Walter Thaler

Erinnerungswürdig


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die Kriegsgeschehnisse leidet das Kulturleben enorm. Doch die ehemals als Auftraggeber für ihre Porträts aufgetretenen reichen Bürgerfamilien übernehmen nun wichtige Verwaltungsaufgaben, was sich für die Künstlerin wirtschaftlich positiv niederschlägt. Im Jahr 1819 entsteht das Mozartporträt im Auftrag Joseph Sonnleitners nach den Angaben von Mozarts Schwester Nannerl. Sonnleitner ist Librettist, Theaterdirektor, Archivar und Gründer der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien. Das Porträt des Musikgenies soll Mozart nach den Angaben Nannerls am treffendsten darstellen.

      Nach 16 Jahren verlässt Barbara Krafft erneut Salzburg und zieht mit ihrem bereits künstlerisch tätigen Sohn Johann August und ihrer noch minderjährigen Tochter Barbara nach Bamberg. Auch diese Residenzstadt war ursprünglich ein geistliches Hochstift und vom Wittelsbacher Herzog Wilhelm übernommen worden. Obwohl Bamberg nur halb so viele Einwohner wie Salzburg zählt, von denen sich die meisten aus Militärangehörigen, Beamten und Handwerkern zusammensetzen, hat sich ein reges Kulturleben entwickelt. Es entsteht ein Theater, eine Stadtbibliothek und ein Museum. In den vier Jahren ihres Bamberger Aufenthaltes soll Barbara Krafft, wie in einem Nekrolog festgehalten wird, nicht weniger als 145 Porträts geschaffen haben. Tatsächlich haben Kunsthistoriker aus der Bamberger Zeit aber nur 42 ermitteln können.

      Barbara Kraffts Bedeutung liegt in der genauen Beobachtungsgabe der von ihr Porträtierten und ihren geglückten Versuchen, deren Charakterzüge durch den Gesichtsausdruck zu vermitteln. In einer Zeit, da Frauen noch kein Zugang zu Kunstakademien gewährt wird, gelingt es ihr, zu einer der bedeutendsten klassizistischen Porträtmalerinnen zu werden. Mit ihrer großen Verkaufs- und Selbstvermarktungsgabe und ihren organisierten Verkaufsausstellungen schafft sie als Frau eine beachtliche künstlerische Karriere und wird von ihrem Mann, von dem sie sich während ihrer zweiten Salzburger Periode trennt, wirtschaftlich unabhängig. Das Salzburg Museum hat ihr um die Jahreswende 2019/2020 eine Ausstellung mit ihren bedeutendsten Porträts gewidmet.

      EMILIE KRAUS VON WOLFSBERG

      1785–1845

      Einst Geliebte Napoleons, dann Hundsgräfin von Gnigl

      Die attraktive, erst zwanzigjährige Emilie Victoria von Kraus wird nach dem Einmarsch Napoleons in Wien dessen Geliebte und begleitet ihn, als Adjutant Felix verkleidet, auf all seinen Kriegszügen. Nach Napoleons Heirat mit Erzherzogin Marie-Louise von Österreich erhält sie eine stattliche Apanage und lebt dann im Schlösschen Rauchenbichler Hof in Salzburg-Schallmoos ein fürstliches Leben mit 160 Haustieren. Sie endet allerdings völlig verarmt und stirbt 60-jährig im unbeheizten Fischerhäusl am Alterbach.

      Emilie Victoria Kraus wird als Tochter des Bergwerk-Schichtmeisters Jože und seiner Frau Rosalia in Idria im Herzogtum Krain geboren. Als der Vater stirbt, übergibt die Mutter die außergewöhnlich hübsche Tochter zur weiteren Ausbildung in Wien dem k. u. k. Offizier Philipp von Mainoni, der später Hofrat im Kriegsministerium wird. Obwohl in sehr ärmlichen Verhältnissen sozialisiert, gelingt es Emilie durch ihre gute Erziehung und hofgerechtes Auftreten in der Wiener Aristokratie gesellschaftsfähig zu werden. Als Napoleon 1805 in Wien einmarschiert, schafft es Mainoni, Emilie zu einem Empfang ins Schloss Schönbrunn mitzunehmen, wo sich Napoleon leidenschaftlich in sie verliebt. Er lässt sie vom damals berühmtesten Porträtisten Johann Baptist Lampi als nackte Venus malen.

      Von nun an begleitet Emilie Napoleon auf all seinen Kriegszügen durch Europa, wobei sie stets als Page Felix verkleidet in seiner Nähe ist. Am Hof in Paris allerdings darf sie nicht vor der ersten Gattin Napoleons, Josephine, auftreten, sondern muss versteckt in den Tuilerien leben. Später erklärt Emilie beharrlich, dass Napoleon sie geheiratet habe, wobei ein Graf von Montholon als Trauzeuge gedient haben soll. Madame de Rémusat, die Palastdame der Kaiserin Josephine, schreibt in ihren Memoiren über Napoleons Moralität gegenüber Frauen:

      „Sobald er eine neue Geliebte hatte, theilte er es ohne Verzug seiner Frau mit und äußerte ein beinahe rohes Erstaunen, wenn sie gegen Vergnügungen eiferte […] Er sei kein Mensch wie ein anderer, sagte er, und die Gesetze des Anstandes und der Sittlichkeit seien nicht für ihn gemacht“ (Wittmann, 13).

      Nach der neuerlichen Besetzung Wiens im Jahr 1809 residiert Napoleon I. wieder im Schloss Schönbrunn, wohin er aus Warschau eine zweite Geliebte, Maria Gräfin Walewska, mitgebracht hat. Beide Mätressen bringen innerhalb von vier Tagen im Mai 1810 zwei Söhne des Franzosenkaisers zur Welt. Einen Monat zuvor hatte Napoleon die Erzherzogin Marie-Louise von Österreich, die Tochter des Kaisers Franz I., geheiratet.

      Als Napoleons Heer im Juni 1812 die Grenzen des russischen Zarenreiches übertritt, erlebt Emilie an der Seite des französischen Kaisers alle Schrecken des Krieges. Doch als das Heer im Winter 1812/13 den Rückzug antreten muss, ist auch das Glück an der Seite Napoleons für Emilie zu Ende. Napoleon trennt sich von Emilie, hinterlegt aber für sie auf der Bank von London die stattliche Apanage von 480 000 Gulden, die vom Ziehvater Mainoni verwaltet wird, der ihr jährlich einen Betrag von 24 000 Gulden zukommen lässt. Zudem erhält Emilie den Titel „Baronin von Wolfsberg“, Mainoni wird Mitglied der französischen Ehrenlegion. Die nunmehr Geadelte überlässt ihr Kind Eugen dem kinderlosen Ehepaar Megerle von Mühlfeld. Eugen wird später ein erfolgreicher Advokat und als Eugen Alexander Megerle auch ein bekannter Politiker. Erstaunlich ist, dass in den Biografien Napoleons die abenteuerliche Gestalt des Pagen Felix keinen Niederschlag findet.

      Im Jahr 1817 heiratet Emilie den Wiener Rechtsanwalt Michael Schönauer, doch die Ehe geht drei Jahre später in Brüche. Im Jahr 1824 zieht die Baronin mit ihrer Mutter und Schwester nach Bregenz, wo sie sich in den 14 Jahre jüngeren Vorarlberger Barbiergesellen Vinzenz Brauner verliebt, der ihr Lebensgefährte wird. Nach dem Tod ihrer Mutter zieht sie mit Brauner nach Salzburg, da dieser die Stelle eines Kreiswundarztes zugesprochen erhält.

      Von Napoleon durch die Apanage finanziell großzügig ausgestattet, kauft die Baronin in Salzburg zwei Häuser; eines in der Dreifaltigkeitsgasse und das Schlösschen Rauchenbichlerhof in Schallmoos. Dort entwickelt sie ein fürstliches Leben, aber auch eine geradezu pathologische Liebe zu Tieren. Sie hat mehr als 30 Hunde aller Rassen, Affen, seltene Raubvögel. Während sie ihren Bediensteten Hungerlöhne zahlt, werden ihre Hunde maßlos verwöhnt. Im „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Österreich“ findet sich dazu folgender Eintrag:

      „Die Hunde speisten von silbernen Tellern, ein jeder hatte eine eigene Bedienung, sie wurden gepflegt wie ein Schoßkind, gefüttert wie eine Spansau, und starb einer aus der vierfüßigen Sippe, so ward ihm in dem Hausgarten ein Marmordenkmal gesetzt“ (BLKÖ, 2).

      So wird sie bald von der Gnigler und Schallmooser Bevölkerung nur mehr als die „Hundsgräfin“ bezeichnet. Ihr Privatzoo verschlingt enorme Summen. Ihren pompösen Lebensstil kann sie sich leisten, solange die Beträge aus Napoleons Apanage regelmäßig fließen.

      Doch 1832 kommt die Nachricht vom Selbstmord ihres Ziehvaters und Vermögensverwalters Mainoni. Dieser war dem Glücksspiel verfallen und hatte durch gefährliche Transaktionen ihr Vermögen auf null reduziert. Auch ihr kostbarer Schmuck von Mainoni und der Vertrag Napoleons, mit dem ihre Zuwendungen bisher abgesichert waren, sind nicht mehr auffindbar. Als dann ihr Lebensgefährte Vinzenz Brauner 1838 im Alter von 39 Jahren stirbt, muss die „Hundsgräfin“ ihre Besitzungen verkaufen. Sie wendet sich nun an Marie-Luise, die Witwe Napoleons, und an die österreichische Kaiserin-Witwe Carolina Augusta, die zeitweilig in Salzburg im Toskana-Trakt wohnt, um finanzielle Unterstützungen. Die Gnadenpension, die sie von der Napoleon-Witwe erhält, reicht aber nicht aus, um ihre Tiere zu versorgen. So landet sie schließlich, verarmt und zur Bettlerin herabgekommen, im Fischerhäusl am Alterbach, wo sie am 15. April 1845 im Alter von 60 Jahren stirbt. Ihre letzte Ruhestätte findet sie am Friedhof in Gnigl an der Kirchenmauer. Im Grab werden später aber auch zwei arme Bauern beigesetzt. Der Historiker Anton von Schallhammer hat das Leben der „Hundsgräfin“ anhand von Urkunden erforscht und sein Manuskript dem Salzburg Museum übergeben.

      PETER KARL THURWIESER

      1789–1865

      Der „Gamspeter“: Theologe, Meteorologe und Salzburgs erster Alpinist