erster Konsul in der Tschechoslowakei und später als erster Botschafter in Mali, Kambodscha und Rumänien.
Rafi und Tamar haben acht Enkel- und zehn Urenkelkinder.
Ausschnitte aus Rafi Benshalom (Richard Friedl): We Struggled For Life, Jerusalem 2001. Richard Friedl hatte seine Erinnerungen kurz nach der Befreiung aufgeschrieben. Sie wurden erstmals 1977 in hebräischer Sprache im Buch «םייחה ןעמל ונקבאנ» (Tel Aviv 1977) veröffentlicht. Rafi Benshaloms Sohn Dany Benshalom gewährte uns ergänzend zum ursprünglichen Zeugenbericht für die vorliegende Publikation weitere Einsichten.
Aus dem Englischen von Lis Künzli
Paul Fabry
Paul Fabry, New Orleans, Louisiana, USA 2012
New Orleans, Louisiana, USA
Geboren als Pál András Fabry am 19. Juni 1919 in Budapest, gestorben am 8. August 2018 in New Orleans.
«Carl Lutz stach heraus wie ein Denkmal – er war ein Beispiel dafür, was möglich ist»
Leutnant Pál András Fabry führte eine kleine Widerstandsgruppe junger (zum Teil jüdischer) Männer, die als uniformierte Wachen mit falschen Dokumenten das Glashaus in Budapest schützten. Er wechselte Rang und Namen, nannte sich «Hauptmann Gombos» und kämpfte als solcher bis zur Befreiung von Budapest im Januar 1945 in der Widerstandsbewegung gegen die Gestapo und die ungarischen Faschisten.
Der militärische Widerstand
Ich bin in einer Familie von Grundbesitzern und Offizieren der österreichisch-ungarischen Armee aufgewachsen. Mein Vater, Dr. András Fabry, war General und Richter, der oft nach Italien und in die Schweiz reiste. Er sprach zu Hause drei Sprachen: Deutsch, Französisch und Italienisch. Meine Mutter, Ilona Gombos, hatte in Deutschland Kunst studiert; sie waltete über unsere zentraleuropäische Lebensweise im Herzen von Budapest. Ich war ein Einzelkind und wurde in ein katholisches Internat geschickt, in dem französische Priester mir die moralischen und ethischen Werte des neunzehnten Jahrhunderts vermittelten. Mit diesen Werten im zwanzigsten Jahrhundert zu leben, war nicht einfach. Um zu überleben, musste ich später eine modernere Weltsicht entwickeln.
Ich selbst war Lutheraner, da die Familie meiner Mutter sich stark für diese Kirchenbewegung engagierte, wir hatten sogar einen lutherischen Bischof in der Familie. Ich wurde protestantisch erzogen und in eine katholische Schule gesteckt, in der es viele jüdische Kinder gab. Ich glaube, das hat mein Verständnis für andere Religionen, andere Weltanschauungen geschärft. Es hat mich offener gemacht – nicht zu einem engstirnigen Kind mit einer einzigen, monopolistischen religiösen Prägung. Ich war immer ein frei denkender, frei handelnder Mensch, tolerant gegenüber Herkunft und Glaubensvorstellungen anderer.
Ich war als Reserveoffizier und Kriegskorrespondent der ungarischen Armee in Russland, der Ukraine, Polen und am Don. Als mir bewusst wurde, dass der Krieg in einem Desaster enden würde – als schrecklicher Zusammenbruch der gesamten Zivilisation, in der ich gross geworden war –, kehrte ich nach Budapest zurück und wartete, dass ich einberufen würde. Dies geschah im März 1944, als Deutschland einmarschierte. In diesem historischen Augenblick spürte ich, dass es keine andere Wahl gab, als zu desertieren und in den Widerstand abzutauchen. Selbst die Familie des Reichsverwesers und einige der besten Generäle schlossen sich dem Widerstand an. Es war keine offiziell organisierte, eindeutige Bewegung wie in Frankreich; es war kein aktiver Widerstand wie in Polen. So weit kam es nie – fragen Sie mich nicht warum –, es ist zu komplex, aber es kam nicht dazu. Die Untergrundbewegung konnte still und geräuschlos agieren, mit falschen Dokumenten. An der Seite von vertrauenswürdigen Freunden konnten wir sichere Verstecke finden, um Verfolgte unterzubringen, ohne geschnappt zu werden.
Den Führern der ungarischen Armee und der pronazistischen ungarischen Regierung war nach der deutschen Besetzung im März 1944 nicht zu trauen. Damals haben sich alle, die an eine Zukunft ohne Deutschland glaubten, dem Untergrund angeschlossen oder sind weggegangen. Ich musste mir einen anderen Personalausweis, eine andere Uniform und für jeden Anlass die richtigen Dokumente besorgen. Wir mussten improvisieren, aber wir waren vorbereitet. Innerhalb von zwei Monaten hatten wir sämtliche Dokumente zusammen. Unsere Freunde stahlen Originaldokumente, um sie zu kopieren. Wir hatten auch eine Druckerei. Zum Glück kannte ich von früher einige Drucker, die in einem der grossen Budapester Verlagshäuser, dem Athenaeum, arbeiteten. Sie verfügten über moderne Druckeinrichtungen, in denen die von Lutz ausgestellten Papiere vervielfältigt werden konnten. Die Drucker waren alle gewerkschaftlich organisiert, sozialistisch oder kommunistisch orientiert, und sie kannten mich. Sie waren es, die uns geholfen haben. Auch Mitglieder der zionistischen Jugendbewegung stiessen zu uns. David Gur schickte uns – sehr clever – zwei wunderschöne Frauen, um Kopien der falschen Dokumente zu bekommen. Ich konnte nicht widerstehen.
Im Oktober 1944 übernahm ein ungebildeter Schurke, Ferenc Szálasi, über Nacht mit einer Bande von Pfeilkreuzlern die Macht. Sie waren die allerschlimmsten Faschisten. Da war selbst die Gestapo noch gnädiger, die logischer vorging als diese Truppen, die Szálasi mit den Pfeilkreuzlern aufbaute. Ihr Ziel war es, jeden noch verbliebenen Rest jüdischen Lebens auszulöschen. Das war der Moment, da es mit Ungarn als einer Nation, die ein Gewissen hatte, als einer Nation, die Gesetze und eine Geschichte hatte, vorbei war. Die Pfeilkreuzler übernahmen die Macht mit Hilfe von Gendarmerie-Militäreinheiten und den verbliebenen Militäreinheiten, die noch unter dem Kommando der Szálasi-Regierung standen. Ab dem 15. Oktober bestand das Leben in Ungarn einzig aus dem Terror der Pfeilkreuzler. Es war das Ende dieser Nation mit einer solch schönen Geschichte und einer solch freiheitlichen Gesinnung. Budapest war so lange Zeit einer der klassisch schönen Orte gewesen. Jetzt brach alles zusammen.
«Hauptmann Gombos»
Es war im Grunde ein grosses Glück für die ganze Bewegung, dass Lutz nur wenig bekannt war. Ich stand nicht in direktem Kontakt mit ihm, weil ich nur der Verbindungsmann zwischen seinen Leuten und dem militärischen Widerstand war, wo man mich als «Hauptmann Gombos» kannte. Ich stand in Verbindung mit Miklós Krausz, dem Vertreter der Jewish Agency, einem Freund von Carl Lutz. Miklós Krausz kannte mich, weil ich der zionistischen Jugendbewegung mit der Druckerei und anderem geholfen hatte. Ich arbeitete auch mit zwei oder drei jungen Diplomaten zusammen. Krausz wusste, dass wir fingierte Militäreinheiten hatten, dass wir für manche Menschen oder Plätze Wachen stellten, so wie für einige von Wallenbergs Schutzhäusern. Er fragte: «Können Sie ein Kommando an die Vadász-Gasse 29 schicken, damit die Räuber und Terroristen der Pfeilkreuzler dort nicht das Essen stehlen?»
Ich nahm den Namen meiner Mutter an und änderte auch meinen Rang. Ich war nur Leutnant und ernannte mich selbst zum Hauptmann. Ich hatte eine Uniform mit gefälschten Orden und gefälschte Papiere. So konnte ich überleben und anderen helfen. An Uniformen für unser Kommando zu kommen, war einfach; es lagen überall Leichen auf der Strasse. Die Papiere waren schwieriger zu beschaffen und wichtiger; sie mussten zur Person passen. Wir dachten uns Dokumente aus, die so unwirklich und so falsch waren, dass niemand es überhaupt für möglich hielt, damit durchzukommen. Wir waren eine nichtexistierende militärische Einheit, mit falschen Nummern, wunderschönen Stempeln, gedruckten Dokumenten des militärischen Oberkommandos, die bestätigten, dass unsere Einheit zur Bewachung eines Hauses da war. Wir hatten die Verantwortung. Wir gaben vor, wir seien dort, um die Juden an der Flucht aus ihrem «Gefängnis» zu hindern. Wir sorgten dafür, dass die Vadász-Gasse wie ein Gefängnis wirkte, in dem wir Juden gefangen hielten. Wir gaben vor, wir seien aus einem einzigen Grund dort – um sicherzustellen, dass die Juden in Auschwitz enden würden, dass sie ihrem Schicksal nicht entkämen. Wenn wir einem Pfeilkreuzler unsere Papiere zeigten, sagte er: «Das ist ein höherer Befehl, sie werden diese Leute in die Donau schmeissen oder nach Auschwitz schicken. Das erledigen die, das ist nicht unsere Arbeit.»
Es war äusserst wichtig, unsere Einheit sorgfältig zusammenzustellen. Ich hatte zum Beispiel einen