, dass sie rund 40 Jahre später in einem oberen Stockwerk des Hauses wohnen wird.

      Das Leben Constanzes an der Seite Mozarts ist keineswegs leicht, denn er kann mit Geld nicht umgehen und ist ständig verschuldet. Seine Hyperaktivität ist zudem eine schwere Belastung für die sensible junge Frau. Constanze wird in den neun Ehejahren mit Mozart sechsmal schwanger, doch nur die Söhne Carl Thomas (1784–1858) und Franz Xaver Wolfgang (1791–1844) überleben. Nach Aussage ihrer Schwester Sophie leidet Constanze an einer Beinkrankheit, die ihr immer wieder große Schmerzen bereitet. Die Behandlungskosten engen in der Folge den finanziellen Spielraum des Musikgenies noch mehr