Andreas Rauch

Musikeinsatz im Französischunterricht


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la volupté pure du séjour de la campagne.26 Persuadé que le moyen le plus efficace de contribuer à la perfection successive des hommes,27 est celui d’éclairer les classes inférieures & de procurer aux cultivateurs le bienfait inestimable d’une instruction populaire & rélative [sic] à leur destination future, il a établi des écoles gratuites dans ses terres; il a composé plusieurs livres classiques, & dirige lui-même les maîtres qu’il employe.28

      Hauchecorne verweist darauf, dass Rochows Lehrbuch sowohl im Muttersprach- als auch Fremdsprachenunterricht angewendet werden kann. Deshalb empfiehlt er auch kontrastive intertextuelle und interkulturelle Vergleiche, bei denen sich die Schüler individuell korrigieren können:

      [La traduction] pourra servir aux François & aux Allemands de texte également agréable & utile pour les traductions; on sait combien cet exercice est indispensable, si l’on veut connoitre à fond le génie & les beautés d’une langue. Notre petit livre pourra procurer cet avantage aux enfans de l’une & de l’autre nation. On fera tour-à-tour usage & de l’original, & de la version, & l’on pourra même alors, sans le secours d’un maître, rectifier ses fautes à l’aide de ces deux écrits.29

      Teilweise werden bestimmte Kapitel des ersten Bands durch Realien bezeichnet, wie beispielsweise Brennglas, Magnet, Globus. Rochow ist davon überzeugt, dass die Vermittlung von Unterrichtsinhalten ohne die Verwendung von Realia nicht kindgemäß sein kann: „Ohne Vergrößerungsglas, welches doch nur sehr einfach seyn darf, Magnet, Globus, und das Bild […] möchten diese Zwecke schwerlich erreicht werden.“30 Die Verbindung von Theorie und Praxis zeigt sich in der utilitaristischen Verwendung von Realien.31

      Der zweite Band enthält u. a. nachgestellte Unterrichtssequenzen (21. Frage eines Schulkindes an seinen Lehrer), Rätsel mit Bezügen zu entsprechenden Bibelstellen (1. Enigme). Bestimmte Tugenden werden in der Überschrift, in einer kurzen Geschichte, oft als Exemplum, vorgestellt. Es folgt die Moral anhand eines Bibelspruchs mit exaktem intertextuellen Verweis auf die Bibelverse.32 Dabei ist ein intertextueller Vergleich der deutschen Originalversion mit der französischen Übertragung von Hauchecorne aufschlussreich. In 98. Der Abschied / 102. Les Adieux verabschiedet sich der Maître d’École von seinen Schülern, die es bedauern, dass sie ihm nicht genug Freude bereitet haben.33 „S’il pouvoit être témoin du bonheur qui sera la suite de notre docilité à ses instructions!“34 Der Lehrer appelliert an die Emanzipation der Schüler und das eigenverantwortliche, lebenslange Lernen, das die individuelle Grundlage für das persönliche Glück jedes Einzelnen darstellt:

      Le Maître vous intéressoit plus que les préceptes. Maintenant que je vous quitte, vous serez obligés de penser vous mêmes, & ce sera votre bonheur. Je pars, mais mes instructions ne vous quittent point; elles vous seront plus utiles que ma présence, si vous avez soin d’en faire l’objet de vos réflexions fréquentes, de les retracer souvent à votre mémoire, & de les appliquer à votre conduite. Jean, XVI. 7.35

      In der französischen Version folgt thematisch darauf 103. Cantique sur le chant du Psaume LXXXVI. Diese Version wurde im Anschluss an die Textarbeit zu 102. Les Adieux in der Klasse auf französisch gesungen. Gleichzeitig werden wesentliche Elemente der Parabel wieder aufgenommen:

      Ô toi qui nous donnas l’être,

      Dieu des cieux! Ô mon bon maître!

      Quand mon cœur s’élève à toi,

       Ne t’éloigne point de moi.

      Je bénis la Providence,

      Qui si sagement dispense

      Ses dons à tous les humains,

      Les ouvrages de ses mains.36

      Damit endet die französische Version. Im deutschen Original werden exemplarisch fünf Lieder dargestellt, bei denen die schwere Arbeit der Menschen aus sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten gezeigt wird. Trotz der mühseligen Arbeit und des entbehrungsvollen Lebens sind die Menschen glücklich und preisen Gott: 99. Morgenlied einer frommen Magd, 100. Morgenlied eines frommen Knechts, 101. Lied des frommen Sämanns, 102. Lied des frommen Tageloehners.37

      Ein Großteil der Texte wird als Vater-Sohn-Gespräch präsentiert. Diese auf den Dialog aufbauende Gesprächsführung in Form des sokratischen Gesprächs ist ein zentrales Element philanthropischer Schriften, Rochows Kinderfreund orientierte sich an diesem entwickelnden Unterrichtsgespräch als Vermittlungsform: „Die Popularität der von ihm reformierten Reckahn’schen Landschule basierte nicht zuletzt auf der sehr geschickten Gesprächsführung der dort tätigen Lehrer, über die begeistert und wirkungsvoll berichtet wurde.“38 Die Philanthropen schätzten die sokratische Methode als „Mittel der Verstandes- und Vernunftbildung, sahen jedoch auch, dass sie nur bei einer kleinen Zahl von Schülern funktionieren konnte […].“39 Rochow folgte wie Basedow, Wolke, Hauchecorne oder Salzmann der in der Aufklärungszeit aufkommenden Idee einer Sokratik für Kinder, die freilich nur schwer umzusetzen war, da solch ein Gespräch eine demonstratio ad hominem darstellte, in der nicht die Denkinhalte, sondern die Gedanken der an der Unterredung teilnehmenden Personen bestimmend waren.“40

      In einigen Parabeln wurden Kirchenlieder eingebettet, bei denen komplexe soziale und moralisch-ethische Zusammenhänge kindgemäß nahegebracht werden sollen. Ich führe die deutsche und französische Version nebeneinander auf.41

      20. Die Kunst, ohne Reue froehlich zu sein

      Klaus konnte den ganzen Fruehling hindurch Blumen sehen, Nachtigallen schlagen hoeren, die schoensten Kornfelder durchwandeln, und ihm kam auch nicht ein froher Gedanke in den Sinn. Wenn er froh werden sollte, so mußte Bier, oder Kaffeh und Kuchen da seyn – er mußte im Spiele gewinnen, oder den besten Rock in der Gesellschaft anhaben – oder es mußte ein einfaeltiger Mensch gegenwaertig seyn, den er aufziehen konnte.

      Einst ging er ueber ein kleines Feld an einem Orte zu Gaste, und sah, wie gewoehnlich, gedankenlos vor sich nieder. Da fand er seinen armen Vetter Carl vor einem wilden Apfelbaume, der eben in voller Bluethe stand. Er sang mit leiser Stimme den Vers:

       „Mich ruft der Baum in seiner Pracht!

      „Auch mich, auch mich hat Gott gemacht! „Gebt unserm Gott die Ehre.“272

      Und weinte vor freudiger Empfindung des allguetigen Schoepfers. „Wie kannst du dich über einen Baum so freuen?“ sagte Klaus muerrisch zu Carl, der ihn nun mit froher und wohlwollender Seele grueßte. „Ey, lieber Vetter! (antwortete Carl), wenn es nicht wohlfeile Freuden gaebe, wo wollte ich Armer welche hernehmen? Ich kann keine Freuden bezahlen. Aber darum habe ich Gott so lieb, daß er auch fuer uns Arme Freuden bereitet hat – Denn ich kann ohne Kosten und ohne Reue froehlich seyn. Aber es ist eine ordentliche Kunst.“ „Nun, was ist das denn fuer eine?“ sprach Klaus. „Das ist sie, wenn du mich hoeren willst,“ antwortete Carl: „Ich sehe alles recht an, was da ist; Großes und Kleines, was Gott gemacht hat, und finde alle Tage was Neues und Schoenes. Dann denke ich nach, warum, und wozu dieses und jenes wohl da seyn, oder wozu es wohl nuetzen mag? Und wenn ich dabey der Weisheit des Schoepfers zuweilen auf die Spur komme, dann kann ich gleich mit meinen eigenen Worten bethen; weil ich von der Allmacht, Weisheit und Guete Gottes alsdann ganz durchdrungen bin. Und so geh’ ich mit Vorsaetzen, dem Allguetigen zu gefallen, munter und froh an meine Arbeit.“ „Lebe wohl!“ sprach Klaus, und ging fort.

      2. Kor. 13, 11. 1. Thess. 5, 16.